Erzieher und Verwaltungsangestellte fehlen
Fachkräftemangel am Chiemsee: So dramatisch könnte die Situation in der Zukunft werden
Lehrer, Erzieher und IT-Fachkräfte – die Gemeinden tun sich schwer bestimmte Posten zu besetzen.
Bernau/Rimsting – „Es stehen viele bedeutende Projekte an“, sagt Bernaus Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber. Die Sanierung der Grundschule etwa oder des Haus des Gastes, das wären spannende Aufgaben, findet Biebl-Daibler. Und dennoch: Die Leitung des Bauamts bleibt in Bernau unbesetzt. „Es ist schwer, jemanden mit den passenden Qualifikationen zu finden“, erklärt sie. Das Bauamt sei in den letzten Jahren aufgestockt worden, „weil die Arbeit einfach für das vorhandene Personal viel zu viel war.“ Aber vorerst müssen die Mitarbeiter im Bauamt die Arbeit weiter ohne eine Leitung stemmen.
Mehr Geld für Fachkräfte?
Der Fachkräftemangel betrifft längst nicht mehr nur die Wirtschaft. 360 000 Fachkräfte fehlen im öffentlichen Dienst in Deutschland, erklärte der Deutsche Beamtenbund (DBB) am Montag. Der Zeitpunkt ist nicht zufällig, denn am 24. Januar stehen Tarifverhandlungen für die mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen an. Die sollen nach dem Willen des DBB deutlich besser entlohnt werden, nur so könne man im Wettbewerb mit der Wirtschaft um begehrte Arbeitskräfte mithalten.
Perspektivisch ist die Lage allerdings weit dramatischer, als es die aktuelle Situation vermuten lässt. Gut ein Viertel der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist Älter als 55, geht also in den nächsten 10 Jahren in Rente. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (pwc) rechnet damit, dass 2030 über 1 Million Fachkräfte im öffentlichen Dienst fehlen. „Es geht um nicht weniger als die Frage, ob der öffentliche Sektor seine Kernaufgaben in Zukunft noch erfüllen kann,“ hält der ehemalige Politiker und Berater von pwc Volker Halsch fest.
„Wir müssen die Bürger um Verständnis bitten“
Davon kann in Bernau nun noch wirklich keine Rede sein; es gibt keine verkürzten Öffnungszeiten, keine Einschränkungen etwa beim Winterdienst oder dergleichen. Aber: „Wir haben deshalb die Aufgaben stark priorisiert“, erklärt Biebl-Daibler. Konkret heißt das, dass Aufgaben, hinter denen Fristen stehen, immer zuerst erledigt würden. Dementsprechend fällt anderes hinten runter – nicht ganz natürlich, aber es dauert eben manchmal etwas länger. Etwa verkehrsrechtliche Anordnungen wie die 30-er Zone in Weisham oder die Parkzeitbegrenzung in der Birketstraße. „So eine verkehrsrechtliche Anordnung kostet viel Zeit, die war durch die schwache Besetzung im Bauamt leider einfach nicht vorhanden“, erklärt die Bürgermeisterin: „Uns tut diese Verzögerung natürlich leid, aber da muss ich einfach auf meine Mitarbeiter Rücksicht nehmen und die Bürger um Verständnis bitten.“
Auch in Rimsting ist die Lage gut, aber die Suche nach Personal sei manchmal sehr schwierig, erzählt Bürgermeister Andreas Fenzl. „Wir merken den Fachkräftemangel schon, insbesondere bei den Kindergärten“, sagt er. Aber damit sei man ja nicht allein und bisher hätte man immer Glück gehabt, erst kürzlich hätte man eine Stelle besetzen können. Stand jetzt ist Fenzl glücklich über die Mitarbeiter, die er hat: „Wir haben hier ein sehr gutes und sehr stabiles Team.“
„Zahlreiche und interessante Bewerbungen“
Andere Posten lassen sich dafür leichter besetzen. „Wir haben vor kurzem eine Stelle in der Touristinfo neu geschaffen, für die wir zahlreiche und interessante Bewerbungen hatten“, erzählt Biebl-Daibler. Auch die Stellen am Bauhof seien immer wieder sehr gefragt. Schwierig werde es aber immer, wenn es um Verwaltungsfachangestellte und Erzieher geht. In Bernau ist gerade eine Stelle unbesetzt. Angesichts dessen, dass in Bayern über 6000 Erzieher in Kitas fehlen, ist die Besetzung eine Mammutaufgabe.
