Die Dritte im Kreis Rosenheim - Veronika Wöhrer im Interview
40 Floriansjünger hören in Bernau auf eine Frau
Veronika Wöhrer ist neue Feuerwehrkommandantin in Hittenkirchen. Im Interview mit der ledigen 38-Jährigen erfuhren die OVB-Heimatzeitungen, warum und wie sie sich bei der Feuerwehr engagiert.
Bernau – Der Dienst in der Feuerwehr ist längst keine reine Männersache mehr: Möglich macht dies in Bayern eine Verordnung des Freistaats, erlassen am 21. Oktober 1966: Sie erlaubt es, auch Frauen für den ehrenamtlichen Dienst am Nächsten offiziell in der Feuerwehr aufzunehmen. Im Bernauer Ortsteil Hittenkirchen hat seit Kurzem sogar eine Frau das Sagen: Veronika Wöhrer wurde in der Jahresversammlung der Ortsfeuerwehr zur Ersten Kommandantin gewählt – neben Gabriele Link von der Fraueninsel und Maria Fritz in Kiefersfelden-Mühlbach die Dritte im Landkreis Rosenheim. Beruflich steht sie als Gärtnermeisterin auf der Herreninsel „ihre Frau“. Im Interview mit der ledigen 38-Jährigen erfuhren die OVB-Heimatzeitungen, warum und wie sie sich bei der Feuerwehr engagiert.
Wie sind Sie zur Feuerwehr gekommen?
Veronika Wöhrer: (Lachend) Durch meine Schulspezl – die haben damals gesagt, dass sie Feuerwehrmitglieder werden wollen und mich gefragt, ob ich nicht mitmachen wolle. So hat mein Engagement angefangen.
Waren das männliche oder weibliche Spezl?
Wöhrer: Männliche – sie waren aber davon überzeugt, dass die Feuerwehrarbeit zu mir passen würde.
Weil sie als Mädchen mit Puppen nichts am Hut hatten?
Wöhrer: Wir waren damals sozusagen ein gemischter Haufen an Mädchen und Buben – mit denen bin ich aber besser ausgekommen, als mit den Dirndln.
Eine gute Grundlage für die Zusammenarbeit mit männlichen Feuerwehrkameraden? Sie werden als Führungskraft akzeptiert?
Wöhrer: Bei uns im Ort auf alle Fälle. Ich habe die 100-prozentige Rückendeckung von meinem Team. Das spüre ich bei jeder Übung und bei jedem Einsatz. Darauf bin ich sehr stolz. Allerdings gibt es aus meiner Sicht noch Feuerwehren, die das Thema Frauen im aktiven Dienst eher belächeln…
…aus Sorge davor, dass die vermeintliche Männerdomäne Feuerwehr aufgeweicht wird?
Wöhrer: Da wird wohl ein Gesellschaftsbild aus früheren Zeiten für verantwortlich sein mit dem Tenor, dass Frauen für den Feuerwehrdienst eher nicht geeignet sind. Jüngere Generationen sehen diese Thematik viel entspannter. Es ist natürlich biologisch bedingt, dass Frauen in Bezug auf Muskelkraft nicht jede Arbeit erledigen können. Aber etwa ein Dreiviertel der Aufgaben im Feuerwehrdienst können sie übernehmen. Sie bieten zudem Vorzüge auch in vielen anderen Bereichen. Denken wir an ein Unfallszenario: Frauen gehen da aufgrund ihrer speziellen Fähigkeiten und Talente oftmals viel sensibler mit den Betroffenen oder Angehörigen um als Männer.
Was war bislang diesbezüglich persönlich ihre schlimmste Erfahrung?
Wöhrer: (Zögerlich) … Das war eine Reanimation. Zumal mir die Person sehr gut bekannt war. Das Positive ist, dass man damit nicht allein zurückbleibt, sondern anschließend mit der Truppe gut über solche Fälle reden und das Erlebte aufarbeiten kann. Was wir eigentlich nach jedem Einsatz machen, entweder noch vor Ort oder im Floriansstüberl.
Wie schwierig ist es, weiblichen Nachwuchs zu generieren?
Wöhrer: Es ist zu beobachten, dass in kleineren Orten eher neue Mitglieder geworben werden können, offenbar, weil sozusagen jeder jeden kennt. In größeren Orten oder Städten nimmt die Anonymität zu und die Erfolge in der Nachwuchswerbung ab. Für viele Frauen ist der Freiraum für ehrenamtliche Tätigkeiten natürlich sehr begrenzt, wenn sie Familie und Kinder haben.
In der Familie hat in der Regel die Frau das Sagen. Wie gehen Ihre Kameraden mit Ihren Ansagen um?
Wöhrer: Es ist hinlänglich bekannt, dass es im Berufsleben für Frauen oftmals Akzeptanz-Schwierigkeiten geben kann, wenn sie in einer höheren Position oder als Vorgesetzte mit männlichen Kollegen zusammenarbeiten. Bislang gab es da aber keine Probleme für mich.
Auch dann nicht, wenn sie verspätet zu Einsätzen kommen? Sie arbeiten auf der Herreninsel…
Wöhrer: Klar, ich habe einen etwas längeren Anfahrtsweg. Aber ich komme jederzeit schnell ‘runter von der Insel, weil wir Personalboote verwenden können. Hinter mir steht aber eine sehr gute Mannschaft, die zunächst ohne mich auch klarkommt, bis ich vor Ort bin.
Bei all den Anstrengungen und dem Stress in ihrer ehrenamtlichen Arbeit – was sind dabei die schönsten Momente?
Wöhrer: Da ist immer wieder die Dankbarkeit der Betroffenen, wenn wir ihnen helfen konnten. Wir sind oft in Kindergärten, informieren über unsere Arbeit und weisen Kinder ein, wie sie zum Beispiel einen Notruf absetzen können. Und wenn wir Jahre später auf diese Kinder in unserer Jugendfeuerwehr wieder treffen, sind das für uns ganz besondere Momente, weil wir ihnen offenbar deutlich gemacht haben, wie wichtig es ist, in der Gemeinschaft zu helfen.