Fall aus der Region beschäftigt Richter in Laufen
Mit Tic Tac angelockt und Schweigegeld geboten: Rentner missbraucht Nachbarskind
Ein Rentner aus dem Berchtesgadener Land nutzte die Freundschaft zu seiner Nachbarsfamilie aus, um deren kleines Mädchen zu missbrauchen. Er lockt das Kind mit Tic Tac und bedrängt die Familie, die Anzeige zurückzuziehen. Am Laufener Amtsgericht wurde er nun verurteilt.
Berchtesgadener Land / Laufen - Die beiden Häuser stehen abgelegen. Das Verhältnis zwischen dem Vermieter und der Mieterfamilie nebenan schien freundschaftlich. Zunächst. Doch dann soll der heute 84-Jährige das kleine Mädchen der Familie, nennen wir sie Lisa, mit Tic Tac gelockt haben. Ins Haus, in die Ferienwohnung, ins Auto. Sein Ziel: Küsse. Mindestens einmal soll er mit seiner Zunge in den Mundraum der Kleinen eingedrungen sein. Wegen sexuellen Missbrauchs in sechs Fällen stand der Mann jetzt in Laufen vor dem Jugendschutzgericht.
Das Klappern der Tic Tac-Box soll das Signal gewesen sein, um das vermeintlich unbeobachtete Vorschulkind zu locken, sie auf den Schoß zu nehmen und zu küssen. Als Geschenk gab es Plüschtiere. Lisa soll sich stets bemüht haben, Mund und Zähne fest zusammenzudrücken, was nicht immer gelang. „Sie fand das ekelhaft und hat es unter Tränen geschildert“, berichtete die ermittelnde Kriminalbeamtin im großen Sitzungssaal. Ohne Belastungseifer habe Lisa ihr von den Vorfällen berichtet.
„Sie war trotzdem ein fröhliches und freundliches Kind.“
Die Mutter hatte es irgendwann bemerkt: „Etwas stimmt nicht.“ Sie habe daraufhin versucht, ihre Kinder im Blick zu haben, schilderte sie im Gerichtssaal. Und doch war es dem Angeklagten gelungen, Lisa ins Haus zu locken, die Tür zu versperren und die Vorhänge zuzuziehen. Einmal hatte der Rentner Lisa aus dem Sandkasten gezogen und sie auf den Schoß genommen. Dem Nacheilen der Mutter soll der Angeklagte barsch begegnet sein: „Was duast’n du da? Oiwei laffst glei hinterher.“
Mindestens einmal habe sie Lisa „tränenüberströmt“ erlebt, berichtete die Mutter .„Doch nach ihrer Aussage bei der Polizei ist Lisa richtig aufgeblüht.“ Doch wie weiter? Aus einem Paradies wegziehen? „Die Kinder sollten ihre liebste Heimat verlieren, bloß weil er sich nicht im Griff hat“, sagte die Mutter unter Tränen. Der Angeklagte soll die Familie unter Druck gesetzt haben, sie könnten das bislang gemietete Haus kaufen, wenn sie ihre Anzeige zurückzögen. Und anderweitig Druck aufgebaut haben: er und seine Lebensgefährtin würden sich das Leben nehmen.
„Er hat uns auch Geld angeboten“, sagte die Mutter. Geld floss dann im Gericht. Verteidiger Julian Praun übergab 5000 Euro als Entschädigung an die Familie. „Das großväterliche Verhältnis ausgenutzt und gezielt auf TicTac konditioniert“, stellte Staatsanwältin Theresa Finsterwalder fest. Sie beantragte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die „gerade noch“ zur Bewährung ausgesetzt werden könne.
Rechtsanwalt Praun würdigte das „frühzeitige Geständnis“, das Lisa eine nochmalige Aussage erspart habe. Nicht zuletzt aufgrund des Täter-Opfer-Ausgleichs seien 14 Monate zur Bewährung ausreichend. Das Urteil der drei Richter lautete auf 20 Monate, die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Strafverschärfend wertete das Gericht das junge Alter des Mädchens und die Ausnutzung des Vertrauensverhältnisses. Von dem beantragten Kontaktverbot sah Vorsitzender Christopher Lang ab, weil es bei den „Wohnverhältnissen“ kaum einzuhalten sei. „Das müsste gegebenenfalls von einem Familiengericht differenzierter verhandelt werden.“ Das Urteil wurde sofort rechtskräftig. (hhö)