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Mega-Projekt in Bischofswiesen

Warum die neue Schießanlage der Gebirgsjäger Millionen verschlingt

Großes Ding: Ein Soldat in der Baustelle der Schießanlage in Bischofswiesen.
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Großes Ding: Ein Soldat in der Baustelle der Schießanlage in Bischofswiesen.

Die neue Schießanlage in Bischofswiesen kostet deutlich mehr als geplant. Die neuesten Entwicklungen rund um das Millionen-Projekt erfährst du hier.

Bischofswiesen – Rund 18,5 Millionen Euro mehr als geplant soll die von der Bundesrepublik Deutschland am Standort Bischofswiesen verwirklichte Schießanlage für die Gebirgsjäger der Bundeswehr kosten. Mehr als 45 Millionen Euro Gesamtkosten, bestätigt Wolfgang Fruth, Leiter des Fachbereichs Hochbau am Staatlichen Bauamt Traunstein. Der eigens entwickelte Lärmschutz ist Neuland – und kostet eine Millionensumme. „Eine Sonderlösung“, sagt Fruth. Für mögliche Unwetter hat man mit riesigen unterirdischen Rückhaltebecken vorgesorgt.

Acht Jahre Entstehung

Wenn die Schießanlage im kommenden Jahr in Betrieb gehen wird, ist diese mehr als acht Jahre in Entstehung. Das Projekt erlebte Höhen und Tiefen. Einen Krieg, Inflation und massive Kostensteigerungen später sind aus den ursprünglich angedachten 27 Millionen nun 45,5 Millionen Euro geworden. 

Für das Hochbauamt Traunstein ist die 265 Meter lange Anlage das derzeit größte Projekt überhaupt, bestätigt Wolfgang Fruth. Mit einer Netto-Raumfläche von 13.000 Quadratmetern und einem Brutto-Rauminhalt von 83.000 Kubikmetern ist das Gebäude zudem eines der größten in der Region. „Corona, Ukraine, enorme Baupreiskostensteigerungen“, sagt Fruth und rechtfertigt damit die neu angesetzte Summe. Weitere Kostensprünge erwartet er nicht. In der Tat lässt sich der Staat die Umsetzung viel Geld kosten. Jedoch: Mehr Hightech für die Schieß-Ausbildung von Soldaten gibt es derzeit in Deutschland nirgendwo. 

Wolfgang Fruth

Mehr als 1200 Gebirgsjäger sollen an den Schießbahnen üben

Auf 18 kurzen und langen Schießbahnen von bis zu 250 Metern sollen mehr als 1200 Gebirgsjäger den Umgang mit der Waffe perfektionieren, um im Verteidigungsfall und bei Auslandseinsätzen gewappnet zu sein. Für die Bundeswehr gelten mitunter enorme Auflagen, die sie am Standort in direkter Nähe zur Wohnbebauung erfüllen muss, weiß Hannes Frauenschuh vom Ingenieurbüro BPR Dr. Schäpertöns Consult. Eine Anlage, wie die in Bischofswiesen, gibt es kein zweites Mal – wo in Steinwurfnähe Wohnhäuser stehen. „Gewöhnlich üben wir das Schießen immer abseits“, sagt stellvertretender Bataillonskommandeur Marcus Sturm. 

Stellvertretender Bataillonskommandeur Marcus Sturm in einer im Ausbau befindlichen Raumschießanlage am Standort.

Tausende Schüsse könnten hier in Zukunft zu Übungszwecken pro Tag abgegeben werden, ob auf den langen Bahnen oder in der neuen Raumschießanlage. Die Lautstärke entscheidet, was geht und was nicht. Bei der Bundeswehr gibt es hohe Auflagen und klare Richtlinien: Deshalb hat auch der Arbeitsschutz besondere Priorität, denn die akustische Belastung der Soldaten soll auf ein Minimum reduziert sein. Früher seien die Auflagen bei Weitem nicht so hoch gewesen wie heute, heißt es bei der Bundeswehr. Zudem war bisher noch kein geeignetes System auf dem Markt erhältlich, das all die Anforderungen an den akustischen Schallschutz und an die Schießsicherheit erfüllt. 

Lärmschutz großes Thema

In den Entscheiderkreisen der Bundeswehr hat man sich zusammen mit Planern und Experten Gedanken gemacht, wie man die Lärmimmissionen auf das Umfeld so gering wie möglich hält. Gutachter waren am Werk, Materialien wurden getestet. Das Bundesministerium der Verteidigung hat hierfür einen wettbewerblichen Dialog initiiert, an dem sich Unternehmen beteiligten, um zielgerichtet Lösungen für die Anforderungen der Bundeswehr in Sachen Lärmschutz zu finden. Herausgekommen ist eine Eigenentwicklung: eine akustisch wirksame Wand- und Deckenbekleidung.

„So etwas gab es bislang noch nicht. Das ist eine Neuentwicklung, die nur in Bischofswiesen existiert“, weiß Wolfgang Fruth. Die akustische Wandverkleidung könnte in Zukunft auch andernorts auf Interesse stoßen. Fünf Millionen Euro hat die Installation der rund zwei Zentimeter dicken Platten, die an Filz erinnern, gekostet. Auf mehr als 13.000 Quadratmetern wurde eine Grundlattung aus Holz angebracht, ein Rückprallschutz aus Aluminium sowie das spezielle Akustikdämmmaterial. Ob der Lärmschutz am Ende erfüllt, was er soll, wird sich erst nach dem Probebetrieb zeigen, sagt Projektleiter Johann Hunklinger vom Staatlichen Bauamt Traunstein.  

Spezielle Rasterkassettendecken für den Lärmschutz überspannen die direkt mit der Außenwelt verbundenen langen Schießbahnen. Die Decken bestehen aus akustisch wirksamen Materialien und Designs, die Schall brechen und absorbieren und trotzdem den Soldaten „den Bezug zur Außenwelt garantieren“, sagt der stellvertretende Bataillonskommandeur Marcus Sturm. Kniend, liegend und stehend werden die Gebirgsjäger hier auf vollautomatische Ziele, sogenannte Klappfallanlagen, schießen können.

Auswechselbare Höhenblenden an der Decke, in zwölf Metern Abstand zueinander, sollen verhindern, dass Schüsse nach außen dringen. Der beim Schießen entstehende Schmauch, ein Rückstand, der bei der Verbrennung von Munition entsteht, wird von gewaltigen Lüftungsanlagen mit speziellem Gebläse vom Soldaten weg und nach vorne in einen Abzug im Zielbereich transportiert. Schmauch besteht aus Ruß und anderen Verbrennungsprodukten nach dem Abfeuern einer Schusswaffe und gilt als gesundheitsschädlich.

PU-Granulat für Zielbereich

Projektile landen im Zielbereich in einer Masse aus PU-Granulat. „Früher hat man Sand verwendet“. Dieser musste schließlich aber als Sondermüll deklariert werden. Das PU-Granulat ist nun wiederverwendbar.

Das PU-Granulat wird in den Zielbereich geblasen. Die Projektile der Waffen landen dort dann drin.

Auch in Sachen Unwetterlagen musste man auf der Bundeswehr-Baustelle vorsorgen, weiß Ingenieur Hannes Frauenschuh. Nach dem Starkregen von 2021 über Berchtesgaden ist man auch bei der Bundeswehr vorsichtig geworden. Neben der Schießanlage liegt der Silberg, ein militärischer Sicherheitsbereich, in dem Soldaten trainieren. 46 Hektar Einzugsbereich beim Oberflächenwasser, weiß Johann Hunklinger. Vorsorglich haben die Planer für eine Millionensumme drei unterirdische Rückhaltezisternen installieren lassen - mit einem Rückhaltevolumen von 500 Kubikmetern. Kostenpunkt: 1,5 Millionen Euro.

Ingenieur Hannes Frauenschuh vom Ingenieurbüro BPR Dr. Schäpertöns Consult aus Bad Reichenhall.

Diesen Herbst soll der Bau abgeschlossen werden. Dann geht es in den technischen Probebetrieb. Lärmschutz und Akustik werden dann auf Herz und Nieren gutachterlich überprüft. Eine zertifizierte Messstelle soll die Abnahme leisten. Im Frühjahr kommenden Jahres könnte der Betrieb dann starten. Stellvertretender Bataillonskommandeur Marcus Sturm freut sich darauf, wieder zu Hause trainieren zu können. Auf die Busfahrten ins österreichische Hochfilzen können die Soldaten dann verzichten. „Am Ende ist das ja alles auch eine Kostenfrage“, sagt er.

kp

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