Warum Tradition so fasziniert
Brauchtum, Handwerk und Tracht locken hunderte Besucher nach Kolbermoor
Mit wie viel Leidenschaft das Brauchtum in Bayern gepflegt wird, welch kunstvolle Arbeiten in traditionellen Werkstätten entstehen und wie die Liebe zum Gwand die Verbundenheit der Menschen zu ihrer Heimat spiegelt, war am Wochenende vom 15. und 16. Oktober in Kolbermoor zu erleben.
Kolbermoor – Auch wenn Walter Weinzierl, Ehrenvorsitzender des Trachtenvereins „D’Mangfalltaler“ Kolbermoor, es bedauerte, dass er „nur“ 30 statt der sonst 50 Aussteller für den Markt „Brauchtum, Handwerk und Tracht“ gewinnen konnte: Die Faszination fürs Brauchtum lag in der Luft.
Mit dabei war auch ein Olympiasieger
Hunderte Besucher kamen in die Pauline-Thoma-Schule, um zu schauen, zu bestellen oder zu kaufen. Besonders gefragt war Eduard Zaiser aus Steinhaus in Oberösterreich. Er hatte gerade erst an der „Gamsbart-Olympiade“ in Mittenwald teilgenommen und mit einem Dachsbart den Sieg geholt. Und obwohl er die Trophäe in Kolbermoor dabei hatte, interessierten sich die Trachtler allein für die Gamsbärte.
So auch Sebastian Astner vom Trachtenverein „Riesenkopf“ Degerndorf. Im März wird er 18 Jahre alt. Dann soll ein großer Gamsbart seinen Hut schmücken, wie den aller echten „Mannsbilder“. Am Wochenende hat er ihn schon mal Probe getragen. Edi Zaiser, der 74-jährige Kunsthandwerker, erklärte den wissbegierigen Besuchern, wie in aufwendiger Handarbeit aus den Rückenhaaren von Gamsböcken der traditionelle bayerische Hutschmuck entsteht. Faszinierend: Handwerkliches Geschick und Leidenschaft für das Wildbartbinden reichen bei den Zaisers bis ins Jahr 1725 zurück.
Eng mit alpenländischem Brauchtum verbunden ist auch Bernhard Bauer aus Sachrang. Er ist nicht nur der Vorsitzende des Trachtenvereins „D‘Geiglstoana“, sondern fertigt ganz in der Tradition seiner Familie feinste Schnitzereien an.
Ob winzige Edelweiß- oder Enzianblüte, Almspan, Sappi oder Hacke – der Schreiner versteht sein Handwerk nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen. Motiviert wird er dabei nicht nur von seiner Trachtenjugend, für die er immer mal kleine Preise braucht, sondern auch von seinem zweijährigen Enkel, der Opas Edelweiß voller Stolz am Hut trägt.
Holz ist auch die Leidenschaft von Manfred Rackl aus Kolbermoor. Das Drechseln begeisterte ihn schon als Kind. Jetzt ist er 61 Jahre alt, als Berufsfeuerwehrmann schon im Ruhestand, und kann sich ganz seinem Hobby widmen.
Am Wochenende begeisterte er die Besucher mit Brotdosen aus Zirbenholz, Kinderspielen und Muskatmühlen.
Nikolaus Stigloher aus Bad Aibling hinterlässt mit seinen gemalten Ovalen auf vielen Trachtenfesten in der Region seine Handschrift. Der Maler und Grafiker fertigt gemeinsam mit seiner Frau Rayka Emmé aber auch Bierfuizl an – unter anderem mit Trachtenmotiven.
Zum ersten Mal war Michael Brandner in Kolbermoor dabei. Er zeigte, wie traditionelle „Berchtesgadener War“, darunter Christbaumschmuck und Spanschachteln – bemalt wird.
Was auch immer das Trachtlerherz begehrt, war am Wochenende in Kolbermoor zu haben. Stoffe, Hemden, Gewänder, Schuhe, Taschen, Schmuck, Geklöppeltes und Gestricktes.
Die Kolbermoorer „Mangfalltaler“ kümmerten sich ums Rahmenprogramm und das leibliche Wohl der Besucher. So bastelten Annelies Weinzierl und Claudia Beutl mit den Kindern.
Dicht umringt war auch der „Arbeitsplatz“ von Hobby-Friseurin Conny Weinzierl, denn zahlreiche Frauen wollten sich mit ihren Trachtenfrisuren verschönern. Die Besucher ließen sich Kaffee und selbst gebackenen Kuchen, kalte Getränke und deftige Speisen schmecken.
Am Ende der beiden mit bayerischem Lebensgefühl prall gefüllten Tage war Cheforganisator Walter Weinzierl mehr als zufrieden, denn seine Faszination für Tracht, Brauchtum und Handwerk hat er nicht nur an Familie und Trachtenverein, sondern auch wieder an Hunderte Besucher weitergegeben.












