Regeln und Konsequenzen
Einsturzgefahr bei Frasdorf: Wer über den Abriss der Autobahnbrücke Leitenberg entscheidet
Die Autobahnbrücke bei Leitenberg ist einsturzgefährdet. Ob sie abgerissen wird, hängt allein von den Bürgern der Gemeinden Frasdorf und Aschau ab. Was sie für den Erhalt der Brücke tun können.
Frasdorf – Die Brücke über die Autobahn A 8 südlich von Leitenberg steht auf der Kippe. Bei einem Bauwerk aus den 1930er-Jahren ist das kein Wunder. Mit vielen Reparaturen wurde ihr Leben schon verlängert. „Die Letzte fand Ende der 1990er-Jahre statt. Damals wurden die seitlichen Kappen saniert. Sie sind es, die der Brücke Stabilität geben“, beschreibt Josef Seebacher von der Autobahn GmbH den kritischen Zustand.
Brücke wird massiv überlastet
Die Tonnagebeschränkung auf sechs Tonnen und Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 Kilometer pro Stunde reichen offenbar nicht mehr aus, um die Sicherheit der Autofahrer auf der Brücke und der darunterliegenden Autobahn zu garantieren. „Die Brücke wird seit Jahrzehnten massiv überlastet, weil sich die Leute nicht an die Vorschriften halten“, kritisiert Seebacher und sagt ganz klar: „Wir stehen in der Verantwortung. Wenn die Regeln nicht eingehalten werden, müssen wir die Brücke abreißen.“
Dann wäre auch die letzte verbliebene, ortsnahe Passage über die Autobahn gekappt. Schon vor Jahren musste die Autobahnbrücke bei Seehaus weichen. „Hier war es ähnlich“, so Seebacher. „Der Zustand der Brücke war kritisch. Die Tonnagebegrenzung wurde negiert. Wir konnten das Sicherheitsrisiko nicht mehr verantworten.“
Seitdem hat sich nicht nur für die Bauern der Weg zu ihren landwirtschaftlichen Flächen auf beiden Seiten der Autobahn verlängert. Auch die Kompostieranlage des Landkreises Rosenheim in Weiher ist schwerer zu erreichen – beispielsweise über eine schmale Straße von Haindorf über Schafelbach.
Warum die Brücke bei Seehaus noch nicht gebaut wird
Für die neue Autobahnbrücke bei Seehaus sind bereits alle Weichen gestellt. „Der Planfeststellungsbeschluss ist da, aber wir können trotzdem nicht anfangen“, so Seebacher. Die Klage des Bund Naturschutz (BN) gegen den Ausbau der A 8 hat den Bau in die Warteschleife verbannt. Die Autobahnbrücke ist Teil des Gesamtprojektes. „Wir haben momentan selbst keine Klarheit, wie es weitergeht, ob und wann wir die Brücke bauen können. Das müssen die Juristen entscheiden“, so Seebacher. Unklar ist auch, ob der Brückenbau überhaupt ausgeschrieben werden darf: „Eigentlich wollten wir das jetzt machen, damit wir im Mai 2025 mit dem Bau beginnen können.“
Die Zeit drängt. Die Tage der Brücke bei Leitenberg sind gezählt. Noch ist nicht entschieden, ob sie so lange erhalten bleiben kann, bis die Brücke bei Seehaus fertig ist. „Das hängt davon ab, welche Alternativen wir finden“, sagt Seebacher. Die Straße von Leitenberg über die Autobahnbrücke ist keine Ortsverbindungsstraße, sondern nur ein land- und forstwirtschaftlicher Weg. „Es gebe einen Riesenaufschrei, wenn diese Brücke abgerissen würde“, weiß Frasdorfs Bürgermeister Daniel Mair. Für viele Feuerwehrler würde sich der Weg zum Einsatz verlängern. Die Landwirte müssten noch größere Umwegen zu ihren Feldern in Kauf nehmen. Einzige Alternative: Die Tonnagebegrenzung muss eingehalten oder noch weiter herabgesetzt werden.
Doch was bedeutet das für die Landwirte: Ein kleiner Traktor wiegt etwa 4,5 Tonnen, moderne Traktoren sogar an die zwölf Tonnen. Ein Heuwender bringt eine Tonne auf die Waage, ein Traktor mit Odlfass und Schleppschuhverteiler an die 17 Tonnen, ein mit Erdaushub gefüllter Anhänger mindestens zehn Tonnen. Schon jetzt müssen die Bauern also Einschränkungen hinnehmen. Werden sie auf dem für Pkw eigentlich gesperrten land- und forstwirtschaftlichem Weg über die Autobahn dann auch noch von ungeduldigen Autofahrern „verfolgt“, steigt das Gewicht, das die Brücke tragen muss, um weiter 1,4 bis zwei Tonnen.
Brücke muss mindestens noch zwei Jahre halten
„Wir müssen eine Lösung finden, gemeinsam mit der Gemeinde Aschau und der Autobahn GmbH“, betont Bürgermeister Mair. Wie die genau aussehen kann, ob Barrieren gebaut, Höhen- und Breitenbegrenzungen oder eine Ampelregelung eingeführt werden, ist noch nicht klar. Fakt ist: „Sobald wird erkennen, dass die Regeln auch zukünftig nicht eingehalten werden, müssen wir die Brücke abreißen“, macht Seebacher klar. Denn die Verantwortung dafür, dass sie durch Überlastung einstürzt und es auf der Autobahn zu einer Katastrophe kommt, will keiner übernehmen – weder die Gemeinden, noch die Autobahn GmbH, noch die potenziellen Verursacher.
Parallel zu den Rettungsversuchen für das Bauwerk bei Leitenberg beginnen die Vorbereitungen für den Brückenneubau bei Seehaus. Archäologische Grabungen in fachlicher Begleitung des Landesamtes für Denkmalpflege sind erforderlich, denn hier werden Reste von Siedlungen und Brandgräbern der späten Bronzezeit, der Urnenfelderzeit und der römischen Kaiserzeit vermutet. Im September sollten die Arbeiten eigentlich beginnen: „Doch auf die Ausschreibung hat sich bislang keine Grabungsfirma beworben. Deshalb haben wir jetzt einige Firmen nochmal direkt angeschrieben“, informiert Seebacher.
Im besten Fall könnte die Brücke bei Seehaus ab 2025 gebaut und Ende 2026 fertiggestellt werden. Die Brücke bei Leitenberg muss also mindestens noch zwei Jahre halten.


