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„Essen nun mal gerne Brezn“

Typisch deutsch? Auf welche Vorurteile Bad Aiblinger Jugendliche im Ausland treffen

Begeistert vom Frankreich-Ausflug (von links): Lehrerin Christina Ramolla, die Schülerinnen Sonja Schmid, Ramona Viehhauser und Eva Riedel sowie Kunstlehrer Hendrik Lass vom Gymnasium Bad Aibling.
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Begeistert vom Frankreich-Ausflug (von links): Lehrerin Christina Ramolla, die Schülerinnen Sonja Schmid, Ramona Viehhauser und Eva Riedel sowie Kunstlehrer Hendrik Lass vom Gymnasium Bad Aibling.

Schülerinnen des Gymnasiums Bad Aibling nehmen an einem Europa-Projekt teil und treffen dabei auf unterschiedliche Kulturen. Warum Vorurteile nicht immer falsch sein müssen und was die jungen Frauen mit Dirndl-Stoff in Frankreich machen.

Bad Aibling – Essen Deutsche gerne Brezn und legen großen Wert auf Pünktlichkeit? Und gehen es Südeuropäer manchmal gerne etwas lockerer an? Mit Fragen nach, zugegeben, provokanten Vorurteilen waren kürzlich Jugendliche aus Bad Aibling konfrontiert. „Wir waren schon oft die ersten bei den Terminen“, sagt dazu Eva Riedel schmunzelnd. Die 16-Jährige war mit zwei weiteren Schülerinnen des Bad Aiblinger Gymnasiums kürzlich zu Besuch in Frankreich und traf dabei auch auf gewisse Klischees – die sich mitunter bewahrheiteten.

Im Rahmen eines P-Seminars („Arts for Future“) machte sich die deutsche Delegation Ende Januar auf den Weg nach Vitrolles bei Marseille. Dort trafen die Aiblinger Partnerschulen aus Schweden, Griechenland, Kroatien, Spanien und eben Frankreich. Über Monate hinweg treffen sich diese Partnerschulen im Rahmen des „Erasmus-Plus-Projektes“ immer wieder, jeweils mit unterschiedlichen Schülern, in den besagten Ländern. Dem Aiblinger Gymnasium kommt dabei eine Sonderrolle zu, da Schulleiter Michael Beer als Leiter der „koordinierenden Schule“ agiert. Er selbst war ebenfalls in Frankreich mit dabei.

Google-Übersetzer und „wildes Gestikulieren“

Die drei Schülerinnen, die die jüngste Europa-Reise begleiten durften, zeigten sich im Nachgang gegenüber den OVB-Heimatzeitungen begeistert vom kulturellen Austausch. Und sie machten deutlich, dass gewisse kulturelle Eigenarten dem gemeinsamen europäischen Gedanken nicht im Weg stehen. „Wir wurden von allen wirklich sehr nett und offen empfangen“, berichtet Eva Riedel. Die 16-Jährige konnte in den Tagen auf französischem Boden viele Kontakte knüpfen und auch Freundschaften schließen. Nicht zuletzt, neben den schulischen Aktionen, durch Gespräche mit den Gastfamilien, wo die Aiblinger unterkamen.

Riedels Mitschülerin Ramona Viehhauser etwa lebte zusammen mit einer kroatischen Schülerin bei einer französischen Gastfamilie. „Weil die Franzosen nicht so gut Englisch können, war die Kommunikation nicht immer so einfach“, erinnert sich die 16-Jährige. Wild gestikulierend und mit Hilfe vom Google-Übersetzer habe man sich verständigt. „Das war manchmal echt witzig“, sagt Viehhauser, die auch heute noch in Kontakt mit ihrer kroatischen Mitbewohnerin steht. Und auch die dritte im Bunde, Sonja Schmid, hat den Austausch mit anderen Nationalitäten als wertvolle Erfahrung verbucht. Daran änderte auch das „Gestikulieren mit teils echt lustigen Geräuschen“ nichts.

Typisch deutsche Bad Aiblinger?

Während der Frankreich-Woche, in der neben schulischen Projekten auch verschiedene Ausflüge anstanden, hätte sich dann durchaus bewahrheitet, dass die Deutschen pünktlich sind und beim Arbeiten extrem diszipliniert und genau vorgehen. „Wir haben schon die meiste Zeit reingesteckt, haben akkurat gearbeitet und uns pflichtbewusst verhalten“, beschreibt Viehhauser das „typisch deutsche“ Auftreten. Denn beim Besuch in Frankreich ging es neben den gemeinsamen Tätigkeiten auch darum, mit Stoffresten aus traditionellem Material, welches jede Nation aus ihrem Land mitgebracht hatte, alte Lounge-Sessel der französischen Partnerschule neu zu beziehen.

Im Patchwork-Design stellten die Delegationen anhand der Sessel-Gestaltung ihre ihre Heimat vor.

Die Aiblinger Schülerinnen hatten hierfür, typisch bayerisch, Dirndl-Stoffe mitgebracht. Und auch hier bewahrheitete sich das ein oder andere Klischee. „Wir essen nun mal gerne Brezn und tragen gerne Dirndl“, sagt Christina Ramolla, Klassenleitung der Europaklasse am Gymnasium und seit zehn Jahren die treibende „Europa-Kraft“ an der Aiblinger Schule.

Eine gehörige Portion Bayern steckt in dem von den Aiblinger Schülern designten Sessel.

Neben der bayerischen Stoffspezialität hätten etwa die Schweden Stoffe mit Motiven von Pippi Langstrumpf mitgebracht. Während die kroatischen Schüler gestickt und mit Kordeln gearbeitet hätten, setzten die Spanier indes auf klassische Sonnenfarben bei der Gestaltung ihres Sessels, so Ramolla.

Beim Frankreichbesuch steckte der europäische Gedanke sogar in den selbst gestalteten Sesseln.

„Manche Klischees stimmen einfach“

„Manche Klischees stimmen einfach“, sagt die europaerfahrene Lehrerin schmunzelnd. Und das sei ja auch nicht nicht immer etwas Schlechtes.. „Es fiel schon auf, dass unsere Schülerinnen sehr zuverlässig und pünktlich waren“, sagt auch Lehrer Hendrik Lass, der neben Ramolla ebenfalls die Leitung der Aiblinger Delegation inne hatte. Dagegen hätten sich viele Südländer teilweise eher „laissez-faire“ gezeigt. Aber, und das macht der Kunstlehrer deutlich: „Das Zwischenmenschliche wiegt am Ende natürlich viel mehr als etwa die Pünktlichkeit.“

Die internationalen Schüler beim gemeinsamen nachhaltigen Kochen in Frankreich.

Neben dem Kunst-Projekt, bei dem die Unterschiede nationaler Traditionen zum Ausdruck kamen, stand auch das gemeinsame Kochen auf dem Programm. „Ziel war es, nachhaltig zu kochen“, erzählt Ramolla. Dafür hätten die Schüler Zutaten aus dem Umkreis von 20 Kilometern besorgt und diese dann gemeinsam verarbeitet. So standen etwa Kartoffelpuffer, Kichererbsensalat oder Süßkartoffelpüree auf dem Speiseplan. Zum Nachtisch gab es dann landestypische Crêpes.

Werte und Träume verbinden

Für die Aiblinger Lehrkräfte ging letztlich auch eine anstrengende Woche mit viel Arbeit zu Ende. Das Fazit fällt dennoch positiv aus: „Ich mache das jetzt seit zehn Jahren und es war wieder toll, wieder neu und wieder abwechslungsreich“, betont Ramolla. Dadurch, dass sich über die Jahre die Partnerschulen immer wieder ändern würden, lerne man stets neue Menschen kennen. So hätten sich dieses Mal auch die Lehrerkollegen über die unterschiedlichsten Unterrichtsformen in verschiedenen Ländern ausgetauscht. „Klar ist, wir in Deutschland haben verglichen mit den Partnerländern die höchsten Klassenstärken. Dafür ist bei uns aber die Bezahlung und die Ausstattung der Schulen besser als in den anderen Ländern.“

Abschließend macht Ramolla klar: „Wir vermissen die european vibes jetzt schon“. Die Nationalitäten seien zwar in vielen Bereichen unterschiedlich. „Trotzdem finden wir zusammen und uns alle verbinden die Werte und Träume.“ Nächster Halt ist die Partnerschule in Schweden, die wieder andere Aiblinger Schüler besuchen werden. In den kommenden Monaten ist dann auch noch eine Kunstausstellung in Bad Aibling geplant, bei der die Werke der Schüler gezeigt werden.

Gymnasium lebt europäischen Gedanken

Dass das Gymnasium Bad Aibling ein Ort ist, an dem der europäische Gedanke gelebt wird, zeigte nicht zuletzt der Besuch der Europa-Abgeordneten Angelika Niebler vor mehreren Monaten. Sie lobte das proeuropäische Engagement und die verschiedenen Projekte, mit denen sich die Schulgemeinschaft für Europa einsetzt. Am Aiblinger Gymnasium gibt es neben der Europa-Klasse – ab der fünften Klasse können Schüler dort während eines freiwilligen Unterrichtsangebotes in andere Kulturen, Sprachen und Bräuche eintauchen – auch das sogenannte Erasmus Plus-Projekt. Im Jahr 2020 hatte die Schule von der Bayerischen Staatsregierung als einziges bayerisches Gymnasium die Europa-Urkunde erhalten.

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