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Bilanz nach Kammerjäger-Aktion in Bad Aibling 

Da lachen ja die Krähen – und nicht nur Bad Aiblings Kurdirektor ist stinksauer

Waren die vorher schon da? Auch die Saatkrähen-Nester rund um die Kurpark-Voliere wurden bei der Erhebung mit erfasst.
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Waren die vorher schon da? Auch die Saatkrähen-Nester rund um die Kurpark-Voliere wurden bei der Erhebung mit erfasst.

Ausnahmegenehmigung, Drohneneinsatz, Kammerjäger und Schutzanzug: Hat sich der große Aufwand zur Vergrämung der immer weiter steigenden Anzahl von Krähen im Kurpark gelohnt? Das ist die Bilanz zwei Wochen später.

Bad Aibling – „Die Vergrämungsaktion war mehr als erfolglos.“ Mit diesen knappen Worten fasst Ordnungsamtsleiter Martin Haas das Ergebnis des Versuchs zusammen, der Saatkrähen-Scharen im Aiblinger Kurpark Herr zu werden. Denn bei der jüngsten ornithologischen Begleituntersuchung zeigt sich: Zwei Wochen, nachdem die Nester nach Erhalt der Ausnahmegenehmigung der Regierung von Oberbayern von den Bäumen geholt worden sind, sind im Stadtgebiet 104 neue Brutstätten entstanden. 23 davon allein im Kurpark.

Dort stieg die Zahl innerhalb dieses Zeitraums von 131 auf 154 Nester. Dabei wurden im November 2022 zuletzt „bloß“ 51 gezählt. Am Wilhelm-Leibl-Platz, an dem im November noch gar kein Nest dokumentiert war, sind es nun fünf – zwei mehr als am 23. März 2023.

 „Es ist eine Eskalationsstufe des Wahnsinns, so kann es nicht bleiben. Statt einer Ruhezone im inneren Kurpark haben wir eine Lärmkulisse sondersgleichen. Und alles ist voller Vogelkot.

Kurdirektor Thomas Jahn

„Die ganze Mühe war vergebens“, sagt ein niedergeschlagener Thomas Jahn. „Die Situation ist für den inneren Kurpark außerordentlich bedenklich, um nicht zu sagen katastrophal“, klagt der Kurdirektor angesichts des Lärms und des Drecks. Und wettert: „Es ist eine Eskalationsstufe des Wahnsinns, so kann es nicht bleiben. Statt einer Ruhezone im inneren Kurpark haben wir eine Lärmkulisse sondersgleichen. Und alles ist voller Vogelkot.“

An der Eichendorffstraße hat sich die Zahl der Nester innerhalb von zwei Wochen von neun auf 18 verdoppelt. Im November 2022 waren es sechs. In der Madau stieg die Zahl von 19 auf 29 (November 2022: 16), in Harthausen von 13 auf 23 (November 2022: 2). Und jetzt sind auch noch fünf weitere „Niederlassungen“ aufgetaucht.

Besonders heftig schaut es nach der ornithologischen Begleituntersuchung südlichöstlich der Therme aus: Während das eine Saatkrähennest von der Kampenwandstraße in der Dokumentation vom 13. April nicht mehr auftaucht, sind am Tannenweg plötzlich 27 neue Brutstätten verzeichnet. Auch an der Meggendorfer Straße gibt es neun Nester, die vorher nicht dokumentiert waren. Von Null nach oben ging es zudem an der Bahnhofstraße (6), an der Sonnenstraße (9) und an der Walterstraße (2).

In 3 Fällen keine Verschlechterung

An drei Standorten war ein leichter Rückgang beziehungsweise „Gleichstand“ zu verzeichnen. So war es bei der jüngsten Begehung an der Willinger Straße am Triftbach ein Nest weniger als zwei Wochen zuvor, nämlich „nur“ noch 15 Brutstätten (November 2022: 14). Am Hofberg wurden zuletzt fünf Nester gezählt, im März waren es noch sechs, im November 2022 null. An der Hofmühlstraße blieb der Bestand von einem Nest (November 2022: 5) unverändert.

Alles in allem war die Vergrämungsaktion also mehr als ein Schlag ins Wasser. Was viele der Akteure ohnehin befürchtet hatten. So, wie es auch Martin Haas auf den Punkt bringt: „Der Bestand wird ja im Endeffekt nicht weniger, das Ganze dreht sich mehr oder weniger im Kreis, solange das Jagdrecht nicht geändert wird.“ Dabei will er die Zunahme an Brutstätten nicht zwangsläufig auf die Vergrämungsaktion zurückführen.

Flucht gemeinsam mit den Rabenkrähen

Auch in anderen Kommunen fänden teilweise Maßnahmen statt, die die Tiere vertreiben. Sei es durch große Baugebiete und Abholzungen von Bäumen oder auch durch private Vergrämungsmaßnahmen, von der die Stadt aber in der Regel nichts erfahre. Zumal, wenn sich diese – erlaubterweise – gegen Rabenkrähen richten. Diese stehen im Gegensatz zu den Saatkrähen nicht unter Schutz. Würden die Rabenkrähen vergrämt, suchten auch die Saatkrähen gleich mit das Weite.

Die Saatkrähe gehört nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu den besonders geschützten europäischen Vogelarten. Dr. Andreas Lindeiner, Fachbeauftragter des Bayerischen Landesbunds für Vogelschutz (LBV) hatte Vergrämungsaktionen gegenüber den OVB Heimatzeitungen bereits sinnbildlich mit dem „Austreiben des Teufels mit dem Beelzebub“ verglichen: Letztlich siedelten sich die Tiere an anderer Stelle an oder bildeten Splittersiedlungen.

Saatkrähen sind besonders geschützt

Die Saatkrähe unterliegt als in Europa heimische, wildlebende Vogelart sowohl europäischem als auch bundesdeutschem Naturschutzrecht. Sie ist besonders geschützt und unterliegt somit auch nicht dem Jagdrecht. Das bedeutet, dass weder die Vögel getötet noch ihre Nester zerstört werden dürfen. Erst vor wenigen Wochen hat der Deutsche Bundesrat einen Antrag der Bayerischen Landesregierung abgelehnt, den Schutzstatus herabzusetzen und die Saatkrähe in die Liste der jagdbaren Arten aufzunehmen.

Dass sich die Saatkrähe immer mehr in bewohnten Gebieten ansiedelt, wird darauf zurückgeführt, dass ihre natürlichen Lebensräume durch Versiegelung der Landschaft immer mehr verschwinden und zudem das Nahrungsangebot in Form der Wohlstandsabfälle der Städte groß und leicht zu erreichen ist. Dem LBV zufolge müssten die Bedingungen für die Tiere außerhalb der Städte verbessert sowie innerorts so weit verschlechtert werden, dass sich dort nicht mehr so viele Paare ansiedeln. Im Elsass etwa würden die Krähenkolonien in Alleen brüten und niemanden mit Lärm oder Dreck stören.

Wie geht es jetzt weiter?

Wie es nun in Bad Aibling weitergeht? Zunächst einmal werden die Krähen in der Kurstadt brüten und ihre Jungen in Ruhe aufziehen. Zwischen Mitte März bis Ende April legt das Weibchen zwei bis sechs Eier, aus denen 16 bis 18 Tage später die Küken schlüpfen. Flügge werden diese nach rund 30 Tagen. Danach schließen sie sich zu Jugendschwärmen zusammen.

Der Verwaltung zufolge will die Stadt einen runden Tisch mit Ansprechpartnern aus den betroffenen Gebieten einberufen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Dringendsten Handlungsbedarf meldet natürlich auch die Aib-Kur an. „Es braucht dringend eine wirksame Lösung. Ich selber habe auch keine parat, da müssen Fachleute ran“, fordert der Kurdirektor.

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