Künftig „glaubwürdige Köpfe“ einsetzen
„Fehlende Motivation, zu viel Brenner-Nordzulauf“: Harsche Kritik gegen Sepp Hofer von FW-Kollegin
Nach der Wahl-Pleite scheint es bei den Freien Wählern in der Region zu kriseln. Eine Parteikollegin greift den Rosenheimer Kandidaten Sepp Hofer an. Er vermutet dahinter allerdings ein persönliches Problem.
Rimsting/Halfing – Während nach der Bundestagswahl bei Union und AfD Feierlaune herrschte, dürfte bei den Freien Wählern eher Kater-Stimmung vorgeherrscht haben. Insgesamt sammelte die Partei in Bayern nur 4,3 Prozent der Zweitstimmen. Ganze 3,1 Prozent weniger als noch 2021. Bundesweit waren es sogar nur magere 1,5 Prozent der Zweitstimmen. Nun gilt es innerhalb der Partei, die Ergebnisse aufzuarbeiten, Probleme zu identifizieren – und bestenfalls zu beheben.
Nach Wahl-Pleite: Harsche Vorwürfe gegen Hofer
Und eines dieser Probleme meint Mary Fischer, Beisitzerin des Landesvorstandes der Freien Wähler, bereits identifiziert zu haben – und zwar im Rosenheimer Bundestagskandidaten Sepp Hofer. „Sepp Hofer beanspruchte die Spitzenkandidatur für Oberbayern, versäumte es jedoch, im Wahlkampf eine breite Wählerschaft anzusprechen, indem er sich zu stark auf das Thema Brenner-Nordzulauf fokussierte“, kritisiert Fischer gegenüber dem OVB. Aber auch was die anderen Themen anging, war ihr bei den Freien Wählern die Wahlkampf-Gestaltung zu dünn. Grundsätzlich habe man sich, wie andere Parteien auch, mit „populistischen Themen wie die Sau durchs Dorf treiben lassen“.
Hofer selbst sieht das anders. „Der Brenner war natürlich ein zentrales Thema, weil es einfach sehr viele bewegt“, sagt er auf OVB-Anfrage. Dass sich sein Wahlkampf nur um den Brenner-Nordzulauf gedreht habe, weist Hofer zurück. „Das ist schon eine besondere Sichtweise von Frau Fischer“, ergänzt er. „Aber wir sind uns halt nicht grün.“ Tatsächlich gerieten die beiden schon 2021 aneinander, als Fischer ihrem Parteikollegen den Posten als Kreisvorsitzenden streitig machen wollte. „Sie wollte mich stürzen“, sagt Hofer dazu.
Klage über AfD-Erfolg: „Nachträgliches Lamentieren“ oder Feststellung?
Zudem kritisiert Fischer Hofers Statement, welches er am Wahlsonntag gegenüber dem OVB abgab. „Wenn eine unbekannte Kandidatin, die nicht aus der Region kommt, mehr Stimmen erhält, als ein alteingesessener Politiker aus der Gegend, ist das beunruhigend“, sagte Hofer über die Rosenheimer AfD-Kandidatin Leyla Bilge. Fischer meint: „Ein nachträgliches Lamentieren über den Erfolg der Gegenkandidaten gegenüber einem alteingesessenen Politiker und den Rechtsrutsch in der Wählerschaft ist verständlich, lässt aber wenig Raum für die Frage: Warum verlassen so viele Bürger die Mitte der Parteienlandschaft?“.
Auch hier hält Hofer dagegen. Er stehe weiterhin zu seiner Aussage. Es sei kein Lamentieren, sondern lediglich ein Feststellen gewesen. „Ich stelle fest, dass es hier einen Rechtsrutsch gibt. Den hätte ich nicht verhindern können“, sagt er. Es sei selbstverständlich, dass man sich Gedanken mache, wenn eine kürzlich in die Region gezogene Kandidatin der AfD „so abräumt“. Auch vom Vorwurf Fischers, er habe den Wahlkampf nicht mit genug Leidenschaft geführt, hält Hofer wenig. Seit er bei der Partei Kreisvorsitzender ist, sei die Partei immer erfolgreicher geworden. „Da kann man nicht sagen, dass ich nicht mit Leidenschaft dabei gewesen wäre.“ Was er aber auch zugibt: „Es ist immer Luft nach oben.“
Fischer fordert „glaubwürdige Köpfe“
Fischer fordert nun, die „notwendigen Konsequenzen zu ziehen“. Betont aber auch, sich mit ihrer Stellungnahme nur auf das Ergebnis im Stimmkreis Rosenheim und dem Bezirk Oberbayern zu beziehen. Man müsse moderner werden, auch vermehrt Kanäle wie Tiktok und Instagram bespielen und „eine Kandidatenwahl zu organisieren, die das Vertrauen der Wähler verdient.“ Es brauche nicht nur überzeugende Inhalte, sondern auch „glaubwürdige Köpfe“ und vollen Einsatz. Ein Seitenhieb gegen Hofer.
Es sei klar, dass die Freien Wähler vermehrt die ländliche Bevölkerung ansprechen. Das will Fischer allerdings ändern. „Das tut uns sehr weh, aber wir müssen den Finger in die Wunde legen. Wir verlieren immer im urbanen Bereich – und das liegt auch an unserem Auftreten.“ Es brauche mehr Frauen und mehr junge Freie Wähler. „Man muss das jetzt wirklich mal systematisch in Angriff nehmen und nicht nach der Wahl nur sagen ‚Aber die Anderen‘“, so wie Hofer es getan habe. Der scheint allerdings wenig beeindruckt von den Angriffen seiner Parteikollegin zu sein.
Sie habe ein persönliches Problem mit ihm. Den Grund dafür kenne er nicht. „Im Übrigen möchte ich noch betonen, ich habe das beste Ergebnis in Oberbayern im Durchschnitt der freien Wähler abgeliefert“, ergänzt Hofer, der im Wahlkreis Rosenheim 8 Prozent der Erststimmen gewinnen konnte. Von einem Direktmandat hätte er ohnehin nie geträumt. „Aber wenn man das beste Ergebnis in Oberbayern hat, dann fehlt es nicht so weit“, zeigt er sich überzeugt.