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Produkt aus dem Mangfalltal weltweit im Einsatz

Rasante Talfahrt zum Erfolg: Was das Bad Aiblinger Unternehmen Mountaincart für die Zukunft plant

Strampeln sich für den wirtschaftlichen Erfolg der Mountaincart GmbH mit Sitz in Bad Aibling ab: die beiden Geschäftsführer Joachim (links) und Andreas Jeßberger auf zwei der Dreiräder, die dort hergestellt werden.
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Strampeln sich für den wirtschaftlichen Erfolg der Mountaincart GmbH mit Sitz in Bad Aibling ab: die beiden Geschäftsführer Joachim (links) und Andreas Jeßberger auf zwei der Dreiräder, die dort hergestellt werden.

Ob in der Bergwelt Oberbayerns, Frankreichs oder gar Neuseelands: die Abfahrt per Mountaincart sorgt jährlich bei Tausenden Ausflüglern für einen Adrenalinkick. Was der Hersteller der dreirädrigen Gefährte zur Sicherheit sagt – und was für die Zukunft geplant ist.

Bad Aibling – In gewisser Weise ist es ein Paradoxon: Je mehr, je weiter es mit den Produkten der Brüder Andreas und Joachim Jeßberger bergab geht, umso deutlicher zeigt die wirtschaftliche Erfolgskurve nach oben. Denn Jeßbergers produzieren in ihrem Unternehmen, der Mountaincart GmbH in Bad Aibling, Carts auf drei Rädern, die für die Abfahrt am Berg entwickelt worden sind. Ein rasanter Spaß, den sich jährliche Tausende Menschen auf der ganzen Welt gönnen. Und dem Unternehmen damit eine stabile Wirtschaftslage bescheren. Wobei das Brüderpaar bereits am nächsten Coup bastelt.

Fast 20 Jahre ist es mittlerweile her, dass Josef Jeßberger, Vater von Andreas und Joachim und heute 68 Jahre alt, in seinem kleinen Unternehmen, damals noch in Brannenburg beheimatet, ein Gefährt auf drei Rädern entwickelte, mit dem die Rückkehr vom Berg ins Tal zu einer rasanten Tour werden sollte. „Er hat irgendwas gesucht, was im Gegensatz zum Schlitten auch abseits des Winters geht, wenn kein Schnee liegt“, erinnert sich Joachim Jeßberger, der mittlerweile gemeinsam mit seinem Bruder die Geschäfte führt. Das Mountaincart war geboren.

Per Hüftgurt das Mountaincart nach oben gezogen

Dabei hatte Josef Jeßberger, der seinen Söhnen auch heute noch mit Rat und Tat zur Seite steht, damals noch gar nicht an eine kommerzielle Nutzung seines Produkts im Rahmen eines Verleihgeschäfts gedacht. Letztlich war es ein Scherz, der in einem Missverständnis endete, der den Grundstein für den großen Erfolg des Unternehmens legte. „Wir waren ständig an der Kala Alm bei Thiersee“, erinnert sich Andreas Jeßberger. „Mithilfe eines Hüftgurts haben wird die Carts nach oben gezogen und sind dann von dort ins Tal gefahren.“

Bei der Einkehr in die Hütte hatten die Jeßbergers die dreirädrigen Gefährte vor der Alm geparkt. Was wiederum anderen Ausflüglern aufgefallen war, die den Wirt fragten, ob sie die Mountaincarts für zehn Euro ausleihen könnten. Der Wirt hielt die Frage für einen Scherz – und sagte Ja. So waren die Gefährte plötzlich verschwunden, dafür eine neue Idee geboren: Wieso nicht an Hütten und Bergstationen die Mountaincarts als Leihobjekt anbieten?

Verleih sorgt für den ganzjährigen Betrieb von Bergliften

So machte sich Josef Jeßberger auf in verschiedene Skigebiete, um für sein Produkt zu werben. Mit Erfolg. „Betreiber von Skiliften haben plötzlich gemerkt, dass sie dadurch den Sommer über nicht mehr den Betrieb einstellen müssen, sondern durch das Verleihgeschäft ganzjährig den Betrieb sichern können“, erklärt Joachim Jeßberger. Eine Nachfrage, die sich aufgrund des Klimawandels und immer geringeren Schneelagen letztlich noch erhöht habe.

In einem eigenen Raum können mehrere Mountaincarts gleichzeitig fertig montiert werden.

Mittlerweile werden die Mountaincarts des Unternehmens, das vor rund zehn Jahren nach Bad Aibling übergesiedelt war, weltweit an rund 150 Verleihstationen angeboten – von Deutschland über Österreich, Schweiz und Frankreich bis nach Neuseeland. Sogar in Dubai sind die Jeßbergers mit ihren schnittigen Dreirädern vertreten. Die beiden Geschäftsführer gehen davon aus, dass aktuell rund 7000 bis 8000 Mountaincarts in insgesamt 34 Ländern in Betrieb sind.

„Wir haben einen sehr guten Ruf“, sagt Joachim Jeßberger. „In Frankreich ist es mir beispielsweise oft passiert, dass ich bei potenziellen Kunden gar keine langen Verkaufsgespräche führen musste, sondern eigentlich die zentrale Frage war, wann wir liefern können.“ Letzthin habe er beispielsweise einen Deal in Kirgisistan abgeschlossen. „Der Partner hatte den Tipp wiederum von einem unserer Kunden aus Kasachstan bekommen“, schildert der 46-Jährige, dessen Hauptaugenmerk als Wirtschaftsingenieur auf dem Vertrieb liegt, während sein ein Jahr älterer Bruder, ebenfalls Ingenieur, Herr über die Technik ist.

Nach Unfällen bei Berchtesgaden: Wie sicher ist die Fahrt mit dem Mountaincart?

Unfälle bei Berchtesgaden mit mehreren teilweise schwerverletzten Mountaincart-Fahrern haben eine Diskussion um die Sicherheit der dreirädrigen Gefährte angestoßen. „Jeder Unfall ist natürlich schrecklich“, sagt Andreas Jeßberger, einer der beiden Mountaincart-Geschäftsführer, betont aber auch: „Unseres Wissens gab es noch keinen einzigen Unfall, für den unser Produkt verantwortlich war.“ So sei in Berchtesgaden beispielsweise Alkohol im Spiel gewesen, was auch die Polizei bestätigt hat. „Wenn man angemessen fährt und sich an die Anweisungen und Vorgaben hält, dann passieren keine Unfälle“, ist Andreas Jeßberger daher überzeugt.

Nach Angaben der beiden Geschäftsführer habe es seit Bestehen des Verleihgeschäfts zwei tödliche Unfälle bei Abfahrten mit Mountaincarts gegeben. Einer davon hatte sich 2019 am Heuberg bei Nußdorf ereignet, der andere in der Ostschweiz. Selbstverständlich würde das Unternehmen in derartigen Fällen den Hintergründen nachgehen, um zu klären, „was man den Verleihern vielleicht noch mitgeben könnte“. Insgesamt seien die Unfallzahlen aber äußerst gering, wie beispielsweise der Blick ins österreichische Skigebiet Montafon zeige: „Nach Angaben des dortigen Verleihers gibt es dort bei jährlich Tausenden Abfahrten weniger als zehn Unfälle.“

Andreas Jeßberger appelliert daher im Umgang mit den Mountaincarts an die Eigenverantwortung der Nutzer. „Ich habe beispielsweise schon mehrmals die Frage gehört, was denn passiere, wenn in der Kurve nicht gebremst wird“, kann Andreas Jeßnerger bei derartigen Fragen nur den Kopf schütteln. „Es gehört halt einfach dazu, dass ich vor einer Kurve bremse.“ Daher seien in der Regel immer „Leichtsinn und Übermut“ für brenzlige Situationen verantwortlich. Neuerdings beispielsweise Nutzer, die während der Fahrt Selfies machen. Jeßberger: „Dabei ist die Vorgabe ganz klar: Beide Hände gehören jederzeit an den Lenker.“

Doch was steckt hinter dem guten Ruf des Unternehmens, das mittlerweile am Standort im Gewerbepark Markfeld in Bad Aibling zwölf Mitarbeiter beschäftigt? Nach Einschätzung des Geschäftsführer-Duos sind es vor allem zwei Faktoren, die maßgeblich dazu beitragen. Zum einen die ausgeklügelte Technik, die das Produkt zu einem stabilen Gefährt mit langer Lebenszeit mache und unkompliziert gewartet und repariert werden könne. Beispiel Bremse: Hier setzt das Bad Aiblinger Unternehmen nicht auf schnell verschleißende Backenbremsen, sondern ein selbst entwickeltes hydraulisches Zweikreis-Scheibenbremssystem mit hoher Langlebigkeit. Schließlich könne der Verleiher „ja nicht alle paar Tage die Bremsen austauschen“, so Joachim Jeßberger.

Großteil der Produktion erfolgt in Bad Aibling

Der zweite Faktor für den großen Erfolg: Die Produktion inklusive der Einzelteile erfolgt fast ausschließlich durch das Unternehmen selbst. „Wir haben zeitweise Schritte auch bei Fremdunternehmen machen lassen, was aber unsere Ansprüche nicht erfüllt hat“, erklärt Andreas Jeßberger, der als Technik-Chef nach und nach Teile des Produktionsablaufs automatisiert hat und beispielsweise auf Roboter in der Produktion setzt. „Was aber nicht dazu geführt hat, dass wir weniger Personal benötigen“, sagt der 47-Jährige.

Aktuell kann das Unternehmen knapp 40 Mountaincarts in der Woche produzieren, im Jahr gehen die beiden Geschäftsführer von rund 1000 Modellen aus. Und der Preis? Der liegt bei einer gewerblichen Nutzung bei netto rund 2400 Euro, was allerdings auch von der gewünschten Ausstattung abhänge. Ein Preis, der sich aufgrund der Langlebigkeit aber schnell amotisiere. „Im gewerblichen Bereich sind immer noch Monuntaincarts unterwegs, die bereits 15 Jahre alt sind“, weiß Joachim Jeßberger und verweist darauf, dass es Stationen gäbe, an denen ein Cart „bis zu 800 Mal in einer Saison eine drei bis fünf Kilometer lange Strecke“ den Berg hinunterfahre.

Mit einem neuen Modell „back to the roots“

Ein Fahrspaß, der in Zukunft auch wieder mehr Privatnutzern schmackhaft gemacht werden soll. Denn das Unternehmen tüftelt derzeit an einem Mountaincart für den Privatgebrauch – also „back to the roots“, wie es Andreas Jeßberger formuliert. Ein Prototyp, der etwas leichter als die Verleihmodelle ist und zudem zusammengeklappt werden kann, ist bereits fertig. „Wir wollen beim Preis für den privaten Einsteiger zudem unter 2000 Euro bleiben“, lässt sich Alexander Jeßberger in die Karten blicken.

So soll das neue Projekt die Mountaincart GmbH in Bad Aibling weiter wachsen lassen und damit auch das Paradoxon manifestieren: Je häufiger und weiter es mit den Produkten des Brüder-Paares bergab geht, umso steiler geht die Erfolgskurve bergauf.

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