Vor 45 Jahren lief in Deutschland das letzte Exemplar vom Band
„Gehört zur Familie“: Was Ulrich Haupt aus Bad Aibling am VW Käfer so fasziniert
Das letzte Exemplar lief in Deutschland vor 45 Jahren vom Band – dennoch hat der VW Käfer in den vergangenen Jahrzehnten nichts von seiner Faszination eingebüßt. Wieso das so ist, verrät Käfer-Besitzer Ulrich Haupt aus Bad Aibling.
Bruckmühl/Bad Aibling – Er hat in der Regel gerade einmal 34 PS, wenig Komfort für Fahrer und Beifahrer und einen Kofferraum, der nicht nur nach heutigem Standard an der falschen Stelle sitzt, sondern der gefühlt nicht mehr Platz bietet, als das Handschuhfach moderner Fahrzeuge: Dennoch hat der VW Käfer, dessen letztes in Deutschland produziertes Exemplar am 19. Januar 1978 in Emden (Niedersachsen) vom Band gelaufen ist, bei Autoliebhabern nichts von seiner Faszination eingebüßt.
Eine Faszination, die auch Ulrich Haupt (66) aus Bad Aibling seit vielen Jahrzehnten fest im Griff hat. So besitzt der 66-Jährige nicht nur selbst ein knallgelbes Käfer-Cabriolet, sondern hat mit seinem Unternehmen „Hauptsache Oldtimer“ schon den ein oder anderen Käfer an neue Besitzer vermittelt. Welches Modell aus seiner Scheune bei Bruckmühl ihm dabei besonders im Gedächtnis geblieben ist, wie sich der Käfer als Rallye-Auto macht und wieso ihn die Neuauflage nicht wirklich überzeugen konnte, hat Haupt im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen verraten.
Vor 45 Jahren – am 19. Januar 1978 – ist im VW-Werk in Emden der letzte VW Käfer deutscher Produktion vom Band gelaufen. Können Sie sich an Ihre erste Fahrt in einem VW Käfer erinnern?
Ulrich Haupt: Ja, das kann ich noch sehr gut. Meine Eltern kauften sich 1955 ihren ersten Käfer. Und da ich Jahrgang 1956 bin, bin ich im Käfer groß geworden und liebte es als kleiner Junge im hinteren Kofferraum hinter der Rücksitzbank zu sitzen. Da spielte auch die Fahrzeit keine Rolle. Mein erstes eigenes Auto war 1974 ein VW T1 Bus und ab 1976 hatte ich auch immer einen Käfer. Mein jetziges gelbes Cabrio habe ich 1984 gekauft, bis dahin hatte ich drei andere Käfer, aber immer nur die geschlossene Version.
Was macht die Faszination des VW Käfer für Sie aus? Was verbinden Sie mit diesem Fahrzeug?
Haupt: Wenn Sie, wie ich, bis zu Ihrem ersten eigenen Fahrzeug immer einen Käfer im Haushalt hatten, dann gehört der Käfer zur Familie. Ich habe auf dem Wagen meiner Eltern mit 15 Jahren die ersten Fahrversuche auf Feldwegen gemacht und mein Fahrschulwagen war 1974 auch ein Käfer. Da ich vor dem Führerschein schon so viel Praxis auf dem Käfer hatte, benötigte ich lediglich die sechs Pflichtstunden, um meine Fahrprüfung ablegen zu können. Das ist eine sehr enge und mittlerweile über 50-jährige Beziehung, die einfach verbindet, wenn man, so wie ich es bin, ein Autonarr ist.
Ihr Unternehmen „Hauptsache Oldtimer“ hat schon einige Käfer-Modelle verkauft. Ist Ihnen ein Modell besonders in Erinnerung geblieben?
Haupt: Ja, ein weißer VW Käfer 1500. Da kam die jetzige Besitzerin in die Scheune und war sofort verliebt in das Fahrzeug. Sie hatte schon länger nach einem VW Käfer gesucht und bisher nicht das richtige Fahrzeug gefunden. Bei diesem Fahrzeug passte für sie alles: Preis, Zustand und Ausstattung, original Radio und „Schüsselchromradkappen“. Genau diese Situation möchte ich mit meinem Fahrzeugangebot erreichen, Emotionen beim Käufer und Besucher auszulösen.
Bewegte Geschichte des VW Käfer: Vom „Kraft durch Freude“-Wagen zur weltweiten Ikone
Im dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte geboren, avancierte der VW Käfer mit den Jahrzehnten zu einem der beliebtesten Automodelle weltweit. Ingenieur Ferdinand Porsche bekam 1934 den Auftrag, Adolf Hitlers Idee von einem massentauglichen Fahrzeug umzusetzen. Er entwickelte den „Kraft durch Freude“-Wagen, der zunächst aber nicht als Automobil fürs Volk, sondern als von Zwangsarbeitern produziertes Militärfahrzeug genutzt wurde.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Modell, das später liebevoll „Käfer“ genannt wurde, dann wirklich zum Volkswagen. Ab Dezember 1945 wurde das robuste Fahrzeug in Wolfsburg produziert – und wurde schließlich durch seinen vergleichsweise günstigen Preis zu einem der Verkaufsschlager im Wirtschaftswunder. Bereits 1955 lief in Wolfsburg schließlich der millionste Käfer vom Band.
Am 19. Januar 1978 rollte dann im niedersächsischen Emden, wo das Modell mittlerweile produziert wurde, der letzte VW Käfer aus deutscher Produktion vom Band, das letzte Modell überhaupt wurde 2003 in Mexiko produziert. Mit mehr als 21,5 Millionen Exemplaren gehört der VW Käfer zu den meistverkauften Automodellen der Geschichte.
Ende der 90er-Jahre versuchte sich Volkswagen dann mit den New Beetle an einer Neuauflage des Käfers. Doch der Erfolg blieb überschaubar. Die Produktion des New Beetle wurde schließlich 2019 eingestellt.
Ihren gelben VW Käfer lassen Sie derzeit komplett restaurieren. Was ist das Besondere an diesem Fahrzeug?
Haupt: Diesen Käfer habe ich mir zehn Jahre nach meinem Führerschein selbst geschenkt, es war immer mein Traumkäfer. Mein Vater war in den 70er-Jahren im Vertrieb für VW tätig und fuhr im Sommer immer einen Käfer Cabrio. So wurde es mein Wunschfahrzeug. Unser Cabrio ist, wie in meiner Kindheit, ein „Familienmitglied“ geworden. Ich habe fünf Kinder und alle sind mit diesem Auto groß geworden und fahren ihn heute mit großem Stolz selbst.
Mit diesem Modell wollen Sie auch wieder an Rallyes teilnehmen. Wieso gerade mit einem VW Käfer?
Haupt: Ein Käfer ist kein „Neidfahrzeug“. Bei allen Rallyes erlebe ich lachende Gesichter und viele Zuschauer erzählen mir während der Pausen von ihrem „Käfererlebnis“. Allein diese Treffen machen es interessant und spannend mit dem Käfer zu starten. Außerdem ist er ein kleiner Wolf im Schafspelz, denn er ist leistungsgesteigert und hat einen satten Motorsound, der immer wieder von den Zuschauern bei den Rallyes gefeiert wird.
Gefühlt gab und gibt es immer ein gewisses Konkurrenzdenken zwischen Käfer- und Entenfans. Haben Sie das auch wahrgenommen? Was hat der Käfer der Ente voraus?
Haupt: Ja, da ist prinzipiell richtig. Ich mag aber beide Autos, denn als Student konnte ich mir kein Käfer Cabrio leisten, also habe ich mir zu meinem Käfer im Sommer vier Jahre lang eine Ente gegönnt, bis ich mir dann meinen gelben Käfer gekauft habe. Der wesentliche Vorteil ist die bessere Leistung und die Qualität der Verarbeitung. Beide Fahrzeuge waren in meiner Jugend die klassischen Studentenfahrzeuge und hatten ihre Fangemeinde. Auf langen Strecken hatte der Käfer klare Vorteile. Ich habe 1981 eine sechswöchige Reise nach Griechenland mit meinem Käfer gemacht. Das hätte ich mit der Ente nicht getan, dafür ist sie einfach zu leistungsschwach gewesen.
Mit dem VW Beetle hat Volkswagen den Versuch einer Neuauflage des VW Käfer unternommen. Ist dieser Versuch Ihrer Meinung nach geglückt?
Haupt: Nur bedingt, die erste Serie war mir persönlich viel zu „rund“ und hat mich gar nicht angesprochen. Das hat sich mit der zweiten Serie geändert. Da entsprach die Silhouette wieder deutlich mehr dem Original. Es ist allerdings kein Fahrzeug, das ich mir jemals kaufen würde. Der Beetle wurde in neun Jahren Produktionszeit etwa 575.000-mal gebaut, was nicht für einen Erfolg spricht. Etwa gleich viele Fahrzeuge wurden seit 2007 vom neuen Fiat 500 allein in Deutschland zugelassen.