Verhandlungen am Amtsgericht Laufen
„Wollte Familie retten“: Schleuserfahrten durch die Region wegen Bilder von „erschossenen Leichen“
Ein polnischer Familienvater hat mehrmals Menschen über die Grenzen nach Deutschland gebracht, offenbar um seine eigene Familie zu beschützen, denn Hintermänner hätten ihn massiv unter Druck gesetzt.
Laufen - Eine Schleusung am 18. November 2023 war schiefgegangen. Kroatische Behörden hatten die zwölf Geflüchteten in einem Kia mit verdunkelten Scheiben entdeckt. Daraufhin sollen die Hintermänner den 41-jährigen polnischen Fahrer mit diversen Videos unter Druck gesetzt haben, was zu zwei weiteren Fahrten führte.
Am vergangenen Nikolaustag (6. Dezember 2023) wurde er am Grenzübergang Steinpass bei Melleck mit vier Türken im Auto erwischt. Seitdem sitzt der Pole schon fünf Monate in Untersuchungshaft. Das Laufener Schöffengericht urteilte jetzt, wegen Einschleusens und Behandlungen, die das Leben gefährden, in zwei Fällen auf zwei Jahre und drei Monate.
Dieses Scheitern in Kroatien und die daraus resultierenden Kosten von angeblich 5000 Euro für die Hintermänner sollen der Grund gewesen sein, den Familienvater unter Druck zu setzen. „Sie haben mir ein Video geschickt, wo ich meine Tochter von der Schule abhole“, schilderte der Angeklagte, „und dazu ein Bild mit erschossenen Menschen in einem Auto.“
In einer Diskothek will er den Auftraggeber kennengelernt haben und später mit einem „Jack“ und einem „Max“ per Telegram in Verbindung gestanden haben. Auf seinem Handy hatten die Ermittler dann die Daten des Vortags, des 5. Dezember 2023, gefunden, als der Pole fünf Syrer irgendwo bei Siegsdorf chauffiert hatte. Auch hier war ein Passagier im Kofferraum gelegen.
Der Pole ist weder im In- noch im Ausland vorbestraft. Die fünf Monate Untersuchungshaft waren sein erster Gefängnisaufenthalt. Staatsanwältin Vera (Sophia) Wagner wollte den Mann für zwei Jahre und vier Monate hinter Gitter schicken. „Er stand unter Druck“, versuchte Rechtsanwalt Florian (Georg) Eder zu erklären, denn per Handy habe er Bilder „erschossener Leichen“ erhalten. Der Verteidiger hielt die Geschichte seines Mandanten für glaubhaft und sah deshalb eine „andere Motivation, als wenn es nur um Geld geht.“ Weil der Pole nicht vorbestraft ist, hielt Eder eine Bewährungsstrafe von 20 Monaten für ausreichend.
„Ich wollte meine Familie retten“, beteuerte der Angeklagte, „ich habe mein ganzes Leben gearbeitet.“ Und dabei gut verdient, wie Vorsitzender Martin Forster feststellte. Umso unverständlicher, dass er sich „in diesem Milieu“ bewege, wo geschwärzte Autoscheiben schon eine gewisse „Delikt Tiefe“ erkennen ließen. Die Richter entschieden auf zwei Jahre und drei Monate, weshalb sich die Frage einer Bewährung nicht stellte.
Der Vorsitzende zeigte dem Polen die Perspektiven auf: bei guter Führung könne er nach Verbüßen der Halbstrafe in sein Heimatland abgeschoben werden. Zieht man davon noch die fünf Monate U-Haft ab, so wäre der Familienvater nach rund acht Monaten wieder auf freiem Fuß.
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