Verhandlung am Amtsgericht Laufen
Mysteriöses Geschehen beim Almrausch-Jubiläum – war Pfefferspray im Spiel?
Bei dem Jubiläumsfest im Berchtesgadener Kongresshaus soll ein Sicherheitsmann (41) einem Gast Pfefferspray ins Gesicht gesprüht haben. Der Angeklagte stand nun vor dem Amtsgericht in Laufen.
Berchtesgaden/Laufen - Sonntagabend. Das dreitägige Jubiläumsfest im Berchtesgadener Kongresshaus war am Ausklingen, als ein 28-jähriger Schellenberger einen anderen Gast am Boden derart würgte, dass der einen Asthma-Anfall erlitt. Vom Sicherheitspersonal unter lautem Gezeter nach draußen gebracht, schrie der Randalierer plötzlich vor Schmerzen. Hatte einer der Sicherheitsleute Pfefferspray eingesetzt, wie ihm die Staatsanwaltschaft vorwarf? Das bestritt der 41-Jährige, denn er habe nie Pfefferspray dabei und dürfe dies auch gar nicht. Doch was war geschehen? Das versuchte der Strafrichter am Laufener Amtsgericht mithilfe von acht Zeugen zu klären.
Getroffener kann sich nicht erinnern
Wer es wissen müsste, war der Getroffene. Doch der Schellenberger gestand, betrunken „gerangelt“ zu haben und dann raus geführt worden zu sein. „Erinnern kann ich mich dann wieder, als ich mit Schmerzen am Boden lag“, berichtete der 28-Jährige. Ob der angeklagte Sicherheitsmann dann noch da war? „Weiß nicht mehr.“ Eine junge Bankkauffrau will den Schellenberger „wehrlos“ an der Wand stehen gesehen haben, ihm gegenüber zwei Türsteher.
„Er lag dann am Boden und hat voll geschrien“, so die Zeugin, „seine Augen haben getränt.“ Dem Opfer zu Hilfe eilend, klagte auch die junge Frau wenig später über rote und brennende Augen. Jemanden mit Pfefferspray will sie jedoch nicht gesehen haben. „Ich kenne auch niemand, der was gesehen hat.“
Feuerwehrmann war vor Ort
Doch es gibt jemand. Einer will im Vorbeigehen den Griff des Angeklagten in die Tasche und den folgenden Sprühstoß ins Gesicht des Opfers beobachtet haben. Der 31-Jährige berichtete zudem von zwei Türstehern und einem Feuerwehrmann am Ort des Geschehens. Dieser 47-jährige Uniformierte schilderte, dass er beruhigend habe einwirken wollen. „Als ich dort war, passierte nichts mit Pfefferspray“, versicherte dieser Zeuge. Er sei dann heimgegangen, doch als er bemerkte, etwas verloren zu haben, wieder zurückgekehrt. „Da war eine Gruppe junger Leute, die sich um den Betrunkenen gekümmert haben.“ So berichtete es auch der Angeklagte. „Ich habe den Randalierer an ein Mädel und an seine Spezl übergeben.“
Polizei durchsucht die Sicherheitsleute
Ein 30-jähriger Kollege des Angeklagten schilderte eindringlich, wie sich der Schellenberger zuvor aufgeführt hatte, aufgebäumt und gedroht. Dieser Zeuge erzählte, er habe dessen Freund abgehalten, sich in das Geschehen draußen einzumischen. Doch auch dieser 23-Jährige will weder Tat noch Pfefferspray beobachtet haben. Auch der Sicherheits-Kollege sagte, erst „vom Sani“ von dem angeblichen Spray gehört zu haben.
Alle drei Sicherheitsleute waren anschließend von der Polizei durchsucht worden. „Wir haben das Umfeld abgesucht und in die Mülleimer geschaut, aber nichts gefunden“, berichtete ein Beamter der PI-Berchtesgaden. Der Angeklagte wunderte sich, dass allein die Sicherheitskräfte durchsucht worden waren, nicht aber andere Leute im Umfeld. Der 41-Jährige füge noch hinzu: „Ich bin seit Jahren Türsteher, da machst du dir keine Freunde.“
Staatsanwaltschaft beantragt Bewährungsstrafe
Wie war man dann auf jenen Zeugen gekommen, der den Sprühstoß beobachtet haben will? „Dem Geschädigten ist zugetragen worden, dass jemand was gesehen hat“, erwiderte der Polizist. Tobias Streifinger sah zumindest die „Rahmenbedingungen“ übereinstimmend geschildert; allein jener Zeuge „ohne nähere Beziehung“ zu den Beteiligten habe das Geschehen beobachtet. Weil kein Zweifel an den „Schäden“ bestehe, beantragte der Vertreter der Staatsanwaltschaft eine dreimonatige Bewährungsstrafe wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Körperverletzung.
„Die Zeugen standen daneben und haben nichts gesehen“, fasste es Rechtsanwalt Florian Georg Eder zusammen. Einzig dem 31-Jährigen sei zwei Wochen später eingefallen, das angebliche Geschehen beobachtet zu haben. „Es fand sich nirgends Pfefferspray“, so der Verteidiger, der „im Zweifel für den Angeklagten“ auf Freispruch plädierte.
Auch dem Richter kam die Sache seltsam vor. „Dieser eine Zeuge kennt den Geschädigten und meldet sich nicht“, wunderte sich Christian Daubner, dem insgesamt „zu viele Unwägbarkeiten“ blieben. Er entschied auf Freispruch. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.
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