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Wann Sprengsätze zum Einsatz kommen

Akute Lawinengefahr – Wie Freiwillige aus Aschau die Kampenwand sicherer machen

Die Ehrenamtlichen der Lawinenkommission Aschau im Chiemgau kümmern sich um die Sicherheit auf den Pisten an der Kampenwand.
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Die Ehrenamtlichen der Lawinenkommission Aschau im Chiemgau kümmern sich um die Sicherheit auf den Pisten an der Kampenwand.

Der Wintereinbruch in Bayern sorgt nicht nur für Chaos. Wintersportler zum Beispiel kommen auf ihre Kosten. Aber wechselnde Temperaturen und weiterer Schneefall lassen die Lawinengefahr im Alpenraum ansteigen. Wie die Lawinenkommission in Aschau im Chiemgau Abhilfe schafft.

Aschau im Chiemgau – „In der Corona-Zeit haben Skitouren stark an Beliebtheit zugenommen“, sagt Rudolf Angermaier, Leiter des gemeindlichen Bauhofs Aschau im Chiemgau. Mit Gefahren im Wintersport kennt er sich aus, und weiß, wie wichtig es ist, sich vorab zu informieren und nicht in unsichere Gebiete aufzubrechen. Denn Angermaier ist auch Obmann bei der Lawinenkommission und dort seit knapp 20 Jahren aktiv. Er entscheidet im Winter – je nach Wetterlage – jeden Tag aufs Neue, ob Lawinengefahr an der Kampenwand besteht. Woher er das weiß? „Irgendwann hat man das im Gefühl“, sagt er. Jahrelange Erfahrung, 40 Jahre bei der Bergwacht und die Begeisterung für den Bergsport kommen ihm dabei entgegen.

Schneebeschaffenheit muss getestet werden

Als Obmann ist es Angermaiers Aufgabe, die Einsätze zu organisieren und auch durchzuführen. Mindestens drei Mitglieder der Kommission müssen für die Bewertung auf den Berg. „Wenn die Bahn fährt, geht es gleich in der Früh rauf und mit den Tourenskiern weiter ins das betroffene Gebiet“, erklärt Angermaier. Dort werde die Beschaffenheit des Schnees bewertet und anschließend ein sogenannter Blocktest gemacht. Dafür werde ein Block mit etwa 40 mal 40 Zentimetern und einen Meter Tiefe ausgegraben. Mit der Schaufel klopfe der Prüfende dann gegen den Block und bewerte, ob es ich dabei um einen glatten oder stufigen Bruch handle. Breche die Stelle leicht und glatt ab, bestehe das Risiko einer Schwachstelle und damit auch mit einer erhöhten Lawinengefahr.

1963: Schreckliches Lawinenunglück an der Kampenwand

Im Januar 1963 ereignete sich an der Kampenwand ein verheerendes Lawinenunglück, bei dem drei Skifahrer unterhalb der Steinlingalm verschüttet wurden. Laut Chronik der Bergwacht Wasserburg waren neben den Einsatzkräften der Bergwacht auch freiwillige Helfer sowie die Bundeswehr und Grenzpolizei mit Suchhunden im Einsatz. Die Männer konnten trotzdem nur noch tot geborgen werden.

„Wenn Handlungsbedarf besteht, muss ich alle Einsatzkräfte zusammentrommeln und dann wird gesprengt“, erklärt der Obmann. Zunächst werde die Pistenabfahrt der Kampenwand durch Sperren abgesichert. Dafür gebe es im Gefahrengebiet sogenannte Sprengbahnen. Entlang dieser verlaufen Seile, an denen Angermaier und sein Team die Sprengsätze anbringen. „Mit dem Seil werden sie platziert, damit sich kein Mensch in Gefahr begeben muss.“ Mit der Sprengung werde ein kontrollierter Lawinenabgang erzeugt. „Wenn die Gefahr gebannt ist, kann die Ski-Piste wieder freigegeben werden“, so Angermaier.

Beim Einsatz an der Sprengbahn an der Kampenwand.

Drei Lawinenkommissionen im Landkreis

Die Lawinenkommission in Aschau ist neben Oberaudorf und Brannenburg eine von dreien im Landkreis Rosenheim, erläutert Martin Stuffer, ebenfalls Mitglied der Kommission. Er selbst ist zwar nicht bei den Einsätzen dabei, fungiert jedoch gemeinsam mit Aschaus Bürgermeister Simon Frank als Entscheidungsträger in der Gemeindeverwaltung. Gegründet wurde das Gremium, das aus 14 Ehrenamtlichen besteht, im Jahr 1967 – im Zuge der Gründung des Lawinenwarndienstes Bayern (LWD).

Voraussetzung zur Teilnahme an der Kommission seien Schulungen und Weiterbildungen durch den LWD, aber auch lokale Kenntnisse und Erfahrungen beim Skitouren-Gehen. „In unserer Kommission sind unter anderem zwei Polizisten der alpinen Einsatzgruppe der Polizei Prien und aktive Einsatzkräfte der Bergwacht“, berichtet Stuffer.

Austausch von Daten per App

„Das Innenministerium hatte dies nach dem verheerenden Lawinenunglück auf der Zugspitze im Jahr 1965 veranlasst“, sagt Stuffer. In Gemeinden, in denen Siedlungsräume oder öffentliche Verkehrs- und Wintersportanlagen von Lawinen bedroht sind, seien deshalb ehrenamtliche Lawinenkommissionen als beratende Gremien gestellt worden. Bei Bedarf berät die Kommission die Gemeinde oder das Landratsamt und empfiehlt gegebenenfalls die Sperrung von Straßen oder Skiabfahrten.

Seit dem letzten Winter gebe es die LA.DOK-App für den Austausch von Beobachtungsdaten zwischen Beobachtern und den Lawinenwarndiensten. „Damit kann jeder, auch Ski-Touren-Gänger, seine Beobachtung eingeben und übermitteln“, so Stuffer. Auch die Lawinenkommission übermittle auf diesem Wege ihre Daten. Die Informationen gelangen so schnell zum Lawinenwarndienst zur Auswertung für den Lagebericht und die Ermittlung einer Gefahrenstufe. „Alle Informationen sind für alle im Lawinenwarndienst Tätigen einsehbar, das heißt die Daten werden in Echtzeit ausgetauscht und man profitiert von den Beobachtungen und Einschätzungen der anderen“, so ein Sprecher des Landesamtes für Umwelt (LfU), dem der LDW angehört.

Keine Todesfälle mehr in überwachten Gebieten

Der LWD zählt in Bayern 34 Lawinenkommissionen mit 407 Ehrenamtlichen. In den überwachten Gebieten ist es, so der LfU-Sprecher, zu keinem tödlichen Lawinenunfall mehr gekommen. Im bayerischen Alpenraum werden aktuell 650 Lawinenstriche von ehrenamtlichen Lawinenkommissionen überwacht. Falls eine Gefährdung vorliegt sind die Orte als „gesperrt“ erkenntlich.

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