Interview mit Dr. Manfred Lütz
„Es muss nicht immer ernst sein“: Mit Humor und Philosophie gegen psychische Erkrankungen
Psychiater, Kabarettist, Autor: Dr. Manfred Lütz nutzt einen besonderen Ansatz, um das Bewusstsein für psychische Erkrankungen zu schärfen. Am Freitag (26. April) will er in Prien aufzeigen, wie man durch schwierige Lebenssituationen navigiert und dabei „unvermeidlich glücklich“ wird.
Prien – Anlässlich des diesjährigen Symposiums mit dem Thema „Trauer, Trauma und Depression“ lädt die Schön Klinik Roseneck in Prien interessierte Bürgerinnen und Bürger am Freitag (26. April) zum Eröffnungsvortrag in die Aula der Klinik ein. Dabei bedient sich Manfred Lütz sowohl humorvollen als auch ernsthaften Konzepten, um das Stigma rund um das Thema psychische Gesundheit zu brechen. Wir haben mit ihm gesprochen.
Herr Dr. Lütz, Sie sind als Psychiater und auch als Kabarettist bekannt. Wie verbinden Sie Humor und den Ernst in Ihrem Ansatz zur Behandlung von psychischen Erkrankungen?
Dr. Manfred Lütz: Ich finde, dass wir heutzutage über psychische Krankheiten nicht immer nur ernst reden dürfen. Wir erreichen damit nicht die Spaßgesellschaft, die normalen Menschen. Das heißt, ich habe mal vor Jahren ein Buch geschrieben, das heißt „Irre! Wir behandeln die Falschen. Unser Problem sind die Normalen“. Darüber rede ich auch im Kabarett. Das wird jetzt nicht Thema am Freitag sein, sondern ein anderes Thema. Aber damit erreiche ich im Kabarett Menschen, die normalerweise mit psychischen Krankheiten nichts zu tun haben wollen. Viele Menschen reagieren ja immer noch auf psychische Erkrankungen nach dem Motto: „Also, da will ich jetzt nichts drüber hören, da kann ich mich ja immer noch für interessieren, wenn es mal soweit ist.“ Aber angesichts der Tatsache, dass ein Drittel der Deutschen irgendwann mal psychisch krank werden und die zwei Drittel anderen Deutschen irgendwelche Angehörige haben, die psychisch krank sind, ist das Unwissen über psychische Krankheiten nach wie vor eigentlich skandalös.
Ihr Vortragstitel „Wie Sie unvermeidlich glücklich werden“ klingt sehr optimistisch. Können Sie uns einen Einblick geben, wie Sie dieses Thema angehen, insbesondere in Bezug auf Menschen, die mit Trauma, Trauer und Depression kämpfen?
Lütz: Ich kann natürlich jetzt nicht den Vortrag vorwegnehmen, aber das klingt eigentlich nicht optimistisch, sondern das ist leicht ironisch gemeint. Erstmal gegen all diese Glücksratgeber, die es heute gibt, in denen irgendein Autor beschreibt, wie er persönlich glücklich wurde und den Leser dann traurig zurücklässt, weil der Leser nunmal leider nicht der Autor ist. Und dann kann der gleich das nächste Glücksbuch kaufen. Diese ganze Glücksindustrie funktioniert ja nur dadurch, dass sie nicht funktioniert. Wenn die Leute tatsächlich dann glücklich würden, bräuchte man ja keinen Glückstee mehr und keine Glücksseminare und keine Glücksbücher. Aber das Ganze hat auch einen ernsten Kern. Der Philosoph Karl Jaspers hat mal gesagt: „Die Grenzsituation menschlicher Existenz ist unvermeidlich. Jeder Mensch erlebt Leid, Schuld, Kampf und Tod.“ Und wenn man dann zeigen könnte, wie man in diesen unvermeidlichen Grenzsituationen glücklich werden kann, dann kann man unvermeidlich glücklich werden, das ist ja logisch. Darüber rede ich dann am Schluss, das ist dann durchaus sehr ernst. Wie kann man im Leiden glücklich sein? Wenn man das tatsächlich schafft, dann kann man sozusagen ein etwas gelasseneres Leben führen. Wenn man befürchten müsste, dass man in einer Krisensituation seines Lebens sozusagen ins Nichts fällt, dann kann man ja jetzt schon nicht glücklich sein, weil das ja jederzeit eintreten kann. Wenn sich etwas ereignet, was weiß ich, kann Ihre Frau sterben, Ihr Kind Krebs haben, was ganz Furchtbares passieren. Und wenn Sie dann denken müssten, dann fahre ich ins Nichts, dann hält mich nichts mehr, dann werden Sie jetzt schon verunsichert.
Die Zuhörer sollen sich von den „gescheitesten Menschen der Welt” anregen lassen, ihr ganz persönliches Glück zu finden. Wen meinen Sie denn? Haben Sie da bestimmte Philosophen im Kopf?
Lütz: Ja, ganz viele. Aristoteles, Platon, Josef Pieper, Heidegger, Nietzsche, was Sie wollen.
Wie können die da dabei helfen, dass man wirklich glücklich werden kann?
Lütz: Das erfahren Sie erst am Freitag.
Herr Dr. Lütz, Sie treten ja neben Ihrer Tätigkeit als Mediziner auch als Autor und Kabarettist auf. Welche Rolle spielt denn Ihrer Meinung nach die Kreativität in der mentalen Gesundheit?
Lütz: Jeder Mensch ist kreativ. Der Unterschied zwischen künstlicher Intelligenz und einem Menschen ist, dass künstliche Intelligenz null kreativ ist. Null. Überhaupt nicht. Und andererseits ist jeder Mensch auch ein geistig behinderter Kreativer. Er schafft etwas vom Kern seiner Existenz her. Das ist der Unterschied.
Wie sehen Sie denn die Verbindung zwischen philosophischen Konzepten, wie Sie sie gerade erwähnt hatten, und praktischen psychotherapeutischen Techniken? Gibt es da gewisse philosophische Ansätze, die in der therapeutischen Praxis nützlich sind?
Lütz: Ja, natürlich. Es gibt ja sogar Psychotherapien, die auf philosophischen Konzepten beruhen. Zum Beispiel Ludwig Binswanger hat eine Therapie gemacht, die Daseinsanalyse, eine Therapie sozusagen gründet. Die Daseinsanalyse, die auf die Philosophie von Martin Heidegger zurückgeht. Und die Philosophen haben, die griechischen Philosophen schon, deren Hauptgeschäft war ja, wie kann man glücklich werden? Und das ist für jeden Menschen wichtig. Nicht nur für Patienten, aber auch für Patienten.
Abschließend jetzt noch eine kurze Frage. Können Sie noch eine kleine Anekdote teilen, die Ihre Philosophie oder Ihren Ansatz zur Förderung des Glücks irgendwie anschaulich macht?
Lütz: Ja, da gibt es eine ganze Reihe von Anekdoten, aber die verrate ich ja erst am Freitag.
Sie halten die Spannung hoch?
Lütz: Klar.
„Wie Sie unvermeidlich glücklich werden“ am Freitag, den 26. April
Der Vortrag „Wie Sie unvermeidlich glücklich werden“ von Dr. Manfred Lütz findet am kommenden Freitag, den 26. April in der Aula der Schön Klinik Roseneck, Am Roseneck 6 in Prien statt. Der Unkostenbeitrag beträgt 15 Euro pro Person und kann an der Abendkasse entrichtet werden.