Neues Depot für alte Schätze
Damit keine Möbel mehr baden gehen: So rettet die Stadt Wasserburg ihre Museums-Objekte
Über 14.500 Objekte hat das Städtische Museum Wasserburg inventarisiert - vom Zinnteller bis zur Innplätte. Diese alten Schätze bekommen bald ein neues Zuhause im Zentraldepot. Es wird eine der größten Sammlungen in Bayern retten. Eine Sonder-Ausstellung zeigt, warum der Neubau so wichtig ist.
Wasserburg - 2014 geschah in einem der vielen Außendepots des Museums Wasserburg eine kleine Katastrophe: Über ein defektes Heizungsrohr drang Wasser ein. Zahlreiche historische Möbelstücke gingen baden. Am schwersten betroffen von Schimmel und Rost: eine Runddeckeltruhe. Sie wurde gerettet - dank mühevoller Restaurierungsarbeit. Nur die Papierkaschierung im Innern musste entfernt werden, ist also für immer verloren. Ein Beispiel, das zeigt, wie wichtig es ist, dass historische Objekte sicher aufbewahrt werden.
Bisher waren die Exponate auf viele Lager in der Stadt verteilt, denn nicht alle werden im Museum in der Herrengasse ausgestellt. 2024 geht das Zentraldepot am Herder in Betrieb. Es wird die Truhe und tausende weitere Schätze der Stadtgeschichte aufnehmen. Eine Ausstellung im Museum in der Herrengasse, welche am Dienstagabend, 18. April, von Bürgermeister Michael Kölbl und Leiterin Sonja Fehler eröffnet wurde, zeigt, warum es die historischen Objekte wert sind, gerettet zu werden, was das im Juli fertiggestellte Depot leisten wird und wie die Restauratoren arbeiten.
Besondere Exponate in der Sonderausstellung
Fehlers Lieblingsobjekt in der Sonderausstellung im Museum ist ein eher schlichtes: ein kleines braun-rotes Schränkchen aus dem sogenannten Maikäferhaus am Kaspar-Aiblinger-Platz. Es stammt aus dem 16. Jahrhundert und ist nach Angaben der Expertin ein besonderes, weil seltenes Exemplar. Denn damals war es noch nicht üblich, Schränke zu befüllen - und schon gar nicht, sie in eine Nische zu hängen, so wie bei diesem Objekt.
Das erste Exponat, das das Museum inventarisierte, ist eine Stollentruhe aus der Zeit um 1500. Sie trägt im Inventar die Nummer eins. Es ist eines der ältesten Möbelstücke in der Sammlung, 1941 wurde die Truhe vom Mesner aus Kirchensur gekauft - für 20 Reichsmark. Außerdem inventarisiert das Museum aktuell einen Lesekasten aus dem Jahr 1920/1930. Wie ein Objekt ins Museum oder ins Depot kommt, erfasst, dokumentiert und aufbewahrt wird, zeigt eine Vitrine in der Sonderausstellung: Hier geht ein Zinnteller beispielhaft den Weg vom Erwerb bis zur Einlagerung.
Wichtig: ein „träges Klima“
Ab 2024 gibt es dafür den perfekten Platz: das Zentraldepot am Herder. Die Sonder-Ausstellung im Museum zeigt, warum im Neubau weder die Gefahr einer Havarie besteht, wie sie die Truhe erlebte, noch die Sorge, dass zu kalte oder zu heiße Temperaturen Textilien oder Holz zusetzen. Denn nicht nur Wasser, auch Temperaturschwankungen haben fatale Folgen für historische Objekte, berichtete Bürgermeister Kölbl bei der Eröffnung, die musikalisch vom Trio Tonale unterrahmt wurde. Das neue Zentraldepot werde für ein „träges Klima“ sorgen: Nur langsam werde es im Frühling und Sommer im Innern wärmer, nur langsam im Herbst wieder kälter. Bereits jetzt, in dieser letzten Baustellenphase, hat das Gebäude zur Freude von Architekt Alexander Schwab und Technikplaner Marcel Tonnar aus München die richtige Balance von Luftfeuchtigkeit und Temperatur erreicht. Sie halten das Grundstück am Herder, das an einem Hang liegt, für optimal, um wertvolle historische Gegenstände zu sichern. Das Gebäude sei „wunderbar in das Gelände hineingegraben worden“, was gegen Temperaturschwankungen helfe.
Kosten erhöhen sich auf vier Millionen Euro
Noch ist das neue Zentraldepot jedoch nicht fertiggestellt, erst am 8. Juli kann es beim Tag der offenen Tür zum ersten Mal besichtigt werden. Doch die Sonderausstellung im Museum gibt bereits erste Einblicke, denn nicht nur die Objekte, die hier eingelagert werden, sondern auch das technisch und ökologisch bayernweit einmalige Gebäude stehen im Fokus der Präsentation in der Herrengasse. 3,8 Millionen Euro hat die Stadt nach einem mehrjährigen Entscheidungs- und Planungsprozess mit viel Auf und Ab für den Neubau eingeplant. Er ist ein Plus-Energie-Haus, das heißt, es wird mehr Strom produziert als benötigt. Etwa vier Millionen Euro wird das Gebäude letztendlich vermutlich verschlingen, denn die Explosion der Baupreise würde sich auch hier auswirken, so Kölbl. Der Freistaat fördert das Projekt jedoch mit einer Million Euro - auch um diese Unterstützung hat die Stadt intensiv und lange kämpfen müssen.
Damit Holzwurm und Schimmel keine Chance mehr haben
Doch Stadtrat, Verwaltung und Museum - mit Unterstützung des Heimatvereins - gaben nie auf. Denn die reiche Sammlung der Stadt ist seit vielen Jahren schlecht untergebracht - auch in Kellern und auf Dachböden. Die Objekte haben gelitten. Es galt, sie nachhaltig zu sichern und für die Zukunft zu retten, damit Holzwurm, Schimmel, Rost und Risse nicht dauerhaften Schaden anrichten. Das wäre eine Katastrophe für das Gedächtnis der Stadt, findet Museumsleiterin Fehler. 15 Umzüge und zwei Havarien habe die Sammlung bereits hinter sich. Jetzt gehe endlich die Zeit der Probleme bei der Aufbewahrung des Schatzes zu Ende, freute sie sich.
Wenn ein Objekt eine Geschichte zur Geschichte erzählt
Die Sonderausstellung im Museum zeigt auch, wie Restauratoren arbeiten und welche Objekte wie gesichert werden. Denn bevor es ans Werk geht, gilt es zu entscheiden, ob ein Exemplar es wert ist, in die Sammlung aufgenommen zu werden. Das geschieht immer, wenn ein Objekt eine Geschichte erzählen kann, die wiederum die Geschichte der Stadt widerspiegelt, so Fehler. Deshalb zeigt die Sonderausstellung wichtige Textilien wie Fahnen und Kleidung aus mehreren Jahrhunderten, Möbelstücke, Gemälde, vor allem mit Wasserburger Motiven, sakrale Kunstwerke, aber auch ungewöhnliche Exponate wie Tierpräparate. Tafeln erklären, welche Bedeutung die Exponate haben, wie sie saniert und gesichert wurden und warum sie im neuen Zentraldepot einen Platz finden werden.
Die Öffnungszeiten der Sonderausstellung
Die Sonderausstellung „Hereinspaziert! Ein neues Depot für alte Schätze“ ist bis zum 30. Juli geöffnet - dienstags bis sonntags von 13 bis 16 Uhr, ab Mai bis 17 Uhr. Informationen zum Programm aus Anlass der baldigen Eröffnung des Zentraldepots gibt es unter www.museum.wasserburg.de



