Gema-Gebühren machen zu schaffen
Keine Weihnachtsmusik wegen Horror-Kosten: Was Christkindlmärkte in der Region bezahlen müssen
Geschmückte Christbäume, der Duft von Bratwurst und Glühwein – aber kein „Last Christmas“: Weil auf einigen Christkindlmärkten mehr Gema-Gebühren bezahlt werden müssen, gibt es mancherorts heuer keine Musik. Wie viel die Märkte in der Region Rosenheim bezahlen müssen und wo es still bleiben könnte.
Rosenheim/Traunstein/Mühldorf – Sie gehört für viele zur Weihnachtszeit dazu wie der Christbaum oder Glühwein – die Weihnachtsmusik. Egal, ob Klassiker wie „All I Want for Christmas Is You“ oder deutsche Lieder wie „In der Weihnachtsbäckerei“. Pünktlich zum Advent laufen die Lieder in Wohnzimmern, Radios und auf Christkindlmärkten. Eigentlich. Weil Gebühren der Gema – Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte – teilweise deutlich mehr geworden sind, bleibt es auf vielen Weihnachtsmärkten still. Auch einige Märkte in der Region müssen mehr bezahlen.
Höhere GEMA-Gebühren auf Christkindlmärkten in der Region
Auf dem Rosenheimer Christkindlmarkt müssen in diesem Jahr 29.000 Euro statt wie bisher 400 Euro bezahlt werden. Der Grund für die höheren Kosten ist, dass die Gema die Fläche auf dem Max-Josefs-Platz, Ludwigsplatz sowie der Heilig-Geist-Straße überprüft hat. Dabei stellte sich heraus, dass gesamte Veranstaltungsfläche 7000 Quadratmeter umfasst und nicht wie vom Wirtschaftlichen Verband angegeben 100 Quadratmeter.
Musik-Verzicht in Bad Aibling nicht ausgeschlossen
Auch auf dem Aiblinger Christkindlmarkt im Kurpark muss mehr für Musik bezahlt werden, bestätigt Teresa Jancso vom Stadtmarketing. Vergangenes Jahr belief sich der Betrag ihr zufolge noch auf 187 Euro, heuer waren es 253 Euro pro Live-Programm pro Tag. Die Erhöhung könne sie einerseits verstehen, gleichzeitig seien ihr als Veranstalterin die Hände dadurch die Hände gebunden. „Und so wird es im nächsten Jahr daraus hinauslaufen, dass wir vielleicht nur noch Musik vom Band haben und Live-Musik nur mit nicht Gema-pflichtigen Liedern“, sagt sie.
Auch, wenn sie das persönlich schade finden würde, da Live-Musik dazu gehöre. Gleichzeitig müsse sie aber schauen, wofür das Stadtmarketing Geld ausgebe. Immerhin habe die Stadt als Kurort etwas Rabatt bekommen, dennoch sei das überschaubar und das Bühnenprogramm ein „hoher Kostenfaktor im Gesamtpaket“.
Keine deutlichen Erhöhungen in Kolbermoor
Der Kolbermoorer Christkindlmarkt ist hingegen von den „unliebsamen Rechnungserhöhungen“ nicht betroffen, teilt der Gewerbeverband Kolbermoor auf OVB-Anfrage mit. Aufgrund der Mitgliedschaft im Bund der Selbstständigen Bayern (BdS) bekomme man einen Rabatt von 20 Prozent.
„Seit 2023 gibt es einen sogar einen Pauschalvertrag zwischen der Gema und der Bayerischen Staatsregierung, durch den wir hier gar nichts bezahlen müssen“, erklärt Giacomo Anzenberger, Vorsitzender des Gewerbeverbands. Voraussetzung für diese Regelung sei, dass ein Verein den Markt betreibe, dass dies ehrenamtlich und ohne Gewinnerzielungsabsicht geschehe und kein Eintritt verlangt werde. „Dafür sind wir wirklich sehr dankbar, denn das ist eine echte Unterstützung und Wertschätzung des Ehrenamtes“, so Anzenberger.
Mehr Kosten auch bei kleineren Gemeinden
In Bruckmühl ist die Lage anders. „Wir hatten den Schreck im vergangenen Jahr, als die Berechnungsgrundlage bei der Gema auf die Quadratmeteranzahl der genutzten Fläche umgestellt wurde. Als damals die Rechnung kam, waren wir schon erst mal erschüttert“, sagt Silvia Mischi vom Stadtmarketing. Dennoch habe die Marktgemeinde nicht darüber nachgedacht, das Musikprogramm herunterzuschrauben: „Wir haben drei bis vier Liveauftritte pro Tag, diese kommen bei den Besuchern sehr gut.“ Ein Weihnachtsmarkt werde auch immer ein „Draufzahlgeschäft“ sein, sagt Mischi.
Auch bei kleineren Gemeinden sind die Kosten sehr hoch. So muss Aschau im Chiemgau beispielsweise für zwei Tage Adventsmarkt im Kurpark eine Gema-Gebühr von mehr als 1000 Euro zahlen. Und das, obwohl der Eintritt frei ist, alle Chöre und Musiker Vereinsmitglieder oder Privatpersonen sind, die ohne Gage singen und musizieren. „Zudem erklingt im Kurpark nur Gema-freie Musik“, erklärt Herbert Reiter, Chef der Tourist-Info Aschau im Chiemgau. Das heißt, dass nur Stücke ausgewählt werden, deren Urheber schon vor mehr als 70 Jahren verstorben sind, da dann die Schutzfrist der Urheberrechte erloschen ist.
Bereits Diskussionen in Wasserburg
„Es ist einfach lächerlich, was hier verlangt wird“, sagt auch Wolfgang Helmdach vom Wirtschaftsförderungsverband Wasserburg und Organisator des dortigen Christkindlmarktes. Der „massive Anstieg“ der Gebühren sei ein „Riesenproblem“. 2022 hätte der Verband noch 750 Euro an Gema-Gebühren gezahlt, 2023 sei eine Rechnung über 4000 Euro auf seinem Tisch gelandet. Der WFV habe allerdings noch Glück gehabt. „Wir haben Einspruch eingelegt, inzwischen ist die Rechnung storniert“, sagt er. 950 Euro müsse der Verband für 2023 zahlen, das sei in Ordnung. Zwischenzeitlich hätte aber die Vorstandschaft schon diskutiert, ob es still bleibt in Wasserburg. „Aber ein Christkindlmarkt ohne Musik ist wie ein Bauernhof ohne Misthaufen“, sagt Helmdach.
Die aktuelle Rechnung für dieses Jahr betrage etwa 1200 Euro, auch das sei noch vertretbar, findet Helmdach. Wobei fraglich sei, ob es dabei bleibt. „In Wasserburg kommt noch das zusätzliche Problem hinzu, dass unser Markt auf drei Flächen verteilt ist und wir beschallen ja immer nur eine der drei Flächen. Das haben die Verantwortlichen bei der Gema noch nicht so ganz verstanden“, sagt Helmdach. Derzeit sei er deshalb wieder in Verhandlungen. Manuel Scheyerl von SAS Veranstaltungen und Betreiber der Eisbahn in Wasserburg kann hingegen nicht jammern. Aufgrund der begrenzten Fläche an der Eisbahn hielten sich die Gebühren bei ihm in Grenzen.
Traunsteiner Christkindlmarkt mit ähnlichen Gebühren
Auf dem Traunsteiner Christkindlmarkt muss ebenfalls nicht viel mehr für die Beschallung bezahlt werden. „Wir rechnen mit ungefähr mit 675 Euro an Gema-Gebühren in diesem Jahr für unser Musik-Bühnenprogramm“, sagt Carola Westermeier, Pressesprecherin der Stadt. Im Jahr davor seien es rund 100 Euro weniger gewesen. Deshalb habe es auch keine Konsequenzen für das Musikprogramm gegeben. „Wir melden jede einzelne Veranstaltung mit Musik, die auf der Christkindlmarkt-Bühne stattfindet, bei der Gema an, der festgelegte Satz dafür ist im Vergleich zum Vorjahr um zwei Euro gestiegen“, betont Westermeier.
Beim Grassauer Advent im Hefterstadel setzt man komplett auf Gema-freie Live-Musik: „Die örtliche Musikschule gestaltet das Rahmenprogramm. Das haben wir schon immer so gemacht, zumindest seit ich das vor rund 20 Jahren übernommen habe“, sagt Caroline Zeisberger vom Kulturbüro.
Gar keine Musik auch keine Option in Mühldorf
Verstehen kann den Verzicht Werner Kurzlechner, der Stadtsprecher von Mühldorf. Auch dort muss die Stadt deutlich mehr für den Christkindlmarkt rund um den Haberkasten und die Altstadtweihnacht auf dem Stadtplatz bezahlen. „Wir haben diese Kröte im Sinne der Veranstaltung geschluckt, verstehen aber auch, wenn sich andere Kommunen für einen Verzicht entschieden haben“, sagt er. Für Mühldorf sei das jedoch auch in Zukunft keine Option. Es werde auch in den kommenden Jahren weihnachtliche Musik aus Lautsprechern erschallen und die Bühne an der Nikolauskirchen mit Chören und Orchestern besetzt sein. „Vorrang hat die atmosphärische Qualität der Veranstaltungen“, sagt der Stadtsprecher.
Wie hoch die Gema-Gebühren sind, will Kurzlechner nicht sagen. „Ich kann aber für den Christkindlmarkt sagen, dass wir hier eine Steigerung von etwa einem Drittel gegenüber dem Vorjahr hatten.“ Die Zahlen lägen allerdings aufgrund sehr kürzeren Veranstaltungszeit deutlich unter denen wie zum Beispiel in Rosenheim.
Waldkraiburg kommt gut davon
Ähnlich ist es in Waldkraiburg. „Unser Christkindlmarkt war nicht durch die massiv gestiegenen Gema-Gebühren betroffen“, teilt Johanna Spirk, Pressesprecherin der Stadt, mit. Das liege zum einen daran, dass in der Vergangenheit immer der korrekte Tarif verwendet worden sei. „Somit ergaben sich durch die neue Tarifbewertung und Festlegung der Gema keine exorbitant höheren Kosten.“ Zum anderen sei durch die Verlegung ans Haus der Kultur die Marktfläche deutlich reduziert worden, was sich auch auf die Gebühren für die Gema ausgewirkt habe.