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Kunststoffkügelchen im See

Ameranger Umweltskandal: Warum der Grundstücksbesitzer trotzdem an seiner Klage festhält

Werden immer wieder angeschwemmt: Bunte Kunststoff-Kugeln.
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Werden immer wieder angeschwemmt: Bunte Kunststoff-Kugeln.

Wer ist schuld an den Kunststoff-Kügelchen im Ameranger See? Für das Wasserwirtschaftsamt scheint die Firma Dürrbeck die Verursacherin zu sein. Grundstücksbesitzer Ortholf von Crailsheim hält aber an der Klage gegen die Firma Profol fest. Wen er für den eigentlichen Gegner hält? Keine der Firmen, sondern einen anderen.

Amerang – Der Ameranger See ist verunreinigt. Seit mindestens 2007 werden hier immer wieder Kunststoff-Kügelchen gefunden. Lange wurde gerätselt, wer dafür verantwortlich sein könnte. Inzwischen scheint zumindest für das Wasserwirtschaftsamt die Sache geklärt: Sie hält die Firma Dürrbeck für den Verursacher, das würden zwei Prüfberichte, die der Redaktion vorliegen, belegen. Grundstücksbesitzer Ortholf von Crailsheim befindet sich aber – mit Unterstützung unter anderem von Aki Becker, Pächter des Ameranger Sees – im Rechtsstreit mit der Firma Profol. Da stellt sich für viele die Frage: Warum eigentlich?

Doch diese ist gar nicht so leicht zu beantworten. Denn die Gründe, wie von Crailsheim und Becker erklären, sind komplex. Zum einen geht es um die Zeitschiene. Die Klage wurde 2016 eingereicht, auch aufgrund der Verjährungsfrist von zehn Jahren, die drohte zu verstreichen. Von Crailsheim sah sich 2016 gezwungen, zu handeln. Eine Klage gegen Profol sei damals naheliegend gewesen, so von Crailsheim. Denn zu der Zeit hätten auch die Behörden noch Profol als Hauptverursacher in Verdacht gehabt. Das würden die Akten, zu denen er Zugang habe, belegen. „Der Verdachtsmoment kam ja nicht von uns, sondern ist durch die Behörden entstanden“, erklärt er. Der Prüfbericht, der Dürrbeck belaste, stamme aus dem Jahr 2019, sei also erst drei Jahre nach der Klage erstellt worden. Doch auch jetzt haben weder er noch Becker vor, die Klage gegen Profol fallen zu lassen, trotz der neuen Entwicklungen.

Weiterhin von der Mitschuld überzeugt

Denn die beiden sind weiterhin von einer Mitschuld Profols überzeugt. Zum einen eben, weil die Behörden Profol so lange in Verdacht hatten. Mehrere Umbauten seien auf dem Gelände der Firma vorgenommen worden. Vorgeschrieben seien sie, so von Crailsheim, auch von der Gemeinde Halfing. Er ist überzeugt: Diese Vorgaben müssen ihre Gründe gehabt haben. „Wenn da nichts war, warum würde die Gemeinde Halfing so stark gegen Profol vorgehen?“, fragt er. Außerdem stellt von Crailsheim fest: „Von Profol wird nur behauptet, sie würden im Moment nicht mit dem Stoff arbeiten. Wir haben aber niemals erfahren, ob sie in der Vergangenheit mit Polyethylen gearbeitet haben.“ Für ihn sei es also nicht auszuschließen, dass die Firma zumindest für Teile der Verschmutzung verantwortlich sein könnte.

Doch nicht nur das, von Crailsheim und Becker sehen sich auch vom laufenden Gerichtsverfahren bestätigt. Denn, so die Wahrnehmung der beiden, der vom Gericht beauftragte Sachverständige habe bestätigt, dass es einen Eintrag gegeben habe. Tatsächlich hat der Sachverständige laut Gerichtsprotokoll vom 4. Mai, dass der Redaktion vorliegt, folgendes ausgesagt: „Ich habe auch im Bereich der Firma Profol noch geringe Granulatmengen gefunden, sodass irgendwann von Profol auch Granulat in die Seen gebracht worden ist. Wobei festzustellen ist, dass das farbige Granulat von Profol sehr schwer ist und nicht aufschwimmt, während das farbige Granulat, das man in den Seen auch gesehen hat, an der Wasseroberfläche schwimmt. Dieses schwere Granulat würde man allenfalls im Schlamm finden. Dort haben wir keine Proben entnommen.“ Und weiter lautet die Aussage: „Es war so, dass es zwar nicht große Mengen waren, aber es war auch nicht nichts.“ Für von Crailsheim und Becker ist dies Bestätigung genug. „Und wenn es nur ein Körnchen ist, das reicht“, stellt von Crailsheim fest. Deshalb würde er auch das Gerichtsverfahren gegen Profol weiterführen.

Eigentlicher Gegner: Gemeinde Halfing

Doch eigentlich ist es von Crailsheim und Becker egal, ob nun Dürrbeck oder Profol oder beide Firmen für die Verschmutzung verantwortlich sind, für sie ist der Hauptschuldige jemand anderes: Halfing. „Die Gemeinde hat ihre Hausaufgeben nicht gemacht“, erklärt von Crailsheim. „Die Gemeinde ist für die Entwässerung des Oberflächenwassers zuständig und dieses Wasser war verschmutzt.“ Egal, ob nun durch den Kunststoff von Profol oder Dürrrbeck, beide Firmen seien in Halfing ansässig und damit sei die Kommune für die Entsorgung von deren Oberflächenwasser verantwortlich. „Für uns ist nicht entscheidend, wer ist dafür verantwortlich. Für uns ist entscheidend, dass die Gemeinde Halfing geschlafen hat.“ Das findet auch Becker: „Die haben genau gewusst, was da abgeht und trotzdem nichts gemacht. Da stellen sich mir die Haare auf.“

Profol weißt Anschuldigungen von sich

Die Firma Profol weißt auf Anfrage die Anschuldigungen durch von Craislheim und Becker entschieden zurück. „Da wir der mit Abstand größte kunststoffverarbeitende Betrieb in Halfing sind, mag es auf den ersten Blick verständlich erscheinen, uns zu verdächtigen. Die bisherigen Gutachten sprechen allerdings eine andere Sprache“, erklärt Geschäftsführer Dr. Philipp Schieferdecker und verweist auf die Analysen des Wasserwirtschaftsamts aus dem Jahr 2017, bei der der Großteil der Proben eindeutig Polyethylen (PE), die restlichen Proben mit hoher Wahrscheinlichkeit auch diesem Stoff zugeordnet wurden. „Allein schon die statistische Wahrscheinlichkeit legt nahe, dass Profol als Verursacher des Eintrags auszuschließen ist“, stellt Schieferdecker fest. Denn die Firma Profol verarbeite Polypropylen (PP) und nicht PE, so der Geschäftsführer und versichert, dass auch niemals in der Vergangenheit mit PE gearbeitet worden sei. „Bei der Profol GmbH wird seit jeher nur Polypropylen verarbeitet“.

Weiter erklärt Schieferdecker, dass zwar Umbauten am Kanalsystem stattgefunden hätten, aber diese von Seiten der Firma selbst durchgeführt worden seien und nicht aufgrund von Vorgaben seitens der Gemeinde Halfing. „Die Profol GmbH hat seit Bekanntwerden der Verschmutzung im Ameranger Moos 2007 das Risiko eines Eintrages auch minimaler Granulatmengen in die Kanalisation der Gemeinde sehr ernst genommen und wurde proaktiv tätig.“ Durch bauliche Maßnahmen sei sichergestellt worden, dass kein Oberflächenwasser das Betriebsgelände verlassen könne, seit 2009 sei die Kanalführung der Firma komplett unabhängig von der Gemeinde. „Aus diesem verantwortungsvollen Umgang mit unserer Sorgfaltspflicht als Kunststoffverarbeiter lässt sich selbstverständlich kein Schuldeingeständnis bezüglich der Verschmutzung im Ameranger Moos konstruieren“, betont Schieferdecker weiter.

Zum laufenden Gerichtsverfahren möchte sich Schieferdecker auf Anfrage nicht im Detail äußern. Eine weitere Anschuldigung durch den Sachverständigen vor Gericht könne er jedoch nicht erkennen. „Unser Anwalt und wir haben einen ganz anderen Eindruck. Es wurde mehrmals bestätigt, dass Profol nicht der Verursacher sein kann.“ Auf Anfrage, wo Profol stattdessen den Verursacher für die Verschmutzung sieht, verweist Schieferdecker auf die Berichterstattung im OVB. „Die Tatsache, dass es in Halfing weitere kunststoffverarbeitende Betriebe gab und gibt, die vornehmlich Polyethylen verarbeiten, und auf deren Grundstücken zum Teil sogar mit den Einträgen im Moos übereinstimmende Materialien festgestellt werden konnten, hat die lokale Presse im Nachgang der Gerichtsverhandlung schlüssig dokumentiert.“

Auch die Gemeinde Halfing möchte sich noch zu den von Crailsheim erhobenen Anschuldigungen äußern. Das hat Bürgermeisterin Regina Braun bestätigt. Ein Interviewtermin ist bereits vereinbart.

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