Strecke der Chiemgaubahn unterspült
„Eine absolute Zumutung“: Schienenersatz-Verkehr von und nach Aschau völlig unzureichend
„Zehnjährige stehen in der Prärie – und das kümmert keinen!“: Simon Frank, Bürgermeister von Aschau im Chiemgau, neigt nicht zum Poltern. Doch der erneute Ausfall der Chiemgau-Bahn nach Prien und der Umgang damit sorgen bei ihm für Blutdruck.
Aschau im Chiemgau – Die Chiemgaubahn zwischen Prien und Aschau fährt wieder nicht. Zumindest bis Ende des Monats. So steht es auf der Internetseite der Südostbayernbahn. Dort ist auch ein Fahrplan des Schienenersatzverkehrs zu finden. Für die Zeit ab dem 1. Oktober: Kein Wort.
„Ich weiß auch nur, dass die Bahn bis 30. September nicht fährt“, sagt Simon Frank. Dass sie schon seit Montag nicht fährt, das berichtete gleich in der Früh seine Älteste, Gymnasiastin in Prien. Der riet er, nachdem die Tochter lange auf den Zug gewartet hatte, heimzuradeln. Sein Anruf bei der Bahn: „Die wussten von nichts, wunderten sich, dass kein Zug fährt“, berichtet er. Zwei Tage zuvor hatte der Regen die Gleise an der gleichen Stelle unterspült, wie schon Anfang Juni: zwischen Vachendorf und Urschalling.
Also Schienenersatzverkehr (SEV). Mit dem waren die Aschauer schon nach dem Juni-Hochwasser nicht wirklich glücklich. Das größte Problem: Es finden nicht genug Fahrgäste Platz. „Für Schüler ist es eine absolute Zumutung“, sagt Frank. 200 Kinder und Jugendliche seien es ungefähr, die zu den weiterführenden Schulen nach Prien müssen. Pendler kommen noch dazu. Da werden die Plätze knapp. Der Zug von und nach Prien ist zwar kurz, hat aber deutlich mehr Plätze als ein Bus.
Der Stärkere fährt
Denn an den ersten Tagen fuhr nur jeweils ein Bus. Oder auch keiner. Oder ein Großraumtaxi. „Die, die nicht mitkamen, gehen dann halt im Dorf spazieren“, berichtet der Bürgermeister. Meist jüngere Mädchen, hat er festgestellt, die gegen die größeren Buben und die Erwachsenen den Kürzeren gezogen haben. Frank wundert sich angesichts dessen, dass nicht von den Schulen in Prien mehr Druck auf die Bahn kommt.
Simon Frank weiß durch seine Frau, bei der das Handy ständig Laut gibt, von WhatsApp-Gruppen, die permanent Elterntaxis in Bewegung setzen. „Die packen zum Teil auch wildfremde Kinder ein, die sie entlang des Weges treffen“, berichtet der Bürgermeister. „Eigentlich bringt man Kindern ja bei, nicht zu Fremden ins Auto zu steigen...“
Von der Bahn hieß es auf Nachfrage nur, ein SEV sei eingerichtet, der Fahrplan hing an. „Sensationell“, kommentiert Frank diese Aussage sarkastisch. Eine weitere Nachfrage der OVB-Redaktion bei der Bahn erbrachte dann etwas mehr: Seit heute, 20. September, werden auf der Strecke mehr Busse eingesetzt. Im Schülerverkehr verkehren zwei Busse gleichzeitig. Für die Sachranger Kinder stünden zwei VW-Busse um 6.30 Uhr in Aschau bereit, um sie nach Prien zu fahren. Für die Mittelschüler stehe um 7.08 Uhr in Aschau ein Großraumtaxi bereit.
Während Frank im Juni und in den ersten Tagen dieser Woche schier am Verzweifeln war, wenn er oder seine Rathaus-Mitarbeiter – drei sind mit der Angelegenheit immer wieder beschäftigt – Informationen oder Lösungen von der Bahn wollte, hat er jetzt bei der DB Regio Netzverkehr „eine kompetente Ansprechpartnerin, die sich kümmert.“ Alle Hürden beseitigen kann aber auch die nicht.
Busse brauchen dreimal so lange
Denn auf der Rückfahrt von Prien nach Aschau macht sich der zweite Knackpunkt des SEV für Schulkinder besonders bemerkbar: Die Busse brauchen fast dreimal so lange für die zehn Kilometer, wie der Zug. „Da ist der Linienbus nach Sachrang längst weg.“ Dann heißt es warten bis 16.20 Uhr – sollte es kein (Groß)Elterntaxi geben. Berufspendlern nach Rosenheim oder München geht es ähnlich: Sie verpassen reihenweise die Anschlüsse. Morgens und Abends.
