Was Radfahrer wissen sollten
Nach vier Wochen verschwunden: Darf die Stadt Bad Aibling mein „Schrottrad“ einfach knacken?
Muss ich damit rechnen, dass mein Fahrrad am Aiblinger Bahnhof einfach entfernt wird, wenn es über mehrere Wochen ungenutzt dort steht? Eine Frage, mit der sich jetzt OVB-Reporter Nicolas Bettinger konfrontiert sah. Welche Antworten er seitens der Stadt bekam.
Bad Aibling – Zugegeben, es ist nochmal gut ausgegangen. Als ich nach ein paar Wochen aus dem Urlaub zurückkehrte und mein Fahrrad vom Bahnhof abholte, staunte ich trotzdem nicht schlecht. Denn wäre ich erst einige Tage später gekommen, wäre mein Fahrrad, das an einem der überdachten Stellplätze am Bahnhofsvorplatz angeschlossen war, aufgeknackt und entfernt worden – und das im Auftrag der Stadt.
Denn eine am Rad angebrachte Banderole mit der Aufschrift „Fahrradentfernung“ wies mich kürzlich daraufhin, dass mein Fortbewegungsmittel vier Wochen nach der Markierung entfernt werde. Betroffen davon seien „nicht mehr genutzte und damit mutmaßlich aufgegebene“ Exemplare, heißt es auf dem Papierstück. Noch mal Glück gehabt, dachte ich mir. Schließlich wird mein Fahrrad regelmäßig genutzt und wurde deshalb keinesfalls aufgegeben. Doch stellt sich die Frage, wie die Stadt hier überhaupt zu dieser Annahme kommt und was es grundsätzlich mit der Fahrradentfernung auf sich hat.
Stadt will allen Radlern ausreichend Stellplätze bieten
Klar ist: Wer sich genauer informiert, weiß spätestens durch eine an den Bahnhofsstellplätzen angebrachte Hinweistafel über die „Entfernungs-Regelung“ Bescheid. Demnach wolle die Stadt Bad Aibling allen Radlern ein ausreichendes Angebot an Fahrradstellplätzen bereitstellen. „Leider“, heißt es seitens der Stadt weiter, würden viele Radständer durch sogenannte „Schrottfahrräder“ oder Räder, die nachweislich über einen längeren Zeitraum dort abgestellt wurden, blockiert. Aus diesem Grund greife die Stadt regelmäßig zu dieser Maßnahme.
Bei den beschriebenen Exemplaren sei davon auszugehen, dass sie nicht mehr genutzt oder vielmehr „aufgegeben“ wurden. Nach besagten vier Wochen würden die Räder dann kostenpflichtig entfernt werden. „Schrotträder werden zwei Monate beziehungsweise aufgegebene Fahrräder sechs Monate gelagert und stehen zur Abholung bereit“, erklärt die Stadt. Nicht abgeholte Fahrräder werden anschließend verwertet.
Was passiert mit den „Schrotträdern“?
In der Theorie sind die Regeln also klar kommuniziert. Doch wie können die städtischen Mitarbeiter bewerten, wann es sich tatsächlich um ein aufgegebenes oder gar ein „Schrottfahrrad“ handelt? In meinem Fall traf jedenfalls beides, zumindest in meinen Augen, nicht zu. Außerdem wurde laut angegebenem Datum die Banderole nur wenige Tage, nachdem ich das Fahrrad zuletzt bewegt hatte, angebracht.
Eine OVB-Nachfrage ergab nun, dass jährlich 40 bis 65 solcher Fahrräder entfernt werden, wie der Bad Aiblinger Bauhof mitteilt. „Die Fahrräder werden von den Besitzern nur in seltenen Fällen wieder abgeholt. Sonst werden sie – je nach Zustand – verschrottet oder an den AMC für deren Flohmarkt übergeben“, erklärt Franziska Vogl, Pressesprecherin der Stadt.
Aktion immer in den Sommerferien
Aktuell ist das Thema derzeit deshalb, weil einmal jährlich in den Sommerferien die sogenannte „Fahrrad-Tour“ des Bauhofs stattfindet. Dabei bekommen die betroffenen Fahrräder zunächst den besagten Aufkleber mit einem Hinweis. Die Entfernung findet dann vier Wochen später in Zusammenarbeit mit der Polizei statt, so Vogl. Auch werde vor einer Entfernung innerhalb der vier Wochen kontrolliert, ob es sich nicht um einen „Dauerparker“ handelt, der das Fahrrad womöglich immer am gleichen Ort abstellt. Denn: „Fahrräder, die zwischendurch bewegt wurden, werden natürlich nicht entfernt“, gibt Vogl Entwarnung.
Unabhängig von der jährlichen Kontrolle durch Mitarbeiter des Bauhofs werden laut Stadt nur offensichtliche „Schrotträder“ entfernt. Um ein solches handelt es sich aus Sicht der Kommune dann, „wenn offensichtlich keine Fahrtüchtigkeit mehr gegeben ist“, womit nicht einfach nur ein fehlendes Vorderlicht gemeint sei, betont Vogl.
Stadt will kommendes Jahr über Aktion aufklären
Doch ist es überhaupt erlaubt, das eigene Fahrrad über mehrere Wochen an einem der öffentlichen Stellplätze am Bahnhof abzustellen? Laut der Pressesprecherin gebe es am Bahnhof kein Verbot, sein Fahrrad abzustellen, auch nicht für einen längeren Zeitraum. „Beispielsweise sollen auch Personen, die mit dem Zug verreisen, ihr Fahrrad am Bahnhof parken können.“
Wer jedoch beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen für zwei Monate sein dort angeschlossenes Fahrrad nicht abholen kann, dem werde geraten, eine dritte Person zu bitten, das Fahrrad abzuholen. „Vordergründig, damit es nicht geklaut wird“, ergänzt Vogl. Im nächsten Jahr sei aber ohnehin geplant, dass die Stadt vor der Kontrolle in den Sommerferien einen Aufruf über die Medien startet und die geplante Aktion den Bürgern vorab erklärt.
Was passiert mit „Schrottautos“?
Wer sein Fahrrad also derzeit seit geraumer Zeit am Bahnhof deponiert hat, sollte zur Sicherheit prüfen, ob es womöglich mit einer Banderole versehen wurde. Sollte es dann unerwartet tatsächlich bereits entfernt worden sein, können sich Betroffene an den Aiblinger Bauhof unter der Telefonnummer 08061 4901 510 oder per Mail an bauhof@bad-aibling.de wenden.
Im Übrigen verhält es sich bei den Fahrrädern etwas anders als mit Autos, die in Bad Aibling länger stehen bleiben. Wie die Abteilung für Verkehrsrecht auf OVB-Nachfrage mitteilt, greift die Stadt etwa bei einem Auto, das mit gültiger Zulassung auf einem gebührenfreien Parkplatz steht, gar nicht ein. Die Stadt reagiere nur dann, wenn am Auto entweder die Kennzeichen fehlen, es sich um ein „Schrottfahrzeug“ handelt oder die Plakette unkenntlich gemacht wurde. Doch auch hier werden zunächst Hinweise am Fahrzeug angebracht, bevor das weitere Vorgehen geklärt wird.

