Teils seit Jahren keine Bewerber
Es drohen Schließungen: Wie sehr Priener Traditionsbetriebe unter Personalmangel leiden
Selbst Traditionsbetriebe finden häufig – zum Teil seit Jahren – keine Mitarbeiter und müssen deshalb zu viel alleine machen. Doch das geht meist nur eine kurze Zeit lang gut. In der Folge müssen oft genug die Geschäftszeiten stark eingeschränkt werden. Sogar Schließungen sind nicht ausgeschlossen.
Prien – Die Metzgerei Moritz aus Prien sucht Mitarbeiter – händeringend. Aber: „Wir finden einfach kein Verkaufspersonal mehr“, erläutert Bettina Moritz (40 Jahre) die Lage. Seit zwei bis drei Jahren gehe das bereits so. Deshalb bleibt die Metzgerei, die bereits seit 53 Jahren besteht, nun dienstags und mittwochs komplett geschlossen.
„Freitags ist es besonders schlimm“
Vier Verkäuferinnen arbeiten aktuell im Verkauf, zwei davon in Vollzeit, doch das reiche einfach nicht. „Freitags ist es besonders schlimm, weil wir in Prien auch noch Verkaufsmarkt machen, wo zwei Mitarbeiter sind“, schildert Moritz die Lage. Die bestehenden Verkäuferinnen würden zwar gerne bleiben, sind jedoch bereits über 60 Jahre alt. „Wir wollen unsere Verkäuferinnen nicht überstrapazieren. Und irgendwann werden sie wohl in Rente gehen.“
Entsprechend skeptisch schaut Moritz in die Zukunft: „Wenn wir niemand neuen im Verkauf finden, werden wir wohl schließen müssen. Denn alleine kann man das nicht stemmen.“ Auf die Frage, woran es liegen könnte, dass sie niemanden für den Verkauf findet, erwidert Moritz: „Da geht‘s ja schon in den Berufsschulen los. Keiner will mehr Metzgereichfachverkäufer werden.“ Die Leute würden nach wie vor gerne Fleisch essen, doch verkaufen wolle es keiner.
Situation wirtschaftlich nicht tragbar
Vor ähnlichen Problemen steht die Bäckerei Obermaier aus Bernau – wenn auch aus anderen Gründen. Die Bäckerei besteht bereits seit 1903. Geöffnet hat sie aktuell nur noch von Donnerstag bis Sonntag. Und auch das wird sich bald ändern.
„Wir haben jetzt nicht drei Tage die Woche geschlossen, weil wir nicht arbeiten wollen, sondern weil wir einfach nicht können“, erläutert Petra Obermaier (59 Jahre) die Hintergründe und führt fort: „Wirtschaftlich ist die aktuelle Situation nicht tragbar. Eine Bäckerei gehört sieben Tage die Woche auf, mit Café von sechs Uhr früh bis sechs Uhr abends.“ Möglich sei der Weiterbestand des Betriebs vor allem noch deshalb, weil das Haus, in dem sich die Bäckerei befindet, in Familieneigentum ist.
Wo sind die ganzen Leute?
Den Mangel an Verkaufspersonal führt Obermaier vor allem auf Corona zurück. Da sei sie sich ganz sicher. „Es war ja Lockdown, und wir haben reduziert.“ Sie habe aber nicht entlassen, sondern Kurzarbeit angemeldet. Doch die Angestellten seien dann teils selbst gegangen – und nicht mehr wiedergekommen.
Und nun tritt sogar der schlimmste Fall ein. Da Petra Obermaier bald für eine Zeit lang ausfällt, schließt die Bäckerei Ende Oktober komplett – zumindest für viele Wochen.
Dr. Herbert Reuther, Vorsitzender des Gewerbevereins „PrienPartner“, kennt die Problematik seit Jahren – und hat doch keine eindeutige Erklärung: „Man versteht das Ganze nicht. Auf der einen Seite ist die Arbeitslosenquote gesunken, und auf der anderen Seite gibt es einen Mangel. Wo sind die ganzen Leute?“
Dieses Phänomen sei auch nicht begrenzt auf bestimmte Bereiche. In der Gastronomie würde der Personalmangel zwar besonders gut sichtbar, weil man „nichts zum Essen bekommt“, betroffen seien aber auch viele andere Branchen. „Arztpraxen, Steuerberater, Rechtsanwaltskanzleien … überall wo man hinschaut, herrscht Personal- und Fachkräftemangel.“
Überall herrscht Fachkräftemangel
Einen Grund könnte sich Reuther vorstellen: „Vielleicht hat sich die Einstellung zur Arbeit grundlegend geändert.“ Man höre immer öfter von der Work-Life-Balance. Manchen gehe es nur ums Geld und das teils mit unrealistischen Vorstellungen.
Weniger gefragt sei, so Reuthers Eindruck, der Wunsch, Verantwortung zu übernehmen. Ändern müsse sich aber auch die Einstellung einiger Betriebe, stellt Reuther klar. Obwohl für viele Ausbildungen ein Mittelschulabschluss als Qualifikation reichen würde, heiße es mancherorts: „Aus der Hauptschule nehmen wir eh keinen.“