„Lange haben wir da nicht überlegt“
Dornröschen wird wachgeküsst: Das planen die neuen Besitzer des Café Hotel Bihler in Bad Aibling
Auf diese Nachricht haben in Bad Aibling viele Menschen lange Jahre gewartet: In das altehrwürdige Parkcafé Hotel Bihler am Kurpark kehrt wieder Leben ein. Die neuen Besitzer sind keine Unbekannten in der Stadt und deren Gastroszene. Das planen die drei Geschwister.
Bad Aibling – Nicht nur älteren Aiblingern wurde jedes Mal das Herz schwer, wenn sie an dem immer noch schmucken Häuschen vorbeigingen, das wie im Dornröschenschlaf versunken direkt am Kurpark liegt. Die lauschige Terrasse, der große Garten, das Café – alles verwaist. Doch plötzlich hört man es hämmern, gehen Handwerker ein und aus, kommt Bewegung in das malerische Anwesen mit der gelb-grünen Fassade: Das Hotel Café Bihler hat neue Besitzer.
Es hat gerade zum ersten Mal in diesem Winter geschneit, die Sonne scheint auf die überdachte Terrasse, die Geschwister Lisa Goldbach, Janina und Jakob Tomschiczek nehmen sich im Trubel des Alltags eine Pause, sprechen über ihre Pläne für das Anwesen, das sich nun in ihrem Besitz befindet. Und das sie als Hotel Café weiterführen wollen.
Direkt geplant war diese Expanison dabei nicht, sagen die beiden Schwestern Lisa und Janina, die gemeinsam die florierende Cafelotte Bar in der Kirchzeile betreiben. Das Lokal, in dem die Tochter der im September verstorbenen Vorbesitzerin Helene Bihler auf sie zukam und ihnen das Hotel Café anbot – auch weil ihr das Konzept der Cafelotte Bar sehr gefallen habe. „Lange haben wir da nicht überlegt“, sagen die Geschwister. Rückblickend sehen sie es fast wie eine Fügung.
Mit ihren tatkräftigen Eltern Nik und Rosi Tomschiczek im Rücken und ihrem Bruder Jakob, der sich entschloss, ebenfalls in das Projekt miteinzusteigen, verwirklichen sie nun ihre Idee, das Haus und Grundstück wieder zum Leben zu erwecken. Die Belebung merkt man bereits. Von der Familie ist so gut wie immer jemand vor Ort auf der Baustelle an der Katharinenstraße zu sehen. Und umgebaut beziehungsweise renoviert wird derzeit kräftig.
Jakob ergänzt das Geschwisterteam perfekt, sagen Lisa und Janina, denn er bringt etwas mit, das dem Vorhaben extrem entgegenkommt: „Er ist handwerklich unglaublich begabt und kann vieles selber machen, und er hat gute Kontakte zu anderen Handwerkern.“
Aufgewachsen sind alle drei mit der Gastronomie, waren beim Kartoffelschälen genauso im Einsatz wie beim Spülen und vielen anderen Tätigkeiten: Die Eltern hatten ein eigenes Fischgeschäft in der Bahnhofstraße, haben später die Cafelotte Bar in der Kirchzeile eröffnet. Doch dass die Kinder einmal in den Familienbetrieb einsteigen, war erst einmal völlig offen. „Unsere Eltern haben uns Freiraum gegeben, jeder von uns konnte seinen eigenen Weg gehen“, blicken sie dankbar zurück.
Lisa Goldbach, heute 32, hatte zwar auch selbst immer das Ziel der Selbstständigkeit, studierte Gastronomiemanagement und Lebensmitteltechnologie, war viel in der Welt unterwegs. Doch die Entscheidung, „daheim in Bad Aibling“ die beruflichen Zelte aufzuschlagen, fiel erst vor ein paar Jahren.
Janina hingegen, die italienische Sprache und Kultur studierte, half in den Semesterferien gerne im elterlichen Geschäft mit. „ Dabei habe ich gemerkt, dass mir das viel mehr Spaß macht und ich habe gefragt, ob ich mit einsteigen kann.“ Und als ihre Schwester Jahre später mit der gleichen Frage auf sie zukam, habe sie sich sehr gefreut. „Wir haben gewusst, was Selbstständigkeit und Gastronomie bedeuten und haben uns bewusst dafür entschieden.“
Jetzt ist auch der Bruder an Bord
Gern mitgeholfen in der Cafelotte hat auch Jakob (25) in den vergangenen Jahren. Beruflich hatte er sich aber erst einmal als Land- und Baumaschinenmechatroniker wohlgefühlt und ebenso gerne im Kundensupport mit Menschen gearbeitet. Jetzt hat er seine Stellung gekündigt und stellt sich in der „Lotte“ schon auf die neuen Aufgaben ein. „Unsere Klientel ist sehr gemischt, von jung bis alt, vom Handwerker bis zum Künstler. Eine Mischung, die Spaß macht. Das erhoffen wir uns auch für das Hotel Café Bihler, für das wir ein ähnliches Konzept vorhaben“, sagen die Geschwister. Sie wollen dort am Kurpark einen Ort schaffen, an dem sich jedermann wohlfühlt.
Das tun sie selbst sogar jetzt in der kalten Jahreszeit – „bei einem Feierabendbier sitzen wir hier gerne auf der Terrasse bei einem kleinen Feuer“, sagt Jakob, der auch befreundete Handwerker gar nicht lange um Mitarbeit fragen musste: „Sie haben gesagt, wir sitzen sowie die nächsten Jahre hier bei euch, da ist es super, wenn wir hier auch unsere Arbeit machen.“
Dass die Vorfreude bei den Aiblingern groß ist, bekommen sie jeden Tag zu spüren, ob vor Ort auf der Baustelle, in der Cafelotte Bar oder online über den Instagram-Account. „Die Resonanz ist wirklich phantastisch“, sagt Jakob, der regelmäßig mit vorbeikommenden Leuten in Kontakt kommt, die sich nach den Plänen erkundigen. Viele erzählen dabei von früher, erinnern sich: „Wenn man ein besonderes Date hatte, hat man sein Madl mit ins Bihler genommen.“ Auch der Großvater war hier gern zu Gast. Der bekannte Maler Peter Tomschiczek hat seinen Enkeln ebenfalls viel von den früheren Zeiten berichtet, die die drei tatsächlich nur aus Erzählungen kennen: „All das macht wirklich Lust, das Bihler wiederzubeleben.“
Auch das Personal der Cafelotte sei schon voller Vorfreude auf das zweite Standbein am Kurpark. „Wir haben ganz, ganz tolle Mitarbeiter. Das ist wie Familie“, betonen die Tomschiczeks. Natürlich erfordere das neue Projekt auch weitere Kräfte – wobei man sich jetzt schon bewerben könne: „Wer sich jetzt meldet, kann auch schon mitgestalten.“
Ende Mai, Anfang Juni will die Familie so weit sein, dass das Parkcafé Hotel Bihler aufsperren kann und wieder das wird, wofür es einst so geschätzt war. Ein Ruhepol direkt in der Stadt und zugleich im Grünen, wo man das Wasser des Bachs rauschen hört, Menschen trifft und das Leben – und auch das ein oder andere Event – genießen kann.
Auch als Hotel soll das Bihler wieder betrieben werden. „Klein, aber fein“ soll es nach Willen der neuen Besitzer bleiben. Zunächst liege der Fokus auf der Gastronomie. Doch die sieben „mit viel Liebe eingerichteten“ Zimmer der „Villa Mina“ – so der frühere Name des historischen Gebäudes –, die die drei relativ unverändert belassen wollen, seien dann recht unkompliziert schnell bezugsfertig gemacht. Die weiteren Zimmer in dem zweiten Gebäude, die zuletzt noch als Garni betrieben worden waren, würden hingegen verpachtet.


