Windwurf mit Folgen
Nach Sturmtief Zoltan: Herausforderung und Chance für Nationalpark Berchtesgaden
Kurz vor Weihnachten fegte Sturmtief Zoltan über die Region hinweg und hinterließ deutliche Spuren. Im Nationalpark Berchtesgaden sind Waldarbeiter seitdem schwer beschäftigt. Die Naturgewalt nutzt man als Chance, als „Motor“ für eine natürliche Verjüngung, etwa um Mutterbäume für den kommenden Bergmischwald zu schaffen, sagt Daniel Müller, stellvertretender Nationalparkleiter.
Berchtesgaden - „Natur, Natur sein lassen“ - das Motto des Nationalparks gilt nach Sturmtief Zoltan nur bedingt. Der orkanartige Windwurf hatte große Auswirkungen auf den Nationalpark. Vor allem am Hintersee und rund um das Klausbachhaus war es zu einer Vielzahl an Entwurzelungen gekommen. Die Staatsstraße 2099 musste daraufhin gesperrt werden. Im Internet kursierten eine Menge an Bildern von mächtigen Windwürfen auf Nationalparkgebiet.
Schwerpunkt am Fuße des Hochkalters
Daniel Müller hat vier Tage nach dem Windwurf zumindest eine Ahnung von der Größenordnung des Schadens, wenngleich noch einige Details unbekannt sind: „In den zugänglichen Bereichen des Nationalparks hat das Sturmtief überwiegend Einzelbäume entwurzelt. Vereinzelt sind auch kleinere Windwurfnester entstanden.“ Es gibt mehrere Stellen, an denen der Wind größeren Schaden angerichtet hat. Der ersichtliche Schwerpunkt liegt aber am Fuße des Hochkalters entlang der Staatsstraße 2099. Eine zahlenmäßige Erhebung sei zum aktuellen Zeitpunkt aufgrund der weitläufigen Verteilung aber noch nicht möglich, sagt Müller.
Für die Mitarbeiter des Nationalparks, die auch an den Feiertagen nicht untätig blieben, hieß das zunächst, die Hauptwege freizuräumen, um überhaupt Zugang zur Fläche zu schaffen. „Die Arbeiten sind unmittelbar angelaufen und dauern weiterhin an“, sagt Daniel Müller. Der stellvertretende Parkleiter, der auch das Sachgebiet Parkmanagement leitet, weiß: Die Arbeiten könnten sich bis zum nächsten Frühjahr dauern: „Wanderwege und Steige folgen entsprechend ihrer Bedeutung“, so lautet die interne Priorisierung. Eine groß angelegte Aufarbeitung des Windwurfs im gesamten Nationalpark wird wohl erst nach dem Winter im kommenden Jahr stattfinden.
Holz bleibt großteils vor Ort
Maßnahmen in der Fläche sollen laut Müller ausschließlich in der Pflegezone des Nationalparks erfolgen. Diese beschränken sich dann im Wesentlichen auf die Borkenkäfer-Bekämpfungszone. In leicht zugänglichen Lagen soll ein gewisser Holzanteil der umgestürzten Bäume an lokale Händler weiterverkauft werden. „Großteils verbleibt das Holz aber vor Ort“, sagt Müller. So viel ist sicher: Die Mitarbeiter des Nationalparks wollen im kommenden Jahr in der Borkenkäfer-Bekämpfungszone ein besonderes Augenmerk auf die Vermeidung der sich schnell vermehrenden Tiere legen.
Abseits der Zone werden nur Schäden beseitigt, die bei der Wege- und Objektsicherung eine erhöhte Gefährdung darstellen könnten. Im Rahmen der begleiteten Waldentwicklung sollen in der Pflegezone bei Bedarf auch Buche und Tanne gepflanzt werden: „Um Mutterbäume für den kommenden Bergmischwald zu schaffen“, sagt Daniel Müller.
In der Kernzone des Nationalparks und auf der überwiegenden Fläche werde die „natürliche Dynamik“ unbeeinflusst ihren Lauf nehmen. Daniel Müller weiß: Die Ökosystemdynamik im Wald wird entscheidend von Windwurf und nachfolgendem Borkenkäferbefall beeinflusst. Ergebnisse von Waldinventuren zeigten, dass die Maßnahmen der vergangenen 40 Jahre im Waldmanagement -etwa Pflanzung und Wildbestandsregulierung - griffen.
Störungen als Motor
Mit Gründung des Nationalparks hatte dessen Verwaltung den Auftrag erhalten, naturferne Wälder wie Fichtenreinbestände in der Pflegezone wieder zu natürlichen Waldgesellschaften hin zu entwickeln. So konnte der Anteil der Fichtenreinbestände insgesamt gesenkt werden, weiß Daniel Müller. Eine natürliche Verjüngung findet sich heute auf größerer Fläche und in größerer Mischung - mit natürlicherweise vorkommenden Baumarten. „Störungen sind demnach der Motor dieser Entwicklung“, so der stellvertretende Nationalparkleiter.
Ereignisse wie das Sturmtief Zoltan gelten als Antrieb für die Walddynamik. Langzeitbeobachtungen und Untersuchungen über die Störungsereignisse der vergangenen 35 Jahre im Nationalpark zeigen: Im Schnitt waren jährlich weniger als ein Prozent der Waldfläche von Störungen betroffen. Belegt ist auch: Diese beeinflussen neben der Zusammensetzung auch die Struktur von Wäldern. Analysen haben laut Daniel Müller gezeigt, „dass die bei uns auftretenden Störungsraten die Entwicklung von strukturdiversen Wäldern begünstigen und vielfältige Lebensräume” schaffen.
Sturmtiefs wie Zoltan in Zukunft zu verhindern - unmöglich. Vorbereitet zu sein, sei dennoch „das A und O“, sagt Müller. Für den Nationalpark bedeutet das, ein schlagkräftiges Team vor Ort zu halten, so wie in den vergangenen Tagen - „um rasch reagieren zu können“. Die Reaktion der Nationalpark-Mitarbeiter auf die Sturmschäden an der Staatsstraße und im Rest des Schutzparks fand unverzüglich statt - trotz der Weihnachtsfeiertage.
Vor dem Betreten der Windwurf-Flächen warnt der Nationalpark Berchtesgaden auch weiterhin.
kp


