Nach tragischem Unfall bei Mühldorf
Waldkraiburger (21) raste absichtlich in Gegenverkehr - Urteil am Landgericht Traunstein
Ein 21-Jähriger aus Waldkraiburg soll mit Absicht in den Gegenverkehr gerast sein, um wohl Selbstmord zu begehen. Jetzt hat das Landgericht Traunstein den psychisch Erkrankten verurteilt.
Traunstein/Mühldorf - Am Abend des 23. März 2022 raste der junge Mann (21) aus Waldkraiburg wohl mit Absicht und Suizidgedanken in den Gegenverkehr. Bei dem Unfall auf der St2352 bei Mühldorf kam niemand ums Leben. Der 21-Jährige musste sich dennoch wegen versuchten Mordes und Körperverletzung am Montag (2. Januar) vor dem Landgericht Traunstein verantworten.
Urteil: Mann aus Waldkraiburg (21) bleibt in psychiatrischem Krankenhaus
Nach insgesamt drei Prozesstagen verkündet Vorsitzende Richterin Heike Will das Urteil: Der junge Mann bleibt weiterhin in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Außerdem wird dem Unfallverursacher die Fahrerlaubnis für vorerst vier Jahre entzogen. Die Kosten des Verfahrens sowie die Auslagen des Nebenklägers muss der Verurteilte übernehmen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Unfall hätte tödlich ausgehen können
Ein Sachverständiger, der den Unfallhergang analysierte, schloss technische Mängel an den Fahrzeugen aus. Die Bremsen und die Lenkung waren vor dem Unfall voll funktionsfähig. Eine technische Ursache, warum das Fahrzeug des Angeklagten auf die linke Fahrbahn fuhr, sieht der Sachverständige nicht. Klar sei auch, dass der Fahrer des entgegenkommenden Autos in der kurzen Zeit bis zum Zusammenstoß nicht noch mehr abbremsen konnte - geschweige denn weiter nach rechts ausweichen. „Wäre er weiter ausgewichen, wäre er frontal gegen einen Telefonmasten gesteuert.“ Durch das Ausweichen nach rechts hat der Geschädigte einen womöglich tödlichen Frontalzusammenstoß der beiden Autos verhindert.
Ursache für den Unfall dürfte wohl die psychische Erkrankung des Angeklagten gewesen sein. Dieser hatte seine Medikamente im Vorhinein eigenverantwortlich abgesetzt. Bereits im Jahr zuvor war er psychisch auffällig, zündete etwa Bücher in seinem Elternhaus an, weil er sich davon verfolgt fühlte. Laut dem psychiatrischen Gutachten besteht vor allem ohne Behandlung ein hohes Risiko eines Rückfalls.
Tragischer Vorfall durch psychische Erkrankung
Staatsanwalt Dr. Richter erklärt in seinem Plädoyer, dass auch der Angeklagte ein Opfer sei. Er sei „Opfer seiner Krankheit geworden“. Doch aufgrund dieser Erkrankung ist der Staatsanwalt überzeugt, dass eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus notwendig sei, um die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten durch den Angeklagten zu schützen. „Wer bei 100 km/h in den Gegenverkehr fährt, nimmt in Kauf, dass andere zu Schaden kommen“, so der Staatsanwalt. Das umsichtige Verhalten des entgegenkommenden Autofahrers habe einen schweren Unfall vermieden. „Bei einem Frontalcrash hätten wir mit einiger Sicherheit hier einen tödlichen Ausgang gehabt.“
Für den Staatsanwalt ist der Angeklagte aufgrund seiner psychischen Erkrankung schuldunfähig. Dennoch überwiegen die Risikofaktoren. Wenn der junge Mann nicht untergebracht werde, würde er womöglich seine Medikamente absetzen. „Es darf auf keinen Fall noch einmal passieren, dass der Angeklagte nicht ausreichend behandelt in ein Fahrzeug steigt und dieses bewusst in den Gegenverkehr steuert.“
Sein Plädoyer: Weiterhin eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, eine fünfjährige Sperre für das Führen von Kraftfahrzeugen und die Kosten des Verfahrens. Der Verteidiger des Nebenklägers - des damals entgegenkommenden Autofahrers - und der Verteidiger des Angeklagten schlossen sich den Forderungen der Staatsanwaltschaft an.
Der Geschädigte leide noch heute psychisch an den Unfallfolgen, erklärt dessen Verteidiger. Ihm gehe es darum, das Geschehene durch die Verhandlung aufarbeiten zu können. Und er sei „heilfroh“, dass nicht mehr passiert ist. Letzten Endes kommt es noch zur Umarmung zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten. Es sei falsch gewesen, was er gemacht habe, so der Waldkraiburger. „Es tut mir wirklich leid. Ich werde die Medikamente nicht mehr absetzen.“ Dass es wohl wirklich kein „böses Blut“ gibt, beweist der Geschädigte: „Du machst deinen Weg. Das wird schon.“
Die Unterbringung und damit den gravierenden Eingriff in die Freiheitsrechte des jungen Mannes erklärt Vorsitzende Richterin Will unter anderem folgendermaßen: Der Angeklagte war bereits zwei Mal in einer Klinik untergebracht und hat danach die notwendigen Medikamente eigenverantwortlich abgesetzt. Dadurch kam es zu Rückfällen. „Es ist zu befürchten, dass der Angeklagte aufgrund der Erkrankung wieder gefährliche Straftaten begehen werden“, so die Richterin. Letzten Endes entscheidet das Gericht: Es war kein versuchter Mord, sondern versuchter Totschlag. „Sie haben diesen Unfall nicht absichtlich verursacht, sondern weil Sie schwer krank waren“, so die Vorsitzende Richterin.
ce
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