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Reinhold Seibel geht in Ruhestand

27 Jahre für Stephanskirchen: Ein leidenschaftlicher Seelsorger ist dann mal weg

Reinhold Seibel und Ulrike Wunderer-Seibel sind dann mal weg. Der Pastor geht nach 27 Jahren als Pfarrer für Stephanskirchen, Prutting, Riedering und Samerberg in den Ruhestand.
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Reinhold Seibel und Ulrike Wunderer-Seibel sind dann mal weg. Zumindest aus seinem Amt. Der Pastor geht nach 27 Jahren als Pfarrer für Stephanskirchen, Prutting, Riedering und Samerberg in den Ruhestand.

Reinhold Seibel ist ein begeisterter und begeisternder Seelsorger, ein großes Organisationstalent, ein toller Chef – und jetzt ist er weg. Wird nach 27 Jahren als Pfarrer der ausgedehnten evangelischen Gemeinde Heilig Geist Stephanskirchen verabschiedet.

Stephanskirchen/Prutting/Riedering/Rohrdorf/Samerberg/Vogtareuth – Eigentlich heißt es ja, „über die Toten sagt man nichts Schlechtes“, weil sie sich nicht wehren können. Es gibt aber auch Lebende, über die niemand etwas Schlechtes sagt. Reinhold Seibel ist so jemand.

Im Frühjahr 1996 kam er, mit knapp 40 Jahren, nach Stephanskirchen. Der Kirchenvorstand hatte damals einen Tipp bekommen, sich doch mal „diesen Pfarrer in München“ anzusehen. Zuvor hatte sich ein anderer Kandidat für die zu dem Zeitpunkt schon eine Weile unbesetzte Pfarrstelle ins Aus geschossen. Mit dem Kommentar, das evangelische Pfarrhaus gleiche sozialem Wohnungsbau. Fand der Kirchenvorstand nicht so gut, wie sich Peter Hessen, ehemaliger Rektor der Otfried-Preußler-Schule und wie seine Frau sehr engagiert in der evangelischen Gemeinde, erinnert.

Der kleine Sohn ging von Arm zu Arm

Also ab nach München, Reinhold Seibel im Gottesdienst in Augenschein genommen. „Er hat uns dann hinterher hinauf in seine Wohnung gebeten, erstmal einen Tee aufgesetzt“, erzählt Hessen. Der älteste Seibel-Sohn, Daniel, war noch klein, „wir haben ihn reihum auf dem Arm gehabt oder auf die Fensterbank gestellt und mit ihm rausgesehen, während die anderen sich mit Seibels unterhalten haben. Das war menschlich so gut, dass wir ihn gefragt haben, ob er nicht kommen wolle.“ Er wollte.

Pfarrer Reinhold Seibel im Gottesdienst. Für den OVB-Fotografen war er ein dankbares Motiv: „Völlig unproblematisch zu fotografieren.“

Und es zeigte sich schnell, dass Reinhold Seibel die Ökumene lebt: Im Spätsommer fand das erste gemeinsame Pfarrfest mit der katholischen Pfarrei Stephanskirchen statt. Peter Hessen erinnert sich an ein Rad-„Rennen“ zwischen den beiden Pfarrhäusern: „Es ging – glaube ich – darum, wer am langsamsten war. Seibel hatte sich mit seinem Kollegen Ager auf ein Tandem gesetzt und die beiden waren fast stehend unterwegs. Sie haben mit Abstand am längsten gebraucht und den weitaus größten Applaus bekommen“, erzählt er amüsiert.       

Reinhold Seibel (vorne) mit seinem katholischen Kollegen Andreas Ager als Co-Pilot auf dem Tandem beim ersten ökumenischen Pfarrfest.

Die Ökumene funktionierte auch mit seinem letzten katholischen Kollegen bestens. Pfarrer Fabian Orsetti und Seibel kommen beide von den Georgspfadfindern und teilen so manche Erfahrung. „Wir haben schnell den Pfad zueinander gefunden“, sagt Orsetti. „Unsere beiden Kirchen in Haidholzen sind nur einen Steinwurf voneinander entfernt – und genau so hat sich für mich unser ökumenisches Miteinander angefühlt: wir waren uns Nahe, wir haben immer unkompliziert zueinander gefunden und die Begegnungen waren stets freundschaftlich, erbaulich, aber immer auch von Respekt und Achtung vor der jeweils anderen Konfession geprägt.“

Die beiden Pfadfinder Fabian Orsetti und Reinhold Seibel fanden schnell einen Weg zueinander, lebten Ökumene.

Auch kulturell arbeiteten sie zusammen: „Ein Höhepunkt war für mich immer wieder die „Ökumenische Nacht der Musik“, die alle zwei Jahre in der evangelischen und katholischen Kirche mit verschiedenen Musikgruppen stattfand. Die Straße zwischen den beiden Kirchen war dabei Ort der Begegnung bei Speis und Trank. Ein ganz tolles gemeinsames Projekt, das uns verbunden und zusammengeführt hat.“

Das Haupthaar war voller und länger, aber das verschmitzte Lachen hatte Reinhold Seibel schon, als sein katholischer Kollege Fabian Orsetti 2011 nach Stephanskirchen kam.

Verbunden fühlt sich Orsetti nicht nur dem Pfarrer, sondern auch dem Menschen Seibel: „Ich habe Reinhold als leidenschaftlichen Seelsorger kennengelernt und als einen Pfarrer, der sehr gewissenhaft, sorgfältig und akribisch anstehende Aufgaben vorbereitet und durchgeführt hat. Er konnte mit Ernst bei der Sache sein und zugleich strahlte er Gelassenheit und Heiterkeit aus. Für all das gute Miteinander bin ich ihm sehr dankbar und wünsche ihm für den Aufbruch in die neue Lebensphase Gottes Weggeleit.“

Ein offener und verlässlicher Ansprechpartner

Der Pfarrer Seibel hatte in fast drei Jahrzehnten aber nicht nur mit einigen katholischen Kollegen zu tun, sondern auch immer wieder mit den Bürgermeistern. Nicht nur bei Weihen oder Segnungen von Gebäuden, Feuerwehrfahrzeugen oder Badestegen. In Stephanskirchen ist der aktuelle sein vierter Bürgermeister. Karl Mair sagt über ihn: „Reinhold Seibel hat als evangelischer Pfarrer fast drei Jahrzehnte lang unser Gemeindeleben mitgeprägt – und das auf eine überaus sympathische Art und Weise! Für die Gemeindeverwaltung war er stets ein offener und verlässlicher Ansprechpartner. Besonders die Zusammenarbeit bei der Trägerschaft für den Kindergarten Regenbogen und den Naturkindergarten in Schloßberg war überaus erfolgreich. Für seinen Ruhestand wünschen wir ihm alles Gute!“

Gemeinsam nass geworden: Pfarrer Seibel Rechts) und Bürgermeister Karl Mair (Mitte) mit dem Weihwasser verspritzenden Pfarrer Orsetti

Und in der eigenen Kirche, der eigenen Gemeinde? Da hatte es Seidel in den letzten 15 Jahren überwiegend mit Frauen zu tun. Seit 2000 gelegentlich mit der 2019 emeritierten Regionalbischöfin Dr. Susanne Breit-Keßler, viel häufiger aber seit 2008 mit den Dekaninnen Hanna Wirth und Dagmar Häfner-Becker, seit 2007 mit den Pfarrerinnen Claudia Fey, Jessica Huber und Rosemarie Rother. Und, ganz besonders wichtig, mit den Pfarrsekretärinnen.

Dekanin Dagmar Häfner-Becker und ihre Mitarbeiterin Daniela Spöhrer sind sich einig, dass Seibel zu den positiven Erscheinungen im Dekanat zählt. Können deswegen auch nachvollziehen, dass die Stephanskirchner ihn nicht nach den üblichen zehn bis 15 Jahren ziehen ließen. Die Mitarbeiterin sucht gerne und flugs die beruflichen Stationen Seibel heraus: Der am 11.11.1957 geborene Reinhold Seibel leistete schon seinen Zivildienst in der Kirche, in Karlsfeld in der Korneliuskirche. Es folgten das Studium in München und Marburg, das Vikariat in Mainburg und dann der Probedienst als zweiter Pfarrer in einer Münchner Gemeinde. Dort wurde er 1991 ordiniert – und 1996 abgeworben.

Kollegin wird Nachfolgerin

Jessica Huber war viele Jahre Seibels Kollegin, nun wird sie seine Nachfolgerin. „Ich danke Reinhold Seibel für seine wertschätzende und kollegiale Zusammenarbeit in den vergangenen zwölf Jahren. Besonders seine kreative Herangehensweise und die Freude, mit der wir dann Gottesdienste gestaltet haben, werde ich nicht vergessen. Manchmal ist die Spielfreude da auch mit uns durchgegangen, aber die allermeisten, für die er sich so eingesetzt hat, werden sich an diese Momente sicher noch lange erinnern. Vor allem unsere Konfirmationen habe ich immer sehr genossen.“

In der Dialog-Predigt zu den Konfirmationen 2023 hat Reinhold Seibel als Schatzsucher verkleidet einen - wen wundert´s - Glaubensschatz entdeckt, kostbarer als jede Perle oder Münze, die sein selbstgebauter Metalldetektor ans Licht gebracht hätte. Rechts Pfarrerin Jessica Huber

Petra Gesell steckte in den letzten Tagen bis über die Ohren in der Vorbereitung des Abschieds ihres Chefs – am Sonntag, 17. September, um 14 Uhr mit einem großen, vermutlich heiteren Gottesdienst in Haidholzen.

Petra Gesell, die Pfarramtssekretärin, stellt ihrem scheidenden Chef ein hervorragendes Zeugnis aus – und hielt die Fäden der Organisation des Abschiedsgottesdienstes in der Hand

Größere Macken hat die Pfarramtssekretärin in einem guten halben Dutzend Jahre bei Seibel nicht gefunden. Im Gegenteil: „Sehr zuverlässig, natürliche Autorität, kann sehr gut mit den Jugendlichen umgehen, sehr engagiert bei Zeltlager und Paddelfreizeiten, sehr zugewandt, tolerant, voller Einsatz bei seiner Arbeit, großes Organisationstalent, ein toller, gerechter, wertschätzender Chef.“ Er habe es geschafft, dass sie ehrenamtlich jahrelang in der Kirchengemeinde mitarbeitete, zwei Krabbelgruppen leitete und bei der Kinderbibelwoche ein paar Jahre mitmachte, lange bevor sie 2017 im Pfarramt Sekretärin wurde. Und: „Ich bin sogar konvertiert, weil Pfarrer Seibel mich damals so beeindruckt hat.“

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