Von der Bruckmühler Wiesn
„Das ist ungerecht“: Hendl und Bier gibt‘s beim Seniorennachmittag nur in Präsenz
Eine Maß Bier und eine Brotzeit gibt‘s auf der Bruckmühl-Wiesn am Seniorennachmittag schon seit Jahren gratis. Das sorgte jetzt bei 1259 Senioren für ausgelassene Stimmung. Bei einer Besucherin aber auch für Ärger. Warum sich Erika Huber ungerecht behandelt fühlt.
Bruckmühl – Mit einem halben Grillhendl wollte Erika Huber ihrem Mann eine Freude bereiten. Beide waren von Marktgemeinde und Sportverein Bruckmühl zum beliebten Seniorennachmittag aufs Volksfest eingeladen – so wie 2500 andere Senioren auch. Dort gibt es neben Geselligkeit, Blasmusik oder Kuchentaxi auch immer Essens- und Getränkegutscheine für die Festbesucher. Und das, so glaubte Erika Huber zumindest, auch für jene Menschen, die nicht mehr selbst zum Fest kommen können. „Mein Mann ist dement, zu 100 Prozent behindert und hilflos“, berichtet sie. Da er in seinem Gesundheitszustand nicht mehr aufs Volksfest mitkommen kann, und die Familie keinen E-Rollstuhl besitzt, wollte sie ihm zumindest ein bisschen Wiesn mit nach Hause bringen.
2500 Senioren waren eingeladen
Beiden standen auch auf der Liste, mit der kontrolliert wird, wer „Zeichenberechtigt“ ist. „Ich habe noch extra seinen Schwerbehindertenausweis vorgelegt, um nachzuweisen, dass ich mit der Hendl-Marke kein Schindluder treiben will“, erzählt sie. Der Wertbon – in Bruckmühl Zeichen genannt – wurde ihr trotzdem verweigert. „Wissen Sie, wie man sich da fühlt“, beschreibt sie im Gespräch mit dem OVB ihre Enttäuschung. „Und dabei geht es mir nicht ums Geld, sondern ums Prinzip, denn das ist doch ungerecht.“
Schon seit vielen Jahren gibt es auf der Bruckmühler Wiesn die Regel, dass nur die Senioren ihre Wertmarken erhalten, die auch wirklich präsent sind. „Ich kenne es gar nicht anders“, sagt Richard Richter, der schon seit 2014 Bürgermeister der Marktgemeinde Bruckmühl ist und betont: „Das ist eine freiwillige Leistung, die Marktgemeinde und Sportverein gemeinsam schultern. Der Grundgedanke ist ein gesellschaftliches Treffen. Und da muss man persönlich kommen. Es ist schade, wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen kann. Aber es ist auch schade, wenn ein unzufriedener Besucher die Freude hunderter Menschen trübt.“
Zwei Regel für den Wiesn-Besuch
Beschwerden gebe es immer wieder, weil einzelne Besucher die geltenden Regeln nicht akzeptieren wollten. Dazu gehöre nicht nur die Präsenz, sondern auch die Altersgrenze von 65 Jahren. „Auch darüber gab es schon Diskussionen mit Besuchern, die der Meinung waren, dass sie als Erwerbsminderungsrentner auch schon früher Anspruch auf die Marken haben müssten“, erinnert sich Richter.
„Der Seniorennachmittag ist eine Einladung an die Ü-65-Jährigen, auf der Bruckmühler Wiesn gemeinsam einen geselligen Nachmittag zu erleben. Menschen im Rollstuhl werden von uns am Tisch bedient“, betont Bernhard Gleißner, der Vorsitzende des SV Bruckmühl. „Es tut uns leid, wenn Senioren dieser Einladung nicht folgen können.“ Aber zur Geselligkeit gehörten nunmal Besucher im Festzelt. Der Sportvereinschef ärgert sich über die Kritik: „1259 Senioren sind unendlich happy, einer beschwert sich. Es ist so ein schönes Event. Es ist so ein riesiges Engagement von unserem Verein. Das lassen wir uns durch Einzelne nicht kaputtmachen. “
Verein und Gemeinde tragen die Kosten
Die „Zeichen“ für ein Essen (ein halbes Hendl oder Schweinswürstel) und ein Getränk (eine Maß Bier oder ein Getränk nach Wahl) haben einen Wert von 20 Euro. Für 2500 geladene Senioren kämen so immerhin 50.000 Euro zusammen. „Das sind wir gemeinsam bereit zu zahlen“, macht der Bürgermeister klar. Hinzu kommt das unermüdliche ehrenamtliche Engagement der Sportler, das in Zahlen gar nicht messbar ist. „Viele nehmen sich Urlaub, um 14 Tage helfen zu können, bauen Festzelt, Bühne und Tische auf und ab, bedienen, arbeiten an den Bars oder hinter den Kulissen. Da kommen mindestens 800 Arbeitseinsätze zusammen“, betont Bernhard Gleißner.
Warum es keine Ausnahmen gibt
Doch vielleicht könnte eine „Härtefallregelung“ künftig Ausnahmen erlauben? „Wo will man da anfangen und wo aufhören“, wirft Gleißner eine Frage auf, für die es keine Antwort gibt. „Man kann nicht jede Eventualität abdecken“, meint auch der Bürgermeister. „Eine gerechte Lösung ist immer schwierig, aber die Präsenzpflicht ist die gerechteste“, findet Seniorenbeauftragte Anneliese Weißbrich. Es sei eine großzügige Geste, dass die Senioren von Gemeinde und Sportverein zum Volksfest eingeladen und kostenfrei bewirtet werden. „Mit der Präsenz-Regelung kommt die Geste auch wirklich bei den Senioren an und wird garantiert, dass sie in Gesellschaft einen schönen Nachmittag verbringen.“
Ein soziales Volksfest
„Unsere Wiesn ist das sozialste Volksfest weit und breit“, betont Bernhard Gleißner. Nicht nur, weil die ehrenamtlichen Helfer sich für den Sportverein, den Erhalt der Sportstätten und die Jugendarbeit im Verein abrackern. Auch, weil zum Wiesn-Programm Kindergartenvormittage, Seniorennachmittag und eine Einladung für Menschen mit Behinderung gehören. „Wir werden schon seit mehr als 30 Jahren vom SVB eingeladen“, ist Gabi Sander, die Chefin des Sozialen Arbeitskreises Bruckmühl dankbar. Auch diesmal freuen sich wieder 40 Menschen mit Handicaps auf eine fröhliche SVB-Wiesn mit Blasmusik, Bewirtung und Rummel.