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Verfahren gegen 94-Jähriger nach Unfall in Rosenheim eingestellt

Trügerische Sicherheit: Wie ein Fahrrad-Schutzstreifen einem Fußgänger zur Falle wurde

Der Nutzen von Fahrradschutzstreifen ist umstritten, denn sie wiegen Verkehrsteilnehmer oft in trügerischer Sicherheit. Dabei dürfen sie auch von Autofahrern benutzt werden, wenn auf ihnen gerade kein Radler unterwegs ist. dpa
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Der Nutzen von Fahrradschutzstreifen ist umstritten, denn sie wiegen Verkehrsteilnehmer oft in trügerischer Sicherheit. Dabei dürfen sie auch von Autofahrern benutzt werden, wenn auf ihnen gerade kein Radler unterwegs ist.

Ein 94-Jähriger musste sich vor Gericht für einen Unfall in der Mangfallstraße verantworten. Seine Fahrtüchtigkeit ließ der Senior dafür eigens von einer Fahrschule überprüfen. Warum das Verfahren gegen ihn nun eingestellt wurde.

Rosenheim – Bei der Neugestaltung der Mangfallstraße in Rosenheim wurden bewusst Engstellen und Hindernisse installiert, um den Verkehr zu beruhigen. Zudem führte ein sogenannter Fahrradschutzstreifen am Fahrbahnrand entlang, der lediglich mit einer unterbrochenen Markierung versehen war. Sofern auf dem Schutzstreifen kein Radfahrer unterwegs war, durfte dieser von allen Fahrzeugen benutzt werden. Das war in der engen Mangfallstraße auch an vielen Stellen nötig.

So geschah dies auch am 29. Dezember 2021, als ein pensionierter Ingenieur gegen 15.30 Uhr mit seinem VW-Bus stadtauswärts unterwegs war und auf dem Schutzstreifen bis an den Fußgängerweg heranfahren musste, weil er nur so den Gegenverkehr passieren lassen konnte.

Ausweichmanöver Auslöser für Unfall

In diesem Moment trat jedoch ein Fußgänger direkt vor ihm völlig unvorhersehbar auf die Fahrbahn in den Fahrradschutzstreifen. Dieser wollte einer Joggerin auf dem Gehweg ausweichen und hatte den Verkehr auf der Straße vorher nicht kontrolliert. Er wurde deshalb von dem VW-Bus des Ingenieurs erfasst, zu Boden geschleudert und verletzt.

Gegen den Fahrer des VW-Busses wurde Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung erlassen. Zudem wurde sein Führerschein eingezogen. Dagegen legte der Verteidiger des pensionierten Ingenieurs, Dr. Marc Herzog, Einspruch ein.

Nun war der Fall vor Gericht. Wegen des hohen Alters des Angeklagten hinterfragten sowohl der Staatsanwalt als auch der Vorsitzende Richter Tamir Filipov dessen Verkehrstüchtigkeit. Dies hatte der Angeklagte wohl erwartet und daher bereits im Vorfeld seine Fahrtüchtigkeit in einer Rosenheimer Fahrschule bei einer ausgedehnten Probefahrt überprüfen lassen. In einem Attest bescheinigte die Fahrschule dem Senior ausgezeichnete Fahrtüchtigkeit.

Eine Zeugin, die zum Unfallzeitpunkt in einem entgegenkommenden Fahrzeug saß, bestätigte dem Angeklagten: „Wenn er überhaupt hätte ausweichen können, so hätte er uns rammen müssen. Mit dem Verhalten des Fußgängers, der dort unvermittelt einer Joggerin auf dem Gehsteig auf die Straße hin auswich, hatte er keinesfalls rechnen können.“

Zunächst hatte das Gericht nachgefragt, ob es dem Angeklagten lediglich darum ging, seine Fahrerlaubnis wieder zu erhalten. Dem widersprach die Verteidigung, um deutlich zu machen, dass den 94-Jährigen generell keinerlei Schuld an dem Unfall träfe.

Straßenführung überarbeitet

Angesichts der Zeugenaussagen kamen alle Parteien überein, das Verfahren gegen den Angeklagten einzustellen. Der Fußgänger, der der Joggerin ausgewichen und vom VW-Bus erfasst worden war, erklärte dazu: „Ich werde sicher keiner Joggerin mehr zur Fahrbahn hin ausweichen.“ Die Straßenführung der Mangfallstraße wurde inzwischen im Zuge einer umfassenden Renovierung überarbeitet und die damalige Schutzmarkierung für Radfahrer entfernt. Eine Fehleinschätzung, wie sie dem Fußgänger unterlief, der sich auf dem Schutzstreifen in Sicherheit wog, ist damit unwahrscheinlicher geworden.

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