Abgetaucht: Chiemsee statt Südsee?
Tauchen im bayerischen Meer: Barsch statt Barrakuda, Bier statt Rum und „vielleicht Gold“
Türkisblaues Wasser, kunterbunte Meeresfauna und karibische Hitze - Da wollen Thomas und Andrea hin, nach Curaçao, ihr diesjähriges Urlaubsziel. Und warum stehen die beiden dann bei kühlem Herbstwetter im trüben Chiemsee? Weil tauchen gelernt sein will - Und der Tiefgang in heimische Gewässer hat seinen ganz eigenen Reiz, weiß Tauchlehrer Amin Hanandeh:
Breitbrunn - „Im ersten Moment war es schon ein bisschen erschreckend und die Sicht war letztes Mal extrem schlecht.“ Thomas Kraus ist Tauchschüler bei Amin Hanandehs Tauchschule Checkers. Zusammen mit seiner Freundin Andrea absolviert er die Ausbildung, um im Urlaubsland Curaçao schon mit Tauchschein in der Tasche anzureisen.
Tauchübungen in der bayerischen „Südsee“
Im Vachendorfer Schwimmbad fanden ihre ersten Praxisstunden statt: klares, gechlortes Wasser, noch sommerliche Temperaturen im wenige Meter tiefen Pool. Da ist der erste Tauchgang in einem natürlichen Gewässer ungewohnt: Bei Ursprung nahe Breitbrunn tauchen gern auch Anfänger ab, es gibt sogar einen kleinen Übungsparcours in Ufernähe:
„Da ist eine umgedrehte Badewanne, ein Spiegel, und auch ein Biertragerl kann man entdecken“, es wäre also ein bisschen Entertainment aufgebaut, erzählt Armin. Das sei auch für Übungszwecke des Tarierens ganz praktisch. Amin Hanandeh ist Tauchlehrer aus Leidenschaft, nicht nur im bayerischen Meer:
„Rotes Meer, Atlantik, Pazifik, ich bin schon recht viel herumgekommen“
„Ich tauche schon seit 20 Jahren in verschiedensten Seen und Meeren dieser Welt: Rotes Meer, Atlantik, Pazifik“, er sei schon viel herumgekommen. Trotzdem erinnert der 50-Jährige sich gern an die Anfänge zurück bei der Chiemgau Tauchschule Helmut Schwager. Mit seiner eigenen Tauchschule Checkers steuert er mittlerweile gern Tauchgebiete unter andrem in Ägypten oder Kroatien an: „Wir sind gut vernetzt, können dann dort unsere Leute hinschicken oder selber Kurse abhalten.“ Diesmal findet der Kurs aber vor der Haustür statt:
Tauchen, wenn es kalt wird? Die Saison startet jetzt
Thomas, Andrea und die anderen Kursteilnehmer sortieren das Equipment unter Anleitung von Amin und dem zweiten Tauchlehrer des Tages, Ernst Richter. Atemluftflaschen, Atemgeräte, alles wird bis ins kleinste Detail durchgegangen. Dann die dicken Neoprenanzüge gegen die Kälte. Ist der Tauchsport in unseren Breitengraden nicht eher was für den Sommer? Im Gegenteil, erklärt Amin:
„Die Algenblüte ist im Sommer, das Wasser somit in unseren Seen, sehr trüb.“ Vor allem der Chiemsee, mit einer maximalen Tiefe von 73 Metern, sei bekannt dafür, oft sehr trüb zu sein. Unter Wasser sieht man oft nur bis zu drei Metern. Andere Seen, wie der Thumsee bei Bad Reichenhall oder die Seen im Salzkammergut seien, so Amin, klarer. Für alle Seen in der Nähe gelte aber, je später im Jahr, desto besser die Sicht.
Neben dem Ausblick im Wasser spiele aber auch die Situation außerhalb des Wassers eine Rolle: „Wir wollen in der Badesaison auch einfach die vielen Badegäste nicht stören, die sich dann am Ufer tummeln.“ Die schlechtere Sichtweite unter Wasser kann für Ungeübte auch gefährlich werden.
Gefahren beim Tauchen in heimischen Gewässern
„Wenn ich durch die schlechte Sicht meinen Tauchpartner verliere, kann das natürlich psychisch herausfordernd sein, auch da werden Verhaltensweisen erlernt, was dann zu tun ist.“ Die größte Gefahr sei aber die Kälte. Normale Atemregler würden, so Amin, einfrieren können - fatal für den Taucher. Und so nutzen sie auch beim heutigen Tauchgang spezielle Kaltwasserregler, damit das ausgeschlossen werden kann.
Kälte und trübes Wasser - klingt nicht so verlockend: Was sieht man denn überhaupt am Grunde des Chiemsees? Wenigstens Schiffswracks, oder etwa sogar tote Seeleute? „Leichen werden wir keine finden“, beruhigt Amin. Eher viel Lebendiges: „Der Chiemsee ist ziemlich fischreich, vor allem Barsche.“ Die könne man mit ein bisschen Glück dann auch unter Wasser antreffen. Heute will der Tauchprofi aber mit seinen Schülern unter anderem Ausschau halten nach der sogenannten Quaggamuschel:
Invasive Muschelart: Taucher liefern wichtige Informationen
Die Muschelart stammt aus der Gegend des Schwarzen Meeres und breitet sich zunehmend in bayerischen Gewässern aus, auch im Chiemsee. Sie verdrängt zum Teil heimische Arten: „Wenn wir die heute entdecken, informieren wir im nächsten Schritt die Umweltschutzbehörde.“ Der Tauchgang dient also heute auch dem Artenschutz - und der Ausbildung von Thomas Kraus und seiner Freundin Andrea. Die wollen ja noch mit dem Tauchschein fertig werden, bevor sie in den Flieger steigen. Viel zu lernen?
Theorieteil des Tauchkurses: „Ein bisschen wie beim Führerschein“
„Es geht, eigentlich ist es ein bisschen wie beim Führerschein“, erklärt Thomas den Theorieteil des Kurses. Einige Fragestellungen seien mit gesundem Menschenverstand einfach zu beantworten, bei anderen müsse man schon auch einiges an Hintergrundwissen lernen. Die Theorie ist bereits bestanden. Jetzt steht noch der Praxistest an.
Heute ist der letzte Tauchgang vor der Prüfung: Andrea und Thomas machen den sogenannten Open-Water-Diver, der klassische Anfängertauchschein. Damit dürfen sie bis zu einer Tiefe von 18 Metern tauchen, sich international Equipment leihen. Die beiden werden im Urlaub aber sowieso nur mit Tauch-Guide losziehen, erzählen sie. Wer weiß, vielleicht wollen sie ja nach dem Urlaub weitermachen: Auch Fortgeschrittene können bei Amin noch was dazu lernen:
„Rundum Sorglospaket“ - Gute Stimmung im Tauchteam
„Wir bieten Tauchscheine vom Anfänger bis zum Tauchlehrer an und bilden nach PADI, S.U.B. und CMAS aus. Das sind verschiedene Tauchverbände, die dann international unterschiedlich anerkannt sind. Und bei uns kann man eigentlich so das komplette Sorglospaket buchen.“ Das sieht am heutigen Tag zumindest absolut so aus: Gute Stimmung im Tauchteam und auch Thomas Wunsch geht in Erfüllung: „Besseres Wetter, sodass wir heute mal sehen, was wir tun.“
Bayerisches Meer: Barsch statt Barrakuda, Bier statt Rum
Nach dem Tauchgang strahlende Gesichter vor strahlend blauem Himmel. Es hat geklappt, die Rückmeldung: Die Sicht war besser und die Taucher haben auch noch ein paar Bilder vom Grund des Chiemsees mit an Land gebracht. Für Thomas und Andrea geht es bald los in die Karibik. In der bayerischen „Südsee“ warten zumindest Barsche, Bierkästen und Quaggamuscheln - „Oder doch noch Gold“, Amin muss lachen, jetzt nach dem Tauchgang erst mal in flüssiger Form zum Abschluss des erfolgreichen Tauchgangs.




