Mit Patronenkugel in Brannenburg angekommen
OVB-Leserin entdeckt Projektil in ihrem Paket - Wurde im Versandhaus geschossen?
In Brannenburg erhält eine Leserin ein kurioses Paket. Der Versandkarton ist seitlich durchlöchert und enthält eine Patronenkugel. Wie ist das Geschoss dort gelandet? Rosenheimer Waffenspezialist klärt auf.
Brannenburg – Der Zusteller steht vor der Haustür und bringt die ersehnte Lieferung. Doch als die OVB-Leserin ihr Paket entgegennimmt, enthält es mehr, als sie bestellt hatte. Nach dem Auspacken entdeckt sie eine Patronenkugel, die seitlich im Karton steckt. „Von außen hatte ich die Kugel erst nicht gesehen, da sie nur ein kleiner kupferfarbener Kreis auf dem braunen Karton war. Nachdem ich den Inhalt herausgenommen hatte, sah ich im Innern die Spitze des Projektils”, berichtet die Brannenburgerin.
Paketdienst ist ratlos
Sie hatte bei einem namhaften Online-Versandhaus bestellt. Das Paket wurde über einen Drittanbieter versendet und mit dem Paketzusteller DPD geliefert. Laut Sendungsverfolgung stammte das Paket von einem Versender aus Tschechien. Auf Nachfrage beim DPD-Service boten diese an, eine Beschwerde aufzugeben. Ansonsten konnte man aber nicht erklären, wie eine Kugel in das Paket kam. Die Pressestelle erklärte schriftlich, dass gerade das Thema Sicherheit für DPD als Paketdienstleister natürlich höchste Priorität habe und kündigte an, den Vorfall untersuchen zu wollen. Von den Kontaktdaten des Versenders kam auf Nachfrage des OVB die Antwort, dass eine falsche Adresse vorliegen müsse.
Wurde die Patrone verschossen?
„Nachdem ich die Patrone entdeckt hatte, habe ich sie mit meinen Nachbarn begutachtet”, erzählt die Brannenburgerin. Sie konnten gemeinsam feststellen, dass die Patrone keine Hülse mehr hatte, weshalb sie vermuten, dass die Patrone abgefeuert wurde. „Das kupferne Geschoss war an der Spitze kaum verformt und musste wohl durch weiche Gegenstände geflogen sein, bis es langsam genug war und letztendlich in meinem Paket stecken blieb”, vermutet die Hobby-Ermittlerin. „Also ist es vielleicht im Versandhaus durch mehrere Kartons durchgeflogen, oder es wurde aus weiter Entfernung darauf geschossen. Man weiß ja nie, vielleicht hatte auch jemand ein Problem mit dem Postboten?”
Einsatzgebiet schwer bestimmbar
Der Waffenspezialist Waffen Daurer aus Rosenheim kann weiterhelfen. Ein Mitarbeiter des Geschäfts vermisst das Projektil und erklärt, dass es sich hierbei um ein Kaliber .22 mit einem Durchmesser von 5,56 mm handle. Nur anhand der Kugel könne sich das Einsatzgebiet, beispielsweise Jagd oder Militär, schwer bestimmen lassen. Fest stehe allerdings, dass eine vollständige Patrone dieser Art dem Waffenrecht unterliege.
Bei der Frage, ob er eine Vermutung habe, wie oder wer die Kugel in den Karton geschossen haben könnte, schmunzelt der Angestellte: „Es bestand keine Gefahr: Diese Kugel wurde nie abgefeuert.“ Das Geschoss sei ohne Pulver und Hülse an sich frei verkäuflich. „Wäre die Kugel geschossen worden, würde sie stärker verformt sein und würde vor allem ein Felderzugprofil aufweisen.”
Felderzugprofil besonders für Ermittler interessant
„Das Felderzugprofil ist für jede Waffe einzigartig“, erklärt der Spezialist weiter. Anhand dessen können Ermittler auch ein Geschoss einer Waffe zuordnen. Felder und Züge sind Erhöhungen und Vertiefungen, die sich im Inneren des Laufs einer Waffe befinden. Sie sorgen dafür, dass das Geschoss einen Drall bekommt und stabil durch die Luft fliegt. „Ohne sie würde sich die Kugel überschlagen, schnell an Geschwindigkeit verlieren und nicht zielgenau sein“, so der Angestellte. Das Geschoss sei frei erhältlich, aber um es schießen zu können, benötigt man Pulver. Der Erwerb von Waffen-Pulver unterliege sehr strengen Auflagen.
Nach einem Waffenschein brauche man den Wiederladeschein, um schließlich den Pulverschein zu erhalten, führt der Spezialist aus. Pulver könne außerdem nur in begrenzten Mengen verkauft werden. „Wenn bei uns im Laden Pulver gekauft wird, müssen wir es sofort dem Amt melden und versendet wird es nur mit einem Spezialversand.”
Keine Panik
Wie kam also das Geschoss in das Paket in Brannenburg? „Vermutlich ist ein Paket mit den frei verkäuflichen Geschossen aufgegangen und das Paket wurde auf einer herausgefallenen Kugel abgestellt”, mutmaßt der Mitarbeiter. Die OVB-Leserin ist anhand dieser Informationen erleichtert und scherzt: „Falls also ein weiteres Paket mit Kugel auftaucht: Keine Panik und erst mal nachschauen, ob sie ein Felderzugprofil aufweist.“
