35. Todestag am 3. Oktober
Verhasst und geliebt zugleich: Leben und Wirken des Franz Josef Strauß aus Rott
Der aus Rott stammende Franz Josef Strauß war als Ministerpräsident stets umstritten: Viele Gegner und Politiker bissen sich an ihm die Zähne aus. Zugleich war Strauß bekannt für seinen direkten Kontakt zu den Bürgern. Über sein Wirken in Rott und Wasserburg – anlässlich seines 35. Todestags.
Rott am Inn/Wasserburg – Wer im Internet nach Sehenswürdigkeiten in Rott am Inn sucht, findet schnell den Eintrag „Strauß-Gruft“. Diese befindet sich am unteren Eingang zum alten Teil des Rotter Friedhofs, für viele ist sie in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Art Pilgerstätte geworden. Denn hier ruht seit 35 Jahren der damalige, am 3. Oktober 1988 überraschend verschiedene, Bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß.
Neben seiner 1984 verstorbenen Gattin Marianne, geborene Zwicknagl, wurde er fünf Tage nach seinem Tod in der Familiengruft Kaiser/Zwicknagl zur letzten Ruhe gebettet. Noch immer ist der Name Strauß ein Begriff, viele der Älteren wissen über diese prägende Persönlichkeit auch noch diverse Geschichten zu erzählen. Unumstritten war er nie, aber er wirkte auf seine Weise und schaffte es bei Freunden und Feinden, bei Jung und Alt im Gedächtnis haften zu bleiben, so auch bei mir als Autor dieses Berichtes, denn für mich war bereits als Fünfjähriger der Name Strauß ein Begriff.
Ganz Rott auf den Beinen
Der Grund: Am 4. Juni 1957 war rund um Rott alles auf den Beinen, denn der ortsbekannte Verteidigungsminister Franz Josef heiratete seine Marianne, geborene Zwicknagl. Mein Vater ließ es sich damals nicht nehmen, mit Fotoapparat ausgerüstet, zwischen den Hochzeitsgästen, dem Sicherheitspersonal und Pressevertretern herumzuhuschen, um seine eigene Dokumentation vom dieser ungewöhnlichen Hochzeit zu schaffen, nicht ohne finanziellen Hintergedanken allerdings, denn zahlreiche Interessenten kauften ihm anschließend Erinnerungsfotos ab, die er in seinem improvisierten Labor im alten Zollhaus an der Innbrücke in Griesstätt selbst entwickelte.
Obwohl Strauß als Minister und ständig im politischen Geschäft präsent war, ließ er es sich nicht nehmen, den unmittelbaren Kontakt zu den Menschen in und um Rott am Inn zu pflegen. Unvermittelt tauchte er mal hier, mal da an einem Stammtisch auf oder erkundete mit seinem Rennrad – die Hosenklammer als Kettenschutz – durfte nicht fehlen, auch ohne Sicherheitspersonal im Schlepptau die Gegend.
So kam er auch mal 1958 überraschend zur eingestürzten Griesstätter Brücke auf einen Ratsch mit meinen Eltern. Diese, damals große Fans von Strauß, nutzten die Gelegenheit zu einer besonderen Bürgersprechstunde, denn durch die 1956 eingestürzte Brücke hatten beide ein Problem mit meinem Schulweg, musste ich doch Tag für Tag, Sommer wie Winter, mit dem Boot über den Inn gebracht werden, um in die Schule nach Griesstätt zu gelangen. Auch die Zeitung hatte damals Wind von dem ungewöhnlichen Schulweg bekommen und einen Bericht darüber veröffentlicht. Den Artikel gaben meine Eltern Strauß zum Lesen und ich erinnere mich noch, dass es in späteren Jahren, immer wieder hieß, die 1961 errichtete neue Brücke hätten wir allein Franz Josef Strauß zu verdanken gehabt.
Nach der „Spiegelaffäre“ 1962, die den damaligen Bayerischen Ministerpräsidenten beinahe zu Fall gebracht hätte, verlegte er nach kurzer Auszeit seinen Wohnsitz von Bonn am Rhein nach Rott am Inn, wo sein Schwiegervater eine stattliche Brauerei betrieb. Dann ließ er in der CSU wissen, dass er mit aller Kraft den Kampf um seine Wiederwahl als Parteivorsitzender aufnehmen wolle. Zwar stieß er bei seinem Comeback in der eigenen Partei auf breiten Widerstand, der sich zeitweise zur Rebellion auswuchs, aber auf dem Weg zum Ministerpräsidenten ließ er sich bekanntermaßen nicht aufhalten. Erfolgreich in diesem Amt prägte er Bayern auf seine Art, nicht immer zur Freude seiner politischen Gegner, mit denen Strauß auch wenig zimperlich umging.
Viele versuchten, den durchsetzungsfreudigen Politiker Strauß zu verstehen, an dem sich Kritiker und Gegner scheinbar die Zähne ausbissen. Das dazugehörige nötige Franz-Josef-Gen fehlte mir offensichtlich. Die Neugier an seiner Person blieb aber erhalten und so beobachtete ich eine Zeit lang, seine Art auf Fragen von Journalisten zu antworten. Unvergessen ein Nachhaken, bei dem ich glaubte: „Jetzt kommt er nicht mehr aus. Jetzt muss er Farbe bekennen.“ Die Antwort von Strauß, damals, ebenso unvergessen, war nur: „Das ist jetzt nicht der richtige Ort, nicht die richtige Zeit und schon gar nicht die richtige Frage!“
Kurz vor seinem Tod am 3. Oktober 1988 begegnete ich ihm im Juli persönlich beim Schäffler-Treffen in Wasserburg. Hier hielt er allerdings nur eine kurze Ansprache und war danach wieder verschwunden. Dass er drei Monate später starb, war die Hammernachricht in der Region. Strauß‘ Beerdigung stellte Rott auf den Kopf. Unzählige Polizisten sicherten die Wege ab, Bayerns Prominenz reiste an, Rott glich einer bewachten Festung. Auch heute, 35 Jahre nach seinem Tod ist der ehemalige Ministerpräsident in der Region unvergessen.
Am Mittwoch, 3. Oktober, jährt sich sein Todestag zum 35. Mal. Am Montag, 2. Oktober, findet aus diesem Anlass eine Kranzniederlegung am Friedhof in Rott statt. Bei der Andacht sind unter anderem Max Josef und Franz Georg Strauß mit Familien, Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Monika Hohlmeier (MdEP) dabei.



