Als Reservist im Dienst
Ein Linker bei der Bundeswehr: Wasserburger Stadtrat Chris Peiker plaudert aus dem Nähkästchen
Er ist ein Exot: Chris Peiker ist Stadtrat der „Linken Liste Wasserburg“ und überzeugter Bundeswehrsoldat. Derzeit leistet er freiwillig Dienst als Reservist, repariert schweres Gerät – und gibt seinen Kameraden Unterricht in „politischer Bildung“. Der 37-Jährige bedauert, dass sich nicht mehr linke Demokraten bei der Bundeswehr engagieren.
Wasserburg – „Ja, ich hab eine kleine militärische Ader“, sagt Chris Peiker, Stadtrat der „Linken Liste Wasserburg“ und schmunzelt. Damit ist er unter den Linksorientierten ein Exot. Der 37-Jährige hat seinen Grundwehrdienst in Bad Reichenhall bei den Gebirgsjägern abgeleistet. „Danach bist du automatisch Reserve. Für mich war der Wehrdienst prägend, die Bundeswehr ließ mich nie los. Zu erleben, was die machen, wofür die da sind. Es geht ja, vereinfacht gesagt, nicht nur um Krieg. Die Bundeswehr beschützt Menschen und rettet Leben“, sagt er.
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Als NATO-Partner sei das deutsche Militär etwa derzeit bei der Friedensmission in Mali eingesetzt, oder zur Friedenssicherung im Kosovo, wo sie u.a. ein sicheres Umfeld für den Aufbau einer zivilen Friedensordnung schaffen. Und er nennt die Afghanistan-Intervention nach dem Krieg (Terrorbekämpfung und Staatsaufbau). „Viele Probleme zwischen Konfliktparteien, oder gar Genozide kann man nicht ohne Waffengewalt lösen“, ist Peiker überzeugt, der kürzlich bei der Partei „Die Linke“ ausgetreten ist.
Als Reservist im Impfzentrum Coburg eingesetzt
Auch im eigenen Land habe die Bundeswehr wichtige Aufgaben, etwa Hilfe bei Naturkatastrophen. „Die haben das Personal und die Ausstattung, schweres Gerät schnell von A nach B zu bringen, wie zuletzt im Ahrtal.“
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Durch Corona waren viele Landratsämter in Bayern mit der Kontaktverfolgung überlastet und die Impfzentren brauchten Unterstützung – hier sprangen die Soldaten ein, sämtliche Reservekräfte wurden zusammengezogen. „Da wollte ich mitmachen und was für die gute Sache tun – und auch wieder bissl militärische Luft schnuppern.“ Peiker war im Sommer zwei Monate als Reservist in Coburg im Impfzentrum. Als die Impfbereitschaft nachließ, wurde er nicht mehr gebraucht, sein Heranziehungsbescheid gilt aber noch bis 29. Oktober. Die restliche Zeit verbringt er als „Panzerschlosser“ in der Kaserne Roding in der Instandsetzung und repariert schwere Fahrzeuge.
Den Kameraden Kommunalpolitik beigebracht
Sein Zugführer bat ihn, politische Bildung in der Kaserne zu machen, zumal er als Stadtrat „aus dem kommunalpolitischen Nähkästchen“ plaudern könne – „als Reservist, der von draußen kommt, nicht in der Kasernen-Bubble ist und den Kameraden demokratisches Grundverständnis näherbringen kann. Ich habe ihnen erläutert, wie Kommunalpolitik funktioniert und wichtig es ist, das Wahlrecht zu nutzen. Der ,Unterricht’ wurde richtig klasse angenommen.“
Angesprochen auf rechte Netzwerke in der Bundeswehr und die kürzlich wegen Terrorverdachts festgenommenen Ex-Soldaten, die eine Söldnertruppe aufbauen wollten, sagt Peiker, „das ist katastrophal, sowas“, in staatlichen Organisationen sei dies ein No-Go. „Schade, dass wenige linke Demokraten sich als Soldaten engagieren. Darum denke ich, dass gerade einer wie ich der Bundeswehr guttut“, ist er überzeugt.
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In seinem eigenen Bataillon seien ihm keine „rechten Umtriebe“ bekannt. „Hier rennen keine Nazis rum, wer sich rechts oder sexistisch äußert, kriegt gleich Ärger vom Zugführer“, so Peiker.