Das sagt Irmengard Horrer
„Oma, das ist traurig“ - Warum Trachten Horrer in Bernau nach 64 Jahren schließt
Wieder eine Tradition, die zu Ende geht. Dieses mal trifft es das Trachtengeschäft Horrer nach 64 Jahren in Bernau. Die Inhaberin berichtet, warum sie zusperrt und wie es im Geschäft in der Chiemseestraße weitergehen könnte.
Bernau - Manchmal wird Irmengard Horrer doch noch ein bisschen wehmütig. Vor allem, wenn sie mit einem ihrer fünf Enkel redet. „Sie sagen schon mal: ‚Oma, das ist traurig. Es war immer so schee, zur Ladentür reinzukommen.‘“ Das werden sie bald nicht mehr können, denn zum Jahresende schließt das Traditionsgeschäft Trachten Horrer in Bernau. Nach insgesamt 64 Jahren an gleicher Stelle in der Chiemseestraße.
Es begann mit Hirschlederhosen
„Die Schwiegereltern Karl und Cilli haben einst Hirschlederhosen nach Maß gemacht und mit einem kleinen Geschäft geführt“, erzählt Irmengard Horrer im OVB-Gespräch: „Sie haben das 32 Jahre geführt und es dann an uns übergeben.“ Nach weiteren 32 Jahren unter der Führung von Karl und Irmengard Horrer ist nun Schluss. „Ich werde im nächsten Jahr 65 und erreiche das Rentenalter, mein Mann wird 70. Er ist nicht mehr ganz gesund und ich kann das im Laden einfach als Einzelkämpfer nicht mehr allein stemmen“, sagt die Chefin.
Ihre Kinder Karl und Simone wollten schon lange, dass Mama Horrer einen Schlussstrich zieht. Doch die hing lange noch so sehr am Laden der Familie, dass sie immer wieder ein Jahr dranhing. Jetzt haben sich die Inhaber jedoch zum endgültigen Ende der Tradition von Trachten Horrer durchgerungen. In Signalrot steht seit November „Totaler Räumungsverkauf“ am Schaufenster, mit Schnäppchen-Angeboten mit bis zu 70 Prozent Rabatt werden noch die letzten Lagerbestände abverkauft.
„Es gibt keine Nachfolger. Ich wollte immer, dass meine Kinder das lernen und arbeiten sollen, was sie gerne wollen. Und sie hatten halt andere Pläne“, so Irmengard Horrer. Ihr Sohn Karl ist Elektrotechnikmeister und auch die Enkel sind keine Kandidaten für die Fortführung der Tradition von Trachten Horrer. Der mit 18 älteste lernt bei der Telekom.
Ein externer Nachfolger war auch kein Thema, deshalb wird der 31. Dezember 2024 der letzte Tag von Trachten Horrer sein. Die treuen Kunden wie die vielen Vereine, die ihre Plattl-Hosen von Horrer bekamen, sind über das Ende des Geschäfts „erschrocken“, wie die Inhaberin erzählt.
Neue Ära im Laden in der Chiemseestraße
„Echte Tracht bekommt man halt am besten im Fachgeschäft“, sagt die Expertin. Künftig müssen die Kunden dafür zu Trachten Hofer ins benachbarte Grassau im Achental fahren. Denn im Laden in der Chiemseestraße 22 von Bernau beginnt eine neue Ära. Erstmal soll das Ladengeschäft mit einer Toilette versehen werden – bisher war das nicht nötig, weil die Inhaber dafür in ihre Privatwohnung im Haus gehen konnten. Nach der Modernisierung soll dann ein neues Geschäft einziehen, das die Bernauer Einkaufswelt bereichert.
„Wir wollen in unserer tollen Einkaufsstraße wieder ein neues Geschäft drinhaben. Es wäre nicht schön, wenn noch ein Laden schließt“, sagt Irmengard Horrer. Einen Interessenten gibt es schon, mehr will die Chefin wegen laufender Gespräche aber nicht verraten. Nur, dass vielleicht schon im Frühjahr an Stelle von Trachten Horrer ein anderer Name an dieser Stelle auftauchen könnte.
Letzter Urlaub vor 19 Jahren
Bis dahin wird die Trachten-Expertin den Umbau beaufsichtigen und sich um die Gäste ihrer zwei Ferienwohnungen kümmern, die ihren Vornamen tragen. Auch auf die Gartenarbeit und Berg-Ausflüge in ihrer schönen Heimat freut sich die tatkräftige Frau – und endlich mehr Freizeit: „Den letzten Urlaub hatten wir vor 19 Jahren, als mein Mann 50 geworden ist. Da waren wir drei Tage in Südtirol.“ Dort, von wo ein Teil der Familie einst den Weg nach Bernau fand, soll es auch beim ersten größeren Trip seit fast zwei Jahrzehnten hingehen.
Vorher gibt es zu Silvester vielleicht ein Glas Sekt zum Abschied von Trachten Horrer nach 64 Jahren. „Ich hatte einen Traumberuf, den ich mit Spaß und Liebe gemacht habe. Aber irgendwann ist es gut, ich bin mit mir im Reinen. Alles hat seine Zeit.“ Das werden irgendwann auch die traurigen Enkel von Irmengard Horrer verstehen.

