Kleinkind wurde in Klinik entdeckt
Zuletzt nicht bei den Eltern gelebt: Wer hat das Bad Aiblinger Findelkind zurückgelassen?
Nachdem am Wochenende (26./27. Oktober) ein eineinhalb-jähriges Kind in einer Bad Aiblinger Reha-Klinik zurückgelassen wurde, werden die Hintergründe der Familie beleuchtet. Überraschend: Der Bub lebte zuletzt nicht mehr bei den Eltern. Was das für die Aufklärung des Falles bedeutet.
Bad Aibling – Der Vorfall wirft weitere Fragen auf. Nachdem am vergangenen Wochenende ein eineinhalb Jahre altes Kind in einem Vorraum einer Bad Aiblinger Reha-Klinik alleine zurückgelassen aufgefunden worden ist, arbeiten die Behörden an der vollständigen Aufklärung. Zwar konnten die Eltern des Buben, der in einem Kinderwagen gelegen hatte, nach nur kurzer Zeit ausfindig gemacht werden. Wie das so schnell gelang und wer tatsächlich für das Zurücklassen des Kleinkindes verantwortlich ist, war bislang noch unklar.
Klar ist jedoch, und das mag wohl der einzig positive Aspekt dieser Familientragödie sein: „Der Bub hat geschlafen, als er in der Klinik gefunden wurde und er hat von all dem zum Glück nichts mitbekommen“, sagt ein Sprecher der Polizeiinspektion Bad Aibling im Nachgang gegenüber dem OVB. Vor Ort hatten Polizeibeamte feststellen können, dass das Kind im Zeitraum zwischen Samstagabend, 23 Uhr, und Sonntagmorgen, 6.10 Uhr, im innenliegenden Eingangsbereich des Klinikgebäudes abgestellt wurde.
Kind seit Mai nicht mehr bei den Eltern
Nachdem das Kind zunächst durch das Jugendamt in Obhut genommen wurde, ist es mittlerweile in einer Pflegefamilie untergebracht. Am Dienstag (29. Oktober) hatte das Landratsamt Rosenheim erklärt, dass das Jugendamt bereits „seit über einem Jahr intensiv in die Betreuung der Familie eingebunden“ war. Zudem habe man im Mai 2024 veranlasst, dass der Bub mit seiner neunjährigen Schwester „zur bestmöglichen Versorgung in die Obhut der Großmutter gegeben wurde“.
Da hier von einer verlässlichen und stabilen Versorgung ausgegangen wurde, sei mit der jüngsten Entwicklung nicht zu rechnen gewesen, so das Jugendamt. Doch noch sind einige Fragen ungeklärt. Zwar beleuchtet die Behörde laut Sabine Stelzmann, Leiterin des Jugendamtes, nun die Hintergründe, „die dazu geführt haben könnten, dass der kleine Junge in der Klink zurückgelassen wurde“. Doch bedeutet dies nun, dass womöglich nicht die Eltern, sondern die Großmutter oder eine andere Person für das Abstellen des Kinderwagens verantwortlich ist?
Wer hat das Kind zurückgelassen?
Auf erneute OVB-Anfrage erklärte Sibylle Gaßner-Nickl, Pressesprecherin des Landratsamtes Rosenheim, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar sei, wer das Kind tatsächlich in der Klinik zurückgelassen hat. „Wir arbeiten eng mit den Ermittlungsbehörden zusammen, die die Umstände genau prüfen“, so Gaßner-Nickl. Vorrangiges Ziel bleibe der Schutz und das Wohlergehen des Kindes. Klar sei aber auch: „Wir stellen gemeinsam sicher, dass alle relevanten Hintergründe umfassend geklärt werden“, sagt die Behördensprecherin.
Doch auch wenn die Familie für das Jugendamt nicht unbekannt war, stellt sich dennoch die Frage, warum die Eltern des Kleinkindes so schnell ermittelt werden konnten. „In Fällen, in denen Kinder zurückgelassen werden, arbeiten wir sehr eng mit den Ermittlungsbehörden zusammen, um die Eltern oder verantwortlichen Angehörigen ausfindig zu machen“, erklärt dazu Gaßner-Nickl, ohne ins Detail zu gehen. Diese Zusammenarbeit habe sich als sehr effektiv erwiesen – wie auch der aktuelle Fall zeige. Wie genau dabei vorgegangen wird, bleibt offen. Auch die Polizeiinspektion Bad Aibling wollte sich auf weitere OVB-Nachfragen dazu nicht äußern und verwies auf das federführende Jugendamt.
Geschwister bei Pflegefamilie
Aufgrund der aktuellen Entwicklung sind beide Geschwister gemeinsam in einer Pflegefamilie untergebracht. Sollte keiner der Familienangehörigen die Kinder ausreichend schützen können, werden sie dauerhaft von einer Pflegefamilie aufgenommen, teilt das Jugendamt mit.
Indes weckt der Bad Aiblinger Fall Erinnerungen an das Neugeborene, das im vergangenen Jahr in einem Rosenheimer Hinterhof, eingewickelt in eine Decke und einen Stoffbeutel, abgelegt wurde. Neun Monate später wurde am Rosenheimer Romed-Klinikum eine Babyklappe eröffnet. Allerdings ist unklar, ob diese bisher zum Einsatz kam. „Aufgrund des Datenschutzes ist eine Auskunft – ob oder wie oft die Babyklappe genutzt wurde – nicht möglich“, sagt Elisabeth Siebeneicher, Pressesprecherin der Romed-Kliniken.
In diesem Zusammenhang verweist sie gegenüber dem OVB auf die Möglichkeit der vertraulichen Geburt und die Beratungsstellen in Stadt und Landkreis Rosenheim.