Leiter der Wasserburger Krisenintervention im Portrait
Ein Leben für Menschen in großer Not: Das treibt Ralph Bernatzky aus Amerang an
Ein Leben fürs Ehrenamt: Ralph Bernatzky aus Amerang hilft Menschen in schwerer Not – bei der Feuerwehr und bei den Johannitern. Wie er die emotionalen Belastungen bewältigt und warum es für ihn so erfüllend ist, andere in Krisen zu unterstützen.
Wasserburg/Amerang – Ein Leben fürs Ehrenamt: So könnte man Ralph Bernatzky beschreiben. Der Evenhausener ist Leiter der Krisenintervention (KIT) im Johanniter Ortsverband Oberbayern Südost, mit Sitz in Wasserburg – und zwar ehrenamtlich. Beruflich arbeitet er bei einem Unternehmen, das Softwareprogramme für Sozial- und Gesundheitswesen entwickelt.
Doch eigentlich hat Bernatzky eine ganz andere Ausbildung gemacht: Er ist Kinderkrankenpfleger. Seine Lehre absolvierte er damals in Augsburg. Von dort stammt er ursprünglich. Seine Freundin lernte er später beruflich kennen, sie stammt aus Evenhausen. Und so folgte ihr Bernatzky in das bayerische Kleinidyll – eine große Veränderung, wie der 43-Jährige lachend erzählt. Trotzdem genießen die beiden ihr Leben dort. „Wir fühlen uns sehr wohl, haben ein Haus und zwei Hunde, Charly und Ayla“, erzählt er.
Steckbrief
Name: Ralph Bernatzky
Beruf: Vertriebsleiter Süddeutschland bei einem Software-Unternehmen
Geboren: 7. Dezember 1979
Familienstand: in einer Partnerschaft lebend
Wohnort: Evenhausen
Bernatzky ist direkt nach dem Umzug in die Evenhausener Feuerwehr eingetreten. Schon seit seinem 14. Lebensjahr ist er bei der Wehr, davor in Neusäß. „Damals war der große Bruder meines besten Freundes auch dabei. Ich fand ihn richtig cool. Deswegen wollte ich auch unbedingt dabei sein“, weiß er noch gut. Mit 16 kam das Rote Kreuz dazu, später folgte die Qualifikation zum Ausbilder für Atemschutzgeräteträger bei der Feuerwehr und zum Ausbilder für Psychosoziale Notversorgung bei der Krisenintervention.
Viele Einsätze hat er seither erlebt, jüngst war das KIT bei einem Arbeitsunfall in Weyarn vor Ort, bei dem drei junge Männer ums Leben kamen. „Solche großen Einsätze erleben wir aber nur selten, vielleicht alle ein bis drei Jahre“, sagt Bernatzky. Auch für die Helfer – das Team aus Wasserburg war mit sieben Personen in Weyarn – können solche Situationen herausfordernd sein. Deswegen stehen für die Krisenintervention regelmäßige Einsatznachbesprechungen und externe Supervisionen an. „Für mich ist es ein Teil meines Lebens. Ich kann mich aufgrund unserer sehr umfangreichen Ausbildung gut davon abgrenzen.“, erklärt er.
Kurz und bündig
Was gibt Ihrem Leben Sinn? So wie ich mein Leben leben darf, gibt es mir Sinn. Ich habe bisher alles erreicht, was ich schaffen wollte, ohne großen Widerstand.
Was können Sie nicht ausstehen? Katzen, beziehungsweise, das, was sie mir im Garten hinterlassen und Leute, die sich nicht in andere hineindenken können.
Was würden Sie gerne einmal tun? Ein eigenes Haus planen und bauen lassen.
Wann sind Sie an Ihre Grenzen gestoßen? Bei Schlafmangel stoße ich sehr viel schneller an meine Belastungsgrenze.
Worauf sind Sie stolz? Auf das, was ich und meine Partnerin bisher erreicht haben und aufs Kriseninterventionsteam.
Viele Stunden investiere er für seine Ehrenämter. Ungefähr zwischen 25 bis 50 Stunden im Monat für Feuerwehr und Krisenintervention, so Bernatzky. Trotzdem hat er „unglaublich viel Spaß“ dabei und „schätzt den Zusammenhalt in der Truppe“. Deswegen macht er es nach wie vor gern.
Während der Corona-Pandemie war der 43-Jährige in der Führungsgruppe des Katastrophenschutzes im Landkreis Rosenheim tätig. In dieser Zeit kam er ungefähr auf 80 bis 100 ehrenamtliche Stunden im Monat, „wenn‘s reicht“. Auf die Frage, warum er das Amt zusätzlich noch angetreten habe, sagt er lachend: „Weil ich nicht nein sagen kann“. Die Führungsgruppe, angeordnet auf einer politisch-administrativen Ebene, habe sich unter anderem um die Sicherstellung der Versorgung von Menschen in stationären Einrichtungen gekümmert. „Zu der Zeit eine echte Mammut-Aufgabe“, weiß Bernatzky noch gut.
Glücklicherweise habe er einen sehr verständnisvollen Arbeitgeber, der ihm dies ermöglicht habe „und während Corona hatten wir auch weniger zu tun“, erklärt er. Die Arbeit in der Software-Firma bereitet Bernatzky viel Freude, mit 28 Jahren wechselte er in diese Branche. „Mir kam es zugute, dass ich vorher in der Pflege tätig war, da wir Systeme für das Gesundheitswesen entwickeln“, berichtet er.
Obwohl ihm sein vorheriger Job als Kinderkrankenpfleger grundsätzlich gefiel, sah er für sich keine Perspektive. „Mit 21 Jahren war ich Stationsleiter und hatte nur noch wenige Möglichkeiten aufzusteigen“, sagt er. Er bedauert den momentan herrschenden, massiven Fachkräftemangel in der Gesundheitsbranche. „Davon war zu meiner Zeit nichts zu spüren“, berichtet er. Obwohl sich die Personalnot schon länger abgezeichnet habe, hätte Bernatzky „in dieser Form“ nicht damit gerechnet.
Notfallsanitäter für den Standort Wasserburg gesucht
„Dringend gesucht! Notfallsanitäter für den Standort Wasserburg“: Das war jüngst in den sozialen Medien zu lesen. Die Johanniter hoffen auf Ersatz für eine seit Januar unbesetzte Stelle, wie Gerhard Bieber, Pressesprecher der Johanniter, bestätigt. „Der Vorgänger ist leider erkrankt und musste seinen Beruf aufgeben“, so Bieber.
Das Problem: Notfallsanitäter mit der Weiterbildung Praxisanleiter, wie in Wasserburg gesucht, sind rar. Aber nicht, weil kein Interesse seitens der Bewerber bestehe. Es gebe zu wenig Ausbildungsstellen, erklärt Bieber. „Der Job ist extrem gefragt, das Interesse sehr groß“, sagt der Pressesprecher. „Doch die Ausbildung muss auch finanziert werden. Die Krankenkassen vergeben die Plätze – und die sind knapp“, weiß er.
Darüber hinaus würden viele nach der Lehre wechseln: „Rettungsdienst, Klinik, Notaufnahme – die Bandbreite ist groß und Fachkräfte sind gesucht. Sie werden uns oft abgeworben“, sagt der Pressesprecher. „Wir versuchen, den Beruf attraktiv zu gestalten: Ein gutes Gehalt, Urlaubsgeld und viele Zusatzleistungen, etwa für das Fitnessstudio, aber man muss auch dazu sagen, dass es eine belastende Aufgabe ist, im Rettungsdienst zu arbeiten. Es ist psychisch und physisch anstrengend und wir haben Schichtdienst“, erklärt er. „Außerdem gibt es viele junge Leute, die Medizin studieren wollen und die Wartezeit mit der Ausbildung zum Notfallsanitäter überbrücken“.
Trotzdem bekomme man nirgends sonst eine direkte und unmittelbare Belohnung für seine Arbeit, weiß Bieber. „Die Dankbarkeit von Angehörigen oder Betroffenen und damit die Gewissheit, etwas Sinnvolles zu tun, ist der Lohn dafür. Im Rettungsdienst erlebt man das fast täglich“, erklärt Bieber.
Wer Interesse hat, als Notfallsanitäter zu arbeiten, kann sich bei den Johannitern in Wasserburg melden unter 08071 - 95566 oder online unter johanniter.de
