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„Wasserforum“ beschäftigt sich mit Starkregen und Sturzfluten

„In der Konsequenz müssen wir uns leider klar machen: Es kann jeden überall treffen“

Hochwasser Juli 2021 Berchtesgadener Land Berchtesgaden Bischofswiesen Schönau am Königssee Bobbahn
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Besonders die Muren und Schlammlawinen setzten bei den Unwettern im Juli 2021 dem Berchtesgadener Land zu. In Bischofswiesen (l.o.) wurde dabei ein Haus zerstört, in Schönau am Königssee die Bobbahn (l.u.) und in der Vorbergsiedlung füllte der Schlamm ganze Häuser an.

Kürzlich beschäftigte sich das „Wasserforum Oberbayern 2022“ mit Starkregen und Sturzfluten. Dabei sollten Kommunen und der Bevölkerung die Lehren aus den Hochwasserereignissen der letzten Jahre und ob und wie damit umgegangen werden kann, vorgestellt werden.

München/Landkreis Berchtesgadener Land/Landkreis Altötting - „In der Konsequenz müssen wir uns leider klar machen: Es kann jeden überall treffen“, mahnte Thomas Gneißl, 1. Bürgermeister der Gemeinde Wörth im Landkreis Erding. Diese ist, wie unser Partnerportal merkur.de* berichtet, in Bayern Vorreiter in Sachen Sturzflut-Risikomanagement. Denn sie brachte eigenverantwortlich ein Konzept auf den Weg und ist nun Pilotgemeinde in einem Förderprogramm des Freistaats. Ausschlaggebend waren dafür das Extremhochwasser 2013 sowie lokale Starkregenereignisse in den Jahren 2015 und 2017. Bei einer Veranstaltung der Regierung von Oberbayern berichtete Gneißl dann einem Fachpublikum aus Verwaltungsmitarbeitern, hauptsächlich von Wasserwirtschaftsämtern aus ganz Oberbayern, darüber. Seine wesentliche Botschaft: „Auf ein Hochwasser kann man sich gezielt vorbereiten. Bei Sturzfluten ist das so wiederum leider nicht möglich.“

Man könne Bürgern in besonders gefährdeten Bereichen einer Kommune das Risiko für ihre Immobilie aufzeigen. „Vielfach müssen sie dann aber selbst aktiv werden. Denn anders als beim Hochwasserschutz kann eine Kommune schlicht nicht das gesamte Gemeindegebiet vor Sturzfluten sicher machen. Das ist einfach logistisch aber auch finanziell nicht möglich.“ Mit dieser Meinung steht er bei weitem nicht alleine da. „Einen absoluten Schutz vor Hochwasser kann und wird es nicht geben“, betonte auch  Baudirektor Rainer Stemmer vom Wasserwirtschaftsamt Traunstein im Gespräch mit unserer Redaktion unmittelbar nach den verheerenden Sturzfluten im Sommer des vergangenen Jahres, „Ziel ist in Bayern gemäß Landesentwicklungsplan für alle Bürger langfristig den gleichen Hochwasserschutz herzustellen, das heißt den Hochwasserschutz vor einem hundertjährlichen Hochwasserereignis.“

Wasserforum Oberbayern 2022 beschäftigte sich mit Starkregen und Sturzfluten: Empfehlungen an Kommunen und Bevölkerung

Auch ein Jahr danach betonte Stemmer in einem weiteren Gespräch:Der Umgang mit Naturgefahren ist ein gesellschaftliches Thema. Staat und Bürger sind gemeinsam gefordert. So trägt ein größeres Risikobewusstsein durch angepasstes Verhalten zu einer Minimierung von Schäden bei.“ Gerade bei Planung und Bau von Infrastruktur und Bebauung seien Hochwassergefahren von Anfang an zu berücksichtigen. „So kann beispielsweise bei der Bauleitplanung und durch hochwasserangepasstes Bauen das Schadenspotenzial erheblich verringert werden. Dies gilt umso mehr, da die Hochwassergefahr infolge des Klimawandels zunehmen wird. Jeder kann selbst dazu beitragen, sein Risiko vor Naturgefahren zu vermindern beziehungsweise zu vermeiden. So finden sich im Internet zahlreiche informative staatliche Veröffentlichungen.“ - Zu einem ähnlichen Fazit kamen auch die Redner des Hochwasserforums.

Die klassische Hochwasserwarnung durch Beobachtung der Pegelstände hilft bei Sturzfluten und Starkregenereignissen nicht, wie auch die Behörden bei den Hochwasserereignissen der letzten Jahre erleben mussten.

Wie schaut es wiederum mit der Vorwarnung vor solchen Ereignissen aus? „Vor den verheerenden Hochwasserereignissen des Jahres 2013 leuchtete unsere Vorwarn-Karte wie ein Weihnachtsbaum“, erläuterte Timo Krohn vom Bayerischen Umweltministerium, „Dagegen bei den verheerenden Hochwassern 2016 wurden im Voraus fast keine gefährlichen Pegel angezeigt. Damals und auch im vergangenen Jahr gab es fast keine Vorwarnzeit.“ -  „Sowas haben wir hier so noch nicht erlebt, das war direkt überfallartig!“, berichtete auch etwa Perachs Bürgermeister Georg Eder nach der Sturzflut in seiner Gemeinde. „Unser Problem hier ist: Wenn da die Sturzflut von Richtung Reischach angerollt kommt, bekommen wir erstmal gar nichts mit. Es regnet halt. Und dann ist auf einmal das Wasser da!“

„Anders als beim ‚klassischen‘ Hochwasser kann man hier nicht ein Überschwemmungsgebiet ausweisen, welches dann durch bauliche Maßnahmen geschützt wird. die Areale, die potenziell durch Sturzflut- und Starkregenereignisse gefährdet sind, sind schlicht zu umfangreich“, mahnte auch Krohn.

Für Kommunen empfiehlt das Ministerium eine Reihe von Schritten:

  • Flächenmanagement, vor allem in der Bauleitplanung. Konkret die Freihaltung überflutungsgefährdeter Bereiche und eine „wassersensible“ Entwicklung
  • Eine dezentrale Regenwasserbewirtschaftung, welche die Entsiegelung von Flächen und den Rückhalt des Abflusses beinhaltet.
  • Die Instandhaltung der Abwasseranlagen, sowie technische Schutzmaßnahmen im öffentlichen Bereich. Letzteres beinhaltet, unter anderem, den gezielten Schutz einzelner Objekte der kritischen Infrastruktur wie beispielsweise das Rathaus oder die Feuerwache sowie die Umleitung von Fließwegen durch Änderung der Topographie, etwa durch Geländeanpassungen.
  • Gefährdungsanalaysen, Hochwasser-Audits und ein Starkregenrisikomanagement, Beratungsangebote für die Bevölkerung sowie die Schaffung der Stelle eines zentralen „Kümmerers“ für die Thematik Hochwasser

Für die Bevölkerung konnten auch die Fachleute des Wasserforums im Wesentlichen nur wiederholen, was schon unmittelbar nach den Ereignissen des vergangenen Jahres immer wieder betont wurde:

  • Bei Hochwasserereignissen, gerade einer Sturzflut, sollte der Schutz des eigenen Lebens immer Vorrang vor der Rettung von Gegenständen haben. Gerade Keller könnten binnen kurzer Zeit zur Todesfalle werden. Ein Rechenbeispiel: Schon bei einem Wasserstand von 30 Zentimetern ist eine Kraft von 45 Kilogramm nötig, um eine Türe öffnen zu können. Schon bei 50 Zentimetern wiederum sind es allerdings 125 Kilo, die man aufbringen müsste.
  • Im Notfall stets den Anweisungen der Behörden und Rettungskräfte Folge leisten.
  • Wer in Lagen wohnt, die in einer Analyse als besonders von Sturzfluten gefährdet herausgestellt wurden, kann in manchen Fällen durch bauliche Maßnahmen Abhilfe schaffen. Dies beispielsweise durch Rückstauschutz in Abwasserrohren. Aber auch beispielsweise die Nutzung von Kellerräumen nur für weniger wichtige Zwecke beispielsweise bei der Lagerung.
  • Das Abschließen von Elementarschadensversicherungen

hs

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