Jungfernflüge im Nationalpark Berchtesgaden
Geier gegen Gams: Bartgeier Wiggerl nach erstem Flug mit Schreckmoment
Seit Wochen bereiten sich die jungen Bartgeier Vinzenz und Wiggerl im Nationalpark Berchtesgaden auf ihren ersten Flug vor. Vinzenz war besonders fleißig – und Wiggerl jetzt auch.
Update, Montag (1. Juli) – Auch Wiggerl hebt ab
Berchtesgaden – Nach Vinzenz hat es nun auch Wiggerl geschafft: Eine knappe Woche nach seinem gleichaltrigen Mitbewohner in der Felsnische im Nationalpark Berchtesgaden ist der etwa vier Monate alte Bartgeier zu seinem ersten Ausflug gestartet. Am Sonntagmorgen (30. Juni) um 7.25 Uhr sei Wiggerl abgehoben – und habe seinen ersten Flug sehr gut gemeistert, teilten der Naturschutzverband LBV und der Nationalpark am Montag (1. Juli) mit.
Kurios war Wiggerls erste Begegnung bei seiner ersten Landung. Eine Gams war sichtlich irritiert von seinem Erscheinen und setzte zu einer halbherzigen Attacke mit ihren Hörnern an. Wiggerl entfleuchte in die Lüfte und landete sicher auf einem Felsturm.
Erstmeldung:
Der Geier Vinzenz hat es zuerst geschafft: Noch vor Wiggerl, seinem ebenfalls etwa vier Monate alten Mitbewohner in der Felsnische im Nationalpark Berchtesgaden, ist er zu seinem ersten Ausflug gestartet. Am Dienstag (25. Juni) gegen 6.40 Uhr morgens breitete er die Flügel aus und hob mit ein paar kräftigen Flügelschlägen in die Lüfte ab, wie der Naturschutzverband LBV und der Nationalpark am Mittwoch (26. Juni) berichteten.
Vinzenz ist frühreif
Für einen so jungen Bartgeier sei Vinzenz damit vergleichsweise frühreif. Im Durchschnitt fliegen junge Bartgeier den Angaben zufolge im Alter von 120 Tagen aus.
„Dass dieses Jahr Vinzenz der erste unserer beiden Geier sein würde, der die Lüfte erobert, hatten wir bereits kurz nach der Auswilderung erwartet. Er war von Anfang an extrem engagiert beim Üben seiner Flügelschläge, führte täglich dreimal so viele Schläge wie Wiggerl aus und brachte es kurz vor seinem Ausflug auf über 400 Flügelschläge pro Tag“, erläuterte der LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider. Wahrscheinlich werde aber auch Wiggerl bald folgen.
Zusammenleben nicht immer friedlich
Vor knapp vier Wochen Ende Mai waren die beiden Bartgeier im Klausbachtal ausgewildert worden. Nicht immer ging das Zusammenleben der beiden „Halbstarken“ friedlich ab. Gelegentlich stritten die beiden um die besten Futterhappen. Einmal stürze Wiggerl nach einer Auseinandersetzung sogar aus der Nische über 30 Meter in die Tiefe – er blieb aber unverletzt. Alles in allem handele es sich dennoch um ein recht moderates Verhalten zweier Jungvögel untereinander, betonte Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.
Die sintflutartigen Regengüsse steckten die beiden laut Wegscheider gut weg. „Bartgeier kommen problemlos mit Nässe und niedrigeren Temperaturen zurecht. Das Konturgefieder lässt einen Großteil des Wassers abperlen und die darunterliegenden, wollartigen Daunenfedern halten sie gut warm“, sagte Wegscheider.
Es war die vierte Auswilderung im Nationalpark. Die ersten Geier – Bavaria und Wally – kamen 2021 aus Spanien, ebenso ihre Nachfolgerinnen Dagmar und Recka. Sisi und Nepomuk – das erste Männchen – kamen 2023 aus Österreich dazu. Wally hat als bisher einziges Tier nicht überlebt, sie wurde von einem Stein erschlagen. Vinzenz ist Österreicher, Wiggerl kam aus einem Zuchtprogramm in Finnland. Fans können das Treiben der beiden an der Auswilderungsnische live über Webcam verfolgen. Die Geier zählen mit einer Spannweite bis zu 2,90 Metern zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt.
vs/dpa