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Quereinstieg mit Pachtvertrag

Altenpfleger als Landwirte? Wie ein Paar aus Höhenmoos den Traum vom eigenen Bauernhof lebt

Hannah Keplinger und Matthias Zimmer sind Quereinsteiger in der Landwirtschaft.
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Hannah Keplinger und Matthias Zimmer sind Quereinsteiger in der Landwirtschaft.

Leben auf dem Bauernhof – diesen Wunsch haben sich Hannah Keplinger (21) und Matthias Zimmer (26) vor Kurzem erfüllt. Das alte Bauernhaus mit seinen Weideflächen in Aschau haben die beiden Quereinsteiger-Landwirte jedoch nur gepachtet. Warum sie dennoch volles Risiko gehen und wie sie ihren Traum finanzieren.

Aschau im Chiemgau – Seit gut zwei Jahren träumen Matthias Zimmer (26) und Hannah Keplinger (21) aus Höhenmoos vom eigenen Bauernhof. Im Februar 2024 haben sie sich diesen Traum vom Leben auf dem Bauernhof verwirklicht – zumindest auf Zeit. Denn der kleine Hof in Schwarzenstein in Aschau ist gepachtet. Von der Landwirtschaft leben können sie aber noch nicht.

Matthias Zimmer auf seinem Bulldog.

Das 1835 erbaute Kleinbauernhaus liegt direkt am Hang. Die alte geschnitzte Holztür ist im selben Dunkelgrün gestrichen wie die Fensterläden. Dort leben sie nun zusammen mit Kuh Bella, dem Stier Striezi und drei Kälbern. Hinzukommen neun Wachteln, zwei Hühner, ein Hahn und zwei Hasen. Haus und Hof werden von den beiden Schäferhunden Kini und Runi bewacht. Ihre neun Schafe sind weiterhin in Höhenmoos untergebracht, wo sie ebenfalls Weidefläche und eine Stallung gepachtet haben. „Unser großer Traum wäre es, einen eigenen Hof zu haben“, sagt Matthias Zimmer. Denn für ihn und seine Partnerin sind die Tiere und deren Versorgung inzwischen weit mehr als nur ein Hobby.

Hannah Keplinger mit einem der Kälber auf dem Hof in Aschau.

Umzüge, Altenpflege, Landwirtschaft

Beruflich unterwegs sind beide jedoch in einer ganz anderen Ecke: Hannah Keplinger ist staatlich geprüfte Orchester- und Chorleiterin. Früher bestimmte die Musik ihr Leben. Matthias Zimmer hat eine Ausbildung zum Maurer und Rettungssanitäter. Bislang arbeiteten sie beide als angestellte Umzugshelfer. Seit April verdienen sie ihr Geld aber in der Altenpflege. „Mit der Schichtarbeit können wir unsere Zeit, die wir für den Hof und die Tiere brauchen, viel besser planen“, sagt Hannah Keplinger. Umzüge seien Auftragsarbeit und oftmals schwer abzuschätzen und dauern manchmal bis in den späten Abend hinein.

Schon als Kind habe die 21-Jährige die Ferien auf dem Bauernhof bei ihrer Großmutter im Allgäu verbracht. „Damals ist mir nicht bewusst gewesen, dass bei mir einmal der Wunsch nach einer eigenen Landwirtschaft so stark werden könnte“, erklärt sie. Kurz nachdem sie und Zimmer vor über zwei Jahren ein Paar wurden, begannen sie mit der Tierhaltung. Auch Zimmer sei mit der Landwirtschaft groß geworden: Seine Mutter stamme von einem Bauernhof. Und auch er habe von Kindesbeinen an viel Zeit auf dem benachbarten Hof eines Freundes verbracht. „Vor drei Jahren hat er die Landwirtschaft aufgegeben, weil es sich nicht gerechnet hat“, berichtet er. Für Zimmer ein herber Verlust.

Hannah Keplinger und ihre Schäferhunde Kini und Runi.

Hof über Ebay gefunden

Seither gibt es in Höhenmoos keine Landwirtschaft mehr. Versuche des jungen Paars, dort einen Hof zu finden, seien gescheitert. Mit dem Anwesen in Aschau hätten sie einen Glücksgriff gelandet. „Dieser Hof hat uns gefunden“, sagt der 26-Jährige. Bei Ebay seien sie angeschrieben worden, dass der Hof frei wird. Knapp 2000 Euro zahlen sie für das Anwesen und die umliegenden Weideflächen. Ohne ihre Vollzeit-Jobs könnten sie sich das nicht leisten. Die Landwirtschaft im Vollerwerb zu betreiben, davon seien sie noch weit entfernt.

Landwirtschaft in der Region

Laut Angaben des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Rosenheim gibt es in der Region knapp 3.000 landwirtschaftliche Betriebe und 9.000 Waldbesitzer.  Über 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen werden als Grünland genutzt, zu den wichtigsten Anbaukulturen gehören Mais und Getreide. Diese dienen zum großen Teil der Futtergewinnung für die Milchviehhaltung. Rund 200 Almbauern bewirtschaften 4.200 Hektar Almfläche. Im Haupterwerb arbeiten 54 Prozent der Bauern, sie bewirtschaften dabei 79 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche.

Hannah Keplinger mit einem Lämmchen.

Der Fall aus Höhenmoos ist kein Einzelfall. Denn die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe sinkt in ganz Bayern. Nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Statistik hat die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe seit dem Jahr 2013 um 12,6 Prozent, also 11.740 Betriebe, abgenommen. In der Viehhaltung zeigt sich ein ähnliches Bild: Die Zahl der viehhaltenden Betriebe hat sich um fast ein Viertel (24,6 Prozent) reduziert. 

Zunehmender Druck auf Landwirte

In ganz Bayern sind rund 60 Prozent der Landwirte im Nebenerwerb tätig, erklärt Markus Drexler, Sprecher des Bayerischen Bauernverbandes. Und immer weniger junge Menschen entscheiden sich, in die Landwirtschaft zu gehen. Laut Drexler liege dies zum einen daran, dass die Landwirtschaft ein sehr kosten- und kapitalintensiver Bereich im Gegensatz zum daraus resultierenden Verdienst ist. Zum anderen erhöhe das zunehmend globale Marktgefüge den Druck auf die Bauern: Konkurrenz aus dem Ausland, steigende Kosten und sich ständig ändernde Standards bei gleichbleibendem Lohn. Dass sich junge Menschen für die Landwirtschaft entscheiden, sei in jedem Fall erfreulich.

Hannah Keplinger und Matthias Zimmer vor ihrem gepachteten Bauernhaus in Aschau.

Mit dem Hof gehen Zimmer und Keplinger volles Risiko. Aber auch zuvor hatten sie bereits mehrere Stallungen und Weideflächen gepachtet. Die Tiere waren so an mehreren Stellen in Höhenmoos verteilt. „Jetzt sind die Tiere beisammen und in meiner Nähe“, sagt Keplinger. Was die Zukunft angeht, zeigen sich beide optimistisch. Sie wollen sich einen Mutterkuhbetrieb aufbauen. „Platz hätten wir für etwa zehn Kühe“, sagt Zimmer. Dafür belegen sie Kurse über das Bildungsprogramm Landwirt für Quereinsteiger.

Ohne Bürokratie geht es nicht

Auf dem Hof in Aschau fühlen sie sich wohl und angekommen. Bislang sind sie Landwirte im Nebenerwerb. Der Weg dahin war kein leichter. „Die Behördengänge und Anträge waren sehr anstrengend“, erinnert sich Zimmer. Bis alles erledigt war, seien sie mindestens sechs Wochen beschäftigt gewesen. Hilfe, was Fördermittel angeht, erhalten sie vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

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