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50 Jahre Attler Herbstfest

„Das hat noch keiner geschafft“: Wie „der Anderl“ das Gesicht des Attler Herbstfests wurde

Andreas Palmberger, besser bekannt als „der Anderl“ ist das Gesicht des Attler Herbstfests.
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Andreas Palmberger, besser bekannt als „der Anderl“ ist das Gesicht des Attler Herbstfests.

Andreas Palmberger, besser bekannt als „der Anderl“ ist das Gesicht des Attler Herbstfests. Der 80-Jährige ist langjähriger Dirigent und offiziell der vierte Festwirt der beliebten Veranstaltung. Als einziger Bewohner darf er das Bierfass mit anzapfen und die Gäste begrüßen. Wie alles anfing.

Von Michael Wagner

Wasserburg/Attel – Vier Jahre lang hat er geduldig auf diesen Augenblick warten müssen. Nun betritt er endlich wieder das Attler Festzelt am Ortsrand von Attel. Die Handwerker und Techniker arbeiten bereits auf Hochtouren, damit er am kommenden Freitag, 8. September, um kurz nach 18 Uhr wieder seinen Satz ins Mikrofon rufen kann; so wie er es in den vergangenen Zeiten vor der Pandemie oftmals getan hat: „Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt is o`zapft!“

Andreas Palmberger, besser bekannt als „der Anderl“, ist wohl das bekannteste Gesicht auf dem Attler Herbstfest. Und auch wenn ihn viele der Besucher vielleicht nicht persönlich kennen, hat ihn wohl schon jeder von ihnen irgendwo einmal gesehen: auf Plakaten, auf Werbebannern, Werbeanzeigen oder Hinweistafeln, auf Getränkemarken oder Bierdeckeln. Oder auch im Festzelt, direkt vor der Bühne auf einem kleinen Podest beim Dirigieren der Blaskapellen und Musikgruppen. Anderl Palmberger ist der Dirigent und offizielle vierte Festwirt des Attler Herbstfests.

Stolz präsentiert Anderl Palmberger (rechts) das großformatige Bild von ihm selbst beim Dirigieren. Mit dabei seine Festwirtskollegen (von links) Andreas Eberherr, Konrad Stemmer und Florian Ott.

Ein Teil der eigenen Geschichte

Im Festzelt stehen jetzt noch keine Tische und Bänke, die Handwerker und Techniker brauchen Platz zum Arbeiten und Rangieren. Anderl muss sich kurz orientieren. Zum Gehen benötigt er mittlerweile einen Stock. Immerhin ist er ja schon 80 Jahre. An der Bühne entdeckt er dann einen alten Bekannten, den Attler Schreinermeister Hans Seeleitner. Bei ihm erkundigt er sich nach dem Stand der Arbeiten und den Innenausbauten am Zelt. Er ist zufrieden.

50 Jahre Attler Herbstfest: Das ist nicht nur für die Stiftung Attl ein kleines Jubiläum, sondern auch für ihn ein Teil seiner eigenen Geschichte in der Einrichtung für Menschen mit Assistenzbedarf. Er hat jedes einzelne Fest besucht und hat immer zur Musik dirigiert; von 1973, als die Stiftung Attl ihr 100-jähriges Bestehen feierte, bis heute. Anderl, der bereits 1952 als Kind hierherkam, begleitete auf jedem Fest die Blaskapellen auf oder zumindest vor der Bühne und lief mit dem Taktstock beim festlichen Einzug vorneweg.

„Am liebsten mag ich die Stadtkapelle Wasserburg und die Vogtareuther Blasmusik“, freut sich Anderl. „Die habe ich schon oft dirigiert.“ Seine Liebe zum Festzelt und zum Dirigieren hat er schon früh entdeckt. Da war er Anfang dreißig, als sich zu Beginn der Siebzigerjahre die Stiftung Attl nach außen öffnete und erstmals mit der umliegenden Bevölkerung feierte. Die Stimmung und die Resonanz waren so positiv, dass der damalige Direktor Alfred Kettner beschloss, fortan das Fest jedes Jahr auszurichten. Das Attler Herbstfest war geboren.

Bis zu seiner Berentung arbeitete Andreas Palmberger in den handwerklichen Betrieben der Einrichtung, mitunter auch jahrelang in der Malerei. Auch später ging er seinen ehemaligen Kollegen jedes Jahr bei den Vorbereitungen im Festzelt zur Hand und übernahm beim Festverlauf Jahr für Jahr auch verschiedene repräsentative Aufgaben. „Das Herbstfest ist für mich die schönste Zeit“, erklärt er, „ich bin der einzige Bewohner, der das Bierfass mit anzapft und die Gäste begrüßt.“

Vom Dirigenten zum Festwirt

In den folgenden Jahren und Jahrzehnten erlangte Anderl eine wachsende Bekanntheit bei den Gästen des Attler Herbstfests. Auch wenn im Laufe der Zeit die Kapellen und ihre Musiker wechselten und sich veränderten; eines bleib jedoch immer gleich: der Dirigent an der Bühne. Als die Festwirte und Verantwortlichen in der Stiftung Attl Mitte der 2000er auf der Suche nach einem Logo oder einer Marke mit Wiedererkennungswert waren, lag es auf der Hand, den Dirigenten, den jeder kannte und den jeder schon gesehen hatte, als Gesicht des Attler Herbstfests zu wählen.

Vor über siebzig Jahren kam Andreas Palmberger (hier vorne links) als Kind in die Stiftung Attl.

Dabei sollte es aber nicht bleiben. Nur wenige Jahre später beriefen ihn die damaligen Festwirte Herbert Prantl-Küssel, Rupert Ober und Konrad Stemmer offiziell zum vierten Festwirt und erweiterten ihren Kreis. Einzig und allein, die Pandemie schaffte es, 2020 eine Pause in die lange Tradition des Attler Fests zu legen. Eine Zeit, die für den Anderl sehr schwer war. Ganze vier Jahre lang musste sein geliebtes Fest ausfallen. Gesundheitlich hat er selbst diese Zeit gut überstanden; er ist halt älter geworden. Aber das Feiern im Zelt zusammen mit den Musikkapellen und Besuchern hat ihm in dieser Zeit schon sehr gefehlt. Als man ihn damals fragte, wie es ihm damit erginge, antwortete er nur gefasst: „Dann ist es halt so. Es wird auch wieder besser.“

Unübersehbar für alle Besucher

Und es wurde wieder besser. Im Bierzelt verfolgt er unterdes die letzten Vorbereitungen und genießt eine Brotzeit, während um ihn herum alles aufgebaut und vorbereitet wird. „Ich bin nicht mehr der Jüngste“, gesteht er sich ein. „Deshalb haben Sie mir einen eigenen Stuhl direkt auf der Bühne gebaut. Wenn ich müde bin, kann ich dann auch im Sitzen dirigieren.“ Links an der Zeltwand hängen drei großformatige Schwarzweiß-Bilder. Jeder kann sie sehen. Eines davon ist aus dem Jahr 1975 und zeigt den jungen Anderl Palmberger mit gerade mal 32 Jahren beim Dirigieren der Stadtkapelle Wasserburg. Darauf ist er besonders stolz. „Gell“, sagt er, „fesch schau ich aus“, und zeigt auf das große Bild. „Das hat außer mir noch keiner geschafft.“

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