Experten äußern sich zur Gefahr
Tigermücke bei Rosenheim entdeckt: Viren-Schleuder oder harmloses Insekt?
Kleine Ursache, große Verunsicherung: Die Asiatische Tigermücke breitet sich aus. Auch in die Region Rosenheim ist sie mittlerweile vorgedrungen. Und sie droht, Krankheiten zu verbreiten. Wie gefährlich ist die Mücke wirklich?
Rosenheim – Die Asiatische Tigermücke breitet sich aus, vom Westen Deutschlands in Richtung Osten. Auch in die Region Rosenheim ist sie schon vorgedrungen. Ob nur als Gast oder als dauernder Siedler, soll nach den Worten von Gesundheitsamtschef Dr. Wolfgang Hierl ein Monitoring klären. „Wir wollen feststellen, ob es sich bei den im Inntal entdeckten Tigermücken um eine stabile, überwinterungsfähige Population im Landkreis Rosenheim handelt.“ Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) werde darüber hinaus noch an einer weiteren Stelle im Inntal ein Monitoring veranlassen.
Zur Vorsicht besteht ein guter Grund. In ihren Herkunftsländern ist die Tigermücke dafür bekannt, schwere Krankheiten zu verbreiten. Dazu zählt das Dengue-Fieber, das Symptome wie bei einer schweren Grippe hervorrufen kann. Es kann auch tödlich enden, Kinder sind stärker gefährdet als Erwachsene.
Tigermücke als Virenschleuder
Laut Robert-Koch-Institut ist das Dengue-Virus das „weltweit am häufigsten durch Stechmücken auf den Menschen übertragene Virus“. In Deutschland durfte man sich bisher aber wenigstens vor der Stechmücke einigermaßen sicher fühlen: 99 von 100 in Europa gemeldeten Fällen sind Reisende, die aus Gegenden zurückkehren, in denen das Virus schon seit längerem registriert wird, also tropische und subtropische Regionen.
Das gilt auch für die Region Rosenheim. In den vergangenen Jahren registrierte man vereinzelt Fälle, mit der Höchstzahl von neun Fällen im Jahr 2019. „Sämtliche Fälle waren im Ausland erworben worden“, sagt Hierl.
Reisen und Klimawandel fördern Ausbreitung
Dass es dabei bleibt, kann niemand garantieren. Zumal Globalisierung und Klimaerwärmung zusammenwirken. So hat der als sehr anpassungsfähig geltende Eindringling die Möglichkeit, sich auch in Deutschland festzusetzen. 2007 wurden Tigermücken hierzulande erstmals nachgewiesen. Und in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten etablierte sie sich, von Westen her vordringend. Auch in der Region Rosenheim scheint sie auf dem Vormarsch. Vor gut einem Jahrzehnt war der zwei bis zehn Milimeter große Blutsauger erstmals in der Region festgestellt worden, nun sind an einem „Standort im Inntal“, nahe der A93, erneut Exemplare mit Ei-Ablagen und Larven entdeckt worden.
Tigermücke: Lästig und im Extremfall gefährlich
Welches Risiko stellt die Tigermücke hierzulande dar? Sie gilt als sehr stechlustig, und das auch tagsüber, und damit als außerordentlich lästig. Die Gefahr, dass dabei Erreger übertragen werden, bezeichnet das Landesamt für Gesundheit in Erlangen in einer Antwort auf OVB-Anfragen als überschaubar – noch! Erkrankungen durch Stechmücken seien in Mitteleuropa noch selten, ihre Zahl nehme jedoch zu. Dank wärmeren Sommern mit heftigen Regengüssen breite sich die Tigermücke aus, „wodurch sich das derzeit abstrakte Infektionsrisiko in Zukunft erhöhen könnte“.
Dengue-Fieber: Am Gardasee gab‘s Ausbrüche
In Mittelmeerländern wie Italien und Griechenland ist das Problem bereits länger bekannt. Am Gardasee kam es im vergangenen Herbst zu Ausbrüchen von Dengue-Fieber. Laut Europäischer Seuchenbehörde ECDC hatten die Patienten den Erreger „lokal erworben“, sie waren also bereits durch den Stich heimischer Tigermücken infiziert worden. Vom Gardasee aus ist es über Eisenbahn und Autobahn nur noch ein kurzer Weg bis zum Verkehrsknotenpunkt Rosenheim: Die Tigermücke wird nicht zuletzt durch Reisende verbreitet.
Ein Bazillus killt die Tigermücke
Gegen die Plagegeister setzen andere Städte auf das Bakterium Bacillus thuringiensis israelensis, kurz BTI. Es dient der Bekämpfung von Larven. Haustiere, Bienen und andere Insekten sollen durch den Einsatz nicht zu Schaden kommen, betont unter anderem die in Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg beheimatete „Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage“.
Soweit will man im Landkreis Rosenheim vorerst nicht gehen, zuerst stehe Beobachtung an. Aktuell müsse man sich keine Sorgen machen, sagt Hierl. Dennoch sollten die Tigermücken-Nachweise im Landkreis Rosenheim Anlass sein, um durch „gezielte Maßnahmen“ eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
Tigermücken: So können Sie sich schützen
Die Menschen in der Region können dem Gesundheitsamt schon vorher helfen. Die Tigermücke ist laut LGL zur Vermehrung auf stehende Gewässer angewiesen. Damit sind nicht nur Pfützen gemeint, sondern auch Untersetzer, Vasen, Vogeltränken oder verstopfte Dachrinnen. Behälter sollen möglichst regelmäßig geleert werden, Regentonnen mit feinmaschigen Netzen abgedeckt werden. Ferner helfen handelsübliche Mückenschutzmittel und Insektenschutzgitter an Fenster und Türen.
Rosenheim: Auch als Mückenzähler kann man helfen
Auch als Mückenzähler hilft man den Behörden. Auffällige Exemplare von Mücken kann man zur genaueren Einordnung an das Landesamt für Gesundheit oder an den „Mückenatlas“ senden. „Hiermit leisten Sie einen wichtigen Beitrag zum Mücken-Monitoring“, heißt es in einem Aufruf des Landratsamtes.
Allein, ein Auge haben die Gesundheitsbehörden auch auf einheimische Mücken. Auch die können Viren übertragen, die „in seltenen Fällen zu einer schweren Erkrankung“ können, wie es in einer Online-Publikation des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin heißt.