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MS-Patienten in Bad Aiblinger Kletterhalle

Wie das Klettern Kerstin Fuhrländer (59) und anderen Multiple-Sklerose-Patienten hilft

Kerstin Fuhrländer (59) aus Wasserburg ist vor zwölf Jahren an MS erkrankt – und hat vor Kurzem das Klettern für sich entdeckt.
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Kerstin Fuhrländer (59) aus Wasserburg ist vor zwölf Jahren an MS erkrankt – und hat vor Kurzem das Klettern für sich entdeckt.

Klettersport trotz Multipler Sklerose? Dass das geht, zeigte der bayernweite Aktionstag der Deutschen MS-Gesellschaft, zu dem sich Erkrankte in Bad Aiblings inklusiver Kletterhalle trafen. Mit dem OVB sprachen die Betroffenen über den Umgang mit der Krankheit.

Bad Aibling – In Deutschland sind mehr als 280.000 Menschen an Multipler Sklerose erkrankt, davon etwa zwei Drittel Frauen. Wegen ihrer sehr unterschiedlichen Symptome und Verläufe wird MS auch die „Krankheit mit den 1000 Gesichtern“ genannt. Meistens gehen mit ihr körperliche oder kognitive Einschränkungen einher, denen mit verschiedenen Maßnahmen begegnet wird. Dazu zählt auch der Klettersport, den viele MS-Erkrankte in Gruppen betreiben. Seit 2019 veranstaltet der Landesverband Bayern der „Deutschen Multiple Sklerose-Gesellschaft“ (DMSG) den beliebten bayernweiten Klettertag, der heuer zum vierten Mal und erstmals in der neuen inklusiven Kletterhalle im Aiblinger Sportpark stattfand.

Es wurde eifrig geklettert: Zwei oben in der Wand, zwei als „sicherndes Bodenpersonal“.

Rund 50 Personen einschließlich Helfern nahmen teil, die weiteste Anreise hatten die Gäste aus Bayreuth und Regensburg. „Es sind einige Anfänger dabei, aber der größte Teil ist bereits in Klettergruppen organisiert“, erläutert Katja Dreier von der DMSG-Beratungsstelle Rosenheim gegenüber dem OVB. Ihre Rosenheimer Kollegin Meike Holderer (ebenfalls Sozialpädagogin) fügt hinzu: „Bei den Anfängern ist die Neugierde groß, zunächst herrscht Angst und Unsicherheit, aber sie tasten sich vor und machen einen Schritt nach dem anderen.“

Erkrankte durch Klettern sehr früh „abholen“

Inklusions-Trainerin Natascha Haug weist auf das Konzept der inklusiven Halle hin: „Man kann damit die Erkrankten mit ihren Beeinträchtigungen sehr früh ‚abholen‘, wir bieten die komplette Schwierigkeitspalette, von ‚ganz leicht‘ bis ‚ganz schwer‘.“ Teilweise werden die Teilnehmer beim Klettern begleitet, beispielsweise bei Ansteuerungsproblemen oder Spastik. Mit dabei ist Christiane Zink aus München – in Doppelfunktion: Die 50-Jährige hat die Veranstaltung organisiert – und sie ist selber MS-Betroffene. Schon mit 20 Jahren ist die frühere AOK Bayern-Referentin erkrankt und hat 2014 bei einer Klettergruppe angefangen.

„Da habe ich schnell Blut geleckt und inzwischen ist das Klettern mein größtes Hobby“, gesteht sie. Sie hat auch die Ausbildung zur „Fachübungsleiterin Sportklettern“ durchlaufen und macht in Kürze den Trainerschein für „inklusives Sportklettern“. Sie habe durch das Klettern wahnsinnig viel für sich zurückgewonnen in puncto Koordination, Motorik und körperliche Leistungsfähigkeit. „Man gewinnt dadurch an Selbstsicherheit und auch das lange Zeit dominierende Symptom der vorzeitigen Ermüdbarkeit konnte durch das Klettern minimiert werden, sodass ich wieder Bergtouren machen und Skifahren kann“, schildert sie und ergänzt: „Das Klettern hat einen grandiosen stabilisierenden Einfluss auf den Krankheitsverlauf.“

„Kraxeln“ fördert das Gleichgewicht

Auch für den 53-jährigen Markus Meixl aus Freising hat das „Kraxeln“ einen hohen Stellenwert. Beim früheren IT-Systemingenieur hat die Krankheit vor zwei Jahren mit einem schweren Schub begonnen. In der Reha hat er an der dortigen Kletterwand Gefallen gefunden und sich später den Klettergruppen in Landshut beziehungsweise Waldkraiburg angeschlossen. „Die körperliche Anstrengung fördert unter anderem bei einer einseitigen Beeinträchtigung die Symmetrie“, stellt er fest. Auf das Klettertraining schwört auch Kerstin Fuhrländer (59) aus Wasserburg. Die frühere Krankenschwester ist vor zwölf Jahren an MS erkrankt, hat sich aber erst im März 2023 den Klettergruppen in Rosenheim und danach in Waldkraiburg angeschlossen.

Die Protagonistinnen des Klettertags (von links): Natascha Haug (Inklusiv-Trainerin), Meike Holderer (Dipl.-Sozial-Pädagogin), Christiane Zink (PR-Beauftrage und Organisatorin ), Christiane Heigl, Katja Dreier (beide Dipl.-Sozial-Pädagoginnen).

„Nach den ersten beiden Malen waren meine Knie so wackelig, dass ich nicht mehr stehen konnte“, verrät sie und führt weiter aus: „Das Klettern ist für mich ein Ganzkörpertraining, aber auch für das Gleichgewicht. Ich fühle mich danach sehr gut, vor allem, wenn ich die Wand bis oben geschafft habe.“ Ihr Dank gilt den Trainern, den Helfer bei der Seilsicherung, aber auch den Kletterhallenbetreibern, „die immer wieder die Griffe und Tritte für neue Touren umbauen“.

Für den 53-jährigen Markus Meixl aus Freising hat das „Kraxeln“ einen hohen Stellenwert.

Ein ausgesprochen positives Fazit zog Meike Holderer nach der siebenstündigen Veranstaltung gegenüber dem OVB: „Es war unheimlich schön, wie sich die verschiedenen Klettergruppen aus Bayern untereinander verstanden haben, wie sie gemeinsamen geklettert sind und sich gegenseitig abgesichert haben. Die Atmosphäre war sehr entspannt, freudig und lustig. Es sind auch neue Kontakte entstanden und es wurde Interesse am Klettern geweckt und verstärkt“.

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