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Verzweiflung und Wut

Rosenheimer Wohnmobil-Anbieter FlexiCamper pleite - Katastrophe für Hunderte Kunden

Eine Pleite, die ihn tief traf: Während Camping-Fan Jörg G. noch auf sein Wohnmobil wartete, zog sich bei FlexiCamper in Rosenheim die Belegschaft zurück.
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Eine Pleite, die ihn tief traf: Während Camping-Fan Jörg G. noch auf sein Wohnmobil wartete, zog sich bei FlexiCamper in Rosenheim die Belegschaft zurück.

Der Insolvenzverwalter spricht von einer „Katastrophe“, geprellte Kunden von „Abzocke“: Der Wohnmobil-Anbieter FlexiCamper aus Rosenheim ist pleite. Und wohl weit über hundert Wohnmobil-Fans stehen nach Anzahlungen von zehntausenden Euro vor dem Totalschaden. Was nun?

Rosenheim – „Das ging tief.“ Jörg G. (65) aus Köln ist fassungslos und traurig. Und er ist wütend. Fast 60.000 Euro hat er der Firma FlexiCamper in Rosenheim überwiesen. Für ein Pilote-Wohnmobil, auf das er seit Monaten vergeblich wartet. Sein Plan war gewesen, im Ruhestand im Wohnmobil Europa zu bereisen, zusammen mit seiner Frau, „zwei, drei Jahre lang“. Mittlerweile hat er die Hoffnung aufgegeben, das Pilote-Mobil tatsächlich zu fahren oder sein Geld noch wiederzusehen. Das Insolvenzeröffnungsverfahren läuft, voraussichtlich am 1. August soll das Insolvenzverfahren selbst am Amtsgericht Rosenheim beginnen.

Camping-Unternehmen FlexiCamper pleite - Käufer sprechen von „dreister Abzocke“

Jörg G. ist nicht der einzige, der nun mit leeren Händen dasteht. Es melden sich immer mehr Menschen, die ein Wohnmobil dort zwar angezahlt, aber nie erhalten haben. Die Kanzlei Kugler Lutz Multrus Fricke in Rosenheim ist Insolvenzverwalter von FlexiCamper. Sie zählt bislang 159 Betroffene, deren Verträge nicht erfüllt wurden. Die Käufer fühlen sich geprellt, einer spricht von „dreister Abzocke“.

Insolvenzverwalter Lutz: „Ein einziger Sumpf“

Ungewöhnlich sind die Dimensionen des Firmen-Crashs. Der vorläufige Insolvenzverwalter Klaus Martin Lutz spricht von Zuständen, „wie sie uns in 30 Jahren wohl nicht begegnet sind“. Die Geschäftsunterlagen stellten „einen einzigen Sumpf“ dar, sie seien „zusammenhangslos und unübersichtlich – eine Katastrophe“. Die Ermittlungen könnten sich daher über „drei, vier oder fünf Jahre“ hinziehen. Lutz fast zusammen: „Das ist Wirecard im Kleinen.“

Das Kommissariat für Wirtschaftskriminalität der Kripo Rosenheim habe unter Federführung der Staatsanwaltschaft Traunstein, Zweigstelle Rosenheim, Ermittlungen aufgenommen, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd auf Nachfrage. Viele Kunden sind sich ihres Urteils schon vor Abschluss der Nachforschungen sicher. Sie fühlen sich abgezockt. Und nehmen bei Äußerungen gegenüber OVB und Rosenheim24 kein Blatt vor den Mund. Jörg G. schimpft über das „perfide Betrugssystem“.

Eine Pleite mit Ansage?

War es eine Pleite mit Ansage? Geführt wird das Unternehmen mit Niederlassungen in ganz Deutschland von Jessica K. Jedoch wohl lediglich auf dem Papier, wie ehemalige Mitarbeiter der Firma versichern. Die Fäden im Hintergrund ziehe nach deren Aussage eine ganz andere Person, und zwar der Lebensgefährte der Geschäftsführerin, Siegfried H.. Der gebürtige Regensburger hatte sich schon zuvor einen zweifelhaften Namen gemacht.

Bereits im Jahr 2002 war er nach dem Konkurs seines Familienunternehmens wegen Insolvenzverschleppung rechtskräftig verurteilt worden. Fünf Jahre lang durfte er keinen Job als Geschäftsführer mehr annehmen. Kaum wieder zugelassen, führte er die KTG Agrar AG in die Pleite – mit knapp einer halben Milliarde Euro Schulden! Die KTG-Pleite ist rekordverdächtig. Sie gilt als größte Pleite der bundesdeutschen Landwirtschaft.

Kunden wurden oft auf Messen kontaktiert

Seit 2022 hat sich Jessica K. auf Wohnmobile konzentriert. Das Geschäft: vermieten oder verkaufen. Den ersten Kontakt zu FlexiCamper hatten Kunden oft auf einer Camping-Messe. „Dort haben wir uns ein Modell ausgesucht. Vor Ort wurde dann auch gleich der Vertrag unterzeichnet – Kaufpreis 64.000 Euro, von denen bereits 50.000 Euro als Vorkasse angezahlt wurden“, erzählt ein Kunde. Der Rest solle dann bei der Fahrzeug-Übergabe über die Bank abgewickelt werden. „Nachdem die Lieferfrist abgelaufen war, haben wir angerufen, doch die Mitarbeiter waren nicht zu erreichen.“

Dem Kunden bleibt der seelische und finanzielle Schaden

Geschäftsführerin Jessica K. und ihr Lebensgefährte Siegfried H. waren für Rückfragen nicht zu erreichen. „Es stellt sich für mich die Frage, wie es sein kann, dass so ein Mensch noch weiter Geschäfte betreiben und anderen Menschen so einen großen seelischen und finanziellen Schaden zufügen kann“, fragt Jörg G. Das herauszufinden, ist nunmehr Aufgabe der Spezialisten für Wirtschaftskriminalität am Polizeipräsidium Oberbayern Süd. Derweil ist auf der Homepage von FlexiCamper ein Versprechen zu lesen, an das kaum ein Kunde noch glauben möchte: „Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass der Verkaufsprozess der Fahrzeuge gesichert ist.“ Der Insolvenzverwalter werde alle notwendigen Schritte unternehmen, um den Verkaufsprozess reibungslos durchzuführen.

In einer früheren Fassung war von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen FlexiCamper berichtet worden. Tatsächlich befindet sich die Firma in einem Insolvenzeröffnungsverfahren. Das Verfahren am Amtsgericht Rosenheim selbst wird voraussichtlich am 1 August eröffnet werden. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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