Bundespolizei verkündet Zahlen für Bayern
Direkte Zurückweisungen an den Grenzen ohne Asylprüfung? Österreich lehnt Forderung strikt ab
Die Themen Migration und illegale Einreisen dominieren den aktuellen Wahlkampf. Doch bei den aktuellen Debatten werden die Begriffe Zurückweisen, Zurückschiebungen und Abschiebungen gerne vermischt. Dabei gibt es sehr wohl Unterschiede. Und: Die Forderung von einigen deutschen Parteien, keine Asylanträge mehr anzunehmen und alle an der Grenze oder in Grenznähe automatisch ohne Asylprüfung zurückzuschicken, stößt in Österreich auf Ablehnung.
Freilassing/München/Salzburg - Einige Parteien setzen jetzt im Endspurt des Wahlkampfs voll auf das Thema Migration und illegale Einreise, Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz fordert zum Beispiel eine „dauerhafte Grenzkontrolle“ – die es zwischen Bayern und Österreich seit Herbst 2015 de facto gibt - sowie „Zurückweisungen an der Grenze“, was nach Meinung einiger Verfassungsjuristen einer geschlossenen Grenze gleichkommt.
Tatsächlich gibt es bereits jetzt Zurückweisungen: Im Jahr 2024 hat die Bundespolizei alleine in Bayern genau 7476 Personen zurückgewiesen. Alle waren auf dem Landweg von Österreich kommend eingereist und sind auch wieder nach Österreich zurückgewiesen worden. Dazu kommen 362 Zurückschiebungen und 772 Abschiebungen. In Summe sind also 8610 Männer, Frauen und Kinder „außer Landes gebracht“ worden. Die Bundespolizei spricht bei Zurückweisungen von einer von drei „aufenthaltsbeendende Maßnahmen“, dazu zählen auch Zurückschiebungen und Abschiebungen. Alle Begriffe werden in der aktuellen Debatte gerne vermischt.
Was ist eine Zurückweisung?
Eine Person reist nach Deutschland ein, hat aber keine erforderlichen Dokumente dabei, also zum Beispiel keinen Reisepass und kein Visum. Wird diese Person direkt an der Grenze oder im unmittelbaren Nahbereich kontrolliert, zum Beispiel in Freilassing am Salzburger Platz oder am Bahnhof, ist sie zwar tatsächlich schon in der Bundesrepublik, aber juristisch ist eine Kontrolle dann immer noch eine Grenzkontrolle - so als ob sie direkt auf der Saalbrücke oder direkt am Walserberg stattfinden würde. Zwei Hauptgründe können in diesem Fall zu einer Zurückweisung führen: Es besteht bereits ein Einreiseverbot, aus welchem Grund auch immer, oder die Person kann ein Asylansuchen nicht glaubhaft vorbringen. Das gilt, wenn jemand zum Beispiel sagt, dass er „Asyl will, um in Deutschland zu arbeiten“.
In diesen Fällen werden die Personen unmittelbar nach der Feststellung an die österreichische Polizei übergeben. In Freilassing werden die zurückgewiesenen Männer, Frauen und Kinder entweder von der Bundespolizei zur Salzburger Fremdenpolizei an der Saalbrücke gefahren oder von der Salzburger Polizei in Freilassing abgeholt. In Österreich werden sie dann kurz befragt, stellen dann möglicherweise in Österreich einen Asylantrag oder haben in Österreich bereits bei der Einreise durch die erste Registrierung einen Antrag gestellt. Dann werden sie auf freien Fuß gesetzt. Insider gehen allerdings davon aus, dass ein Großteil der Zurückgewiesenen erneut nach Deutschland einreist.
Was ist eine Zurückschiebung?
Auch dazu gibt es vom Bundespolizeipräsidium in München eine Zahl für 2024: So wurden 362 Personen von Bayern nach Österreich zurückgeschoben. Von einer Zurückschiebung spricht man, wenn die Einreise nach Deutschland „vollzogen“ ist, die Person sich also nicht mehr in unmittelbarer Grenznähe aufhält, sondern zum Beispiel von einem Schleierfahnder in einem 30-Kilometer-Radius entdeckt wird.
„Es ist aber nach wie vor ein zeitlicher und räumlicher Zusammenhang zum Grenzübertritt erkennbar“, erklärt ein Sprecher der Bundespolizei. Auch in diesem Fall wird die illegal eingereiste Person außer Landes gebracht, wenn keine Einreisevoraussetzungen vorliegen, ein Einreiseverbot besteht oder eben kein Asylansuchen glaubhaft gemacht werden kann.
Was ist eine Abschiebung?
Von einer Abschiebung wird dann gesprochen, wenn sich ein Migrant schon längere Zeit in Deutschland aufhält, egal ob Wochen, Monate oder Jahre. „Es ist kein Zusammenhang zum Grenzübertritt mehr erkennbar“, erklärt der Sprecher. 772 Personen wurden 2024 von Bayern aus abgeschoben. Ein Großteil davon nach Österreich, weil die Person zum Beispiel bei der Durchreise, also bei der Einreise nach Österreich, registriert wurde, also ein Asylansuchen in Österreich gestellt hat, weil ihm sonst die Einreise verweigert worden wäre.
Zu einer Abschiebung kann es aber auch bei einer legalen Einreise kommen, zum Beispiel mit einem Visum. Hat jemand zum Beispiel ein Visum für einen Monat bekommen, bleibt aber länger, kann er ebenfalls abgeschoben werden. Auch abgelehnte Asylbewerber müssen, oder besser müssten, ausreisen - entweder freiwillig oder mit Zwang, also mit einer Abschiebung.
Widerstand aus Österreich
Die Forderung von einigen deutschen Parteien, keine Asylanträge mehr anzunehmen und alle an der Grenze – oder eben in Grenznähe – automatisch ohne Asylprüfung zurückzuschicken, lehnt der Österreichische Innenminister Gerhard Karner naturgemäß strikt ab. Und das, obwohl seine Partei, die ÖVP, im Rahmen von Koalitionsverhandlungen über denselben Vorschlag derzeit mit der rechten FPÖ verhandelt.
Karner sagte am Rande einer Pressekonferenz in Salzburg Ende Januar, dass er davon ausgehe, „dass Deutschland nach wie vor die Menschen versorgt, die an der Grenze zu Deutschland ein Asylansuchen stellen“. Eine Zurückweisung könne es nur geben, wenn ein anderer EU-Staat formell zuständig sei, eine Person zum Beispiel in Österreich oder einem anderen EU-Staat bereits um Asyl angesucht habe. Dies sei im Dublin-Verfahren so geregelt, das aber nach Meinung vieler Experten eigentlich schon längst nicht mehr funktioniert. (hud)