Welchen „Neuanfang“ die Besitzer wagen
Der letzte Vorhang fällt: Legendäres Linden-Kino und Impulse-Haus in Bad Aibling vor dem Abriss
In Bad Aiblings Innenstadt steht eine einschneidende Veränderung bevor. Das über Generationen geführte Impulse-Haus und das legendäre Linden-Kino werden in Kürze verschwinden. Doch wie geht es an dem prominenten Platz weiter und was haben die Inhaber jetzt vor?
Bad Aibling – Aus dem Stadtbild ist der Gebäudekomplex nicht mehr wegzudenken. Das über mehrere Generationen hinweg geführte Bettenfachgeschäft Impulse-Haus in der Lindenstraße mit dem angrenzenden alten Lindenkino gehört zu Bad Aiblings Ortsgeschichte. Kaum zu glauben also, dass das historische Areal schon bald der Vergangenheit angehören wird. Denn Fakt ist: In wenigen Wochen rücken die Bagger an, Mitte April wird abgerissen.
Was den Verantwortlichen schon lange durch den Kopf geht, sickert jetzt erst nach und nach an die Öffentlichkeit. Schon Ende des vergangenen Jahres kam der nahende Abriss zur Sprache, als die benachbarte Linden-Apotheke ihre Schließung nach vielen Jahren bekannt gab. Mit dem OVB haben nun die Inhaber des Bettenfachgeschäftes und des Linden-Kinos über die zeitnahen Bauarbeiten und ihre genauen Zukunftspläne gesprochen.
Was folgt auf Bettengeschäft und Kino?
„Auf der einen Seite ist Wehmut dabei. Auf der anderen Seite freuen wir uns auf den Neuanfang“, sagt Marianne Krug-Semsch. Die Inhaberin führt zusammen mit ihrer Schwester Gertrud Krug das Impulse-Haus seit Jahrzehnten. Während der Corona-Jahre, so erinnert sich die 63-Jährige, habe man sich intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, wie es in Zukunft eigentlich weitergehen soll. In diese Gespräche war auch Robert Siersch mit eingebunden. Dem Aibvision-Geschäftsführer gehört das geschichtsträchtige Lindenkino.
Gemeinsam entwickelten sie einen Plan, der letztlich mit dem Abriss des gesamten Gebäudekomplexes, in dem sich neben Kino und Bettengeschäft auch noch vermietete Praxisräume befinden, beginnen wird. Während das Lindenkino seit einigen Jahren ohnehin nicht mehr betrieben wird, hat das Impulse-Haus noch bis zum 9. März geöffnet – dann endet dort eine Ära.
Geist des Lindenkinos lebt weiter
„Wir wollen neue Wege gehen“, sagt Krug-Semsch und kündigt den Abriss des Gebäudes ab Mitte April an. Danach sind Bauarbeiten zu erwarten und bis 2026 soll an gleicher Stelle dann ein Mehrfamilienhaus mit 15 Wohneinheiten und drei Gewerbeeinheiten entstehen. „Wir wollen etwas Gutes, etwas Neues schaffen“, sagt Gertrud Krug und freut sich auf ein „modernes Gebäude“. In Anbetracht der großen Pläne haben die beiden Schwestern zusammen mit Robert Siersch herausfordernde Jahre hinter und vor sich. Der Plan sei, den neu entstandenen Gebäudekomplex dann zur Hälfte zu verkaufen. „Wir bleiben aber so natürlich mit im Boot und können weiterhin Einfluss nehmen“, erklärt Siersch.
Fest steht schon jetzt, dass auch im neuen Haus die Nostalgie, die das legendäre Lindenkino auslöst, ein Stück weit erhalten bleibt. Siersch spricht etwa von alten Kinoplakaten und Erinnerungen, die das neue Treppenhaus schmücken werden. Doch nicht nur Erinnerungen bewahren den Kino-Geist in der Lindenstraße. Denn eine der drei Gewerbeeinheiten ist schon jetzt als Popcorn-Küche für das Aibvision Filmtheater in der Bahnhofstraße eingeplant, sagt Siersch.
Umzug und Neuanfang für Bettenfachgeschäft
Bei allem Schwelgen in Erinnerungen ist der nahende Abriss für Siersch auch ein logisches Ende des alten Kinosaals, „der ja ohnehin nicht mehr genutzt wird“. Und Bad Aibling sei mit dem Aibvision Filmtheater an der Bahnhofstraße ohnehin mit mehreren Kinosälen versorgt. Und während für das Lindenkino dennoch der letzte Vorhang fällt, geht es für das Bettenfachgeschäft an anderer Stelle weiter.
„Wir haben noch bis zum 9. März Räumungsverkauf, dann ziehen wir um“, beschreibt Krug den gut durchdachten „Neuanfang“. Diesen wagen die Schwestern in Berbling in der Heinrichsdorfer Straße 11, in den Räumlichkeiten der Schreinerei Holzmaier. Die dortigen Inhaber, Peter und Monika Holzmaier, die schon jetzt beim Impulse-Haus als Subunternehmer agieren, werden dann früher oder später auch die Nachfolger der beiden Schwestern. „Aber wir bleiben natürlich erstmal mit im Boot“, schiebt Krug-Semsch hinterher.
Geschichte reicht bis in die 30er Jahre zurück
1989 hatten die Bad Aiblinger Schwestern das Geschäft in der Lindenstraße übernommen. Doch die Geschichte reicht deutlich weiter zurück. Ihre Großmutter, Anna Jäger, gründete bereits 1938 die Möbelhandlung. Fünfzig Jahre lang leiteten Jäger und ihre Tochter Frieda Krug das Geschäft. Seit nunmehr rund 35 Jahren liegen die Firmengeschicke in den Händen von Marianne Krug-Semsch und Gertrud Krug. „2003 haben wir umstrukturiert in das jetzige Konzept ‚Impulse für gesundes Leben‘“, erklärt Krug-Semsch.
In den beiden Obergeschossen werden bis heute Praxisräume vermietet, etwa an Heilpraktiker und Therapeuten. Diese wurden bereits vor anderthalb Jahren über den anstehenden Abriss informiert, betonen die Schwestern. Eng verbunden mit dem Bettenfachgeschäft war immer auch das angrenzende Lindenkino. „Wir waren früher schon Kartenabreißerinnen“, erinnert sich Krug und schmunzelt. So sei es gang und gäbe gewesen, dass etwa die Filmrollen, die vor der Digitalisierung noch „richtig schwer“ waren, stets im Bettenfachgeschäft abgeliefert wurden.
Kino grenzte an Schlafzimmer an
„Wir wurden dafür mit Popcorn belohnt“, sagt die 60-Jährige. Sie erinnert sich noch an einen Tag, an dem eine Filmrolle verschwunden war und man das ganze Geschäft auf den Kopf stellen musste. In Erinnerung bleibt ihr aber auch, dass einst das elterliche Schlafzimmer direkt an das Kino angrenzte. „Unsere Eltern schliefen also direkt an der Wand, an der im Kino die Leinwand stand.“ Bei immer besser werdender Technik und lauter werdenden Soundanlagen sei dies nicht immer ein Vergnügen gewesen, blicken die Schwestern lächelnd zurück.
Auch heute steht das überwiegende Inventar noch im alten Kinosaal. „Wir räumen jetzt nach und nach alles raus“, sagt Robert Siersch. Bis er damals begann, in der Lindenstraße Filme zu zeigen, hatte auch das Kino eine bewegte Geschichte durchlebt. Ursprünglich hatten sich Anna Jäger und die Familie Franzl das Gebäude geteilt. Lambert Franzl baute in den 50er Jahren das Kino an den hinteren Teil des Hauses an. Als dort die Leinwand flackerte, erlebte Bad Aibling eine Zeit, in der zwischenzeitlich vier Kinos gleichzeitig betrieben wurden, beschreibt Siersch die Historie.
Stadt setzte sich für Kino-Erhalt ein
Er selbst kam 1996 ins Spiel, als er das Kino zunächst als Pächter übernahm. Zuvor stand das Lindenkino nach mehreren Übernahmen schon einmal vor dem Aus. „Die Stadt hat sich damals für den Erhalt des Kinos eingesetzt“, sagt der 49-Jährige. Zwischenzeitlich sei die Kommune als „Zwischenvermieter“ aufgetreten. 2003 ersteigerte Siersch dann das Kino. Seine Mutter habe dort die Geschicke geleitet, auch noch als in der Bahnhofstraße das Aibvision Filmtheater im Jahr 2006 entstand. Neben den neuen drei Sälen habe man das Lindenkino „als vierten Saal, im Bereich Arthouse“ genutzt.
Letztendlich beendete Corona den dortigen Betrieb. „Auch wenn zu dem Zeitpunkt noch nicht klar war, ob wir später wieder dort aufmachen wollten.“ Ein paar Jahre später endet nun die Ära des ganzen Gebäudekomplexes in der Lindenstraße. Und auch wenn dort nun keine Betten mehr verkauft und keine Filme mehr gezeigt werden – nach Popcorn wird es in Zukunft trotzdem noch duften.
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