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So soll der Fasching wieder aufleben

Berchtesgadener „Narr“ kämpft um die Rückkehr der fünften Jahreszeit

Faschings-Grafenpaar-Vorstellung in Berchtesgaden
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Abordnungen verschiedener Faschingsgilden aus Kuchl und Salzburg kamen zur Grafenpaar-Vorstellung.

Für Faschingsfreunde war 1998 ein ganz besonderes Jahr: Damals fand der letzte große Karnevalsumzug in Berchtesgaden statt. Die Faschingsgilde zog durch den Markt. 10.000 Zuschauer sollen es damals gewesen sein, die das Spektakel anschauten. Seitdem ging es für die Karnevalisten sukzessive steil bergab. Bis am vergangenen Sonntag Hans Staudinger den Narren wieder Leben einhauchte. Zumindest versucht der 67-Jährige das.

Berchtesgaden - Berchtesgadener sind Faschingsmuffel. Das sagen alle Narren, die hier daheim sind und den alten Zeiten mit nostalgischer Verbundenheit hinterher trauern. Früher gab es noch Faschingsbälle und Einmärsche. Umzüge wurden groß zelebriert. Es gab sogar eine Gilde - bis 2016.

Der Fasching hatte Präsenz: Es existierte eine große Gemeinschaft Gleichgesinnter, die sich das ganze Jahr über auf die fünfte Jahreszeit freute. Die Vorfreude auf nächstes Jahr startete, sobald der Fasching vorbei war. Jetzt sind die Rollen neu verteilt: Graf Hans der Erste am Fuße des Watzmann aus dem Berchtesgadener Land und Gräfin Karin wollen an alte Zeiten anknüpfen. 

„Die Zeiten für Faschingsbegeisterte waren früher deutlich besser“

Denn Berchtesgaden ist heute kein Sehnsuchtsort mehr für Prinzenpaar und Gilde. Viele derer, die den Fasching lebten, sind verstorben - der Nachwuchs ist dabei auf der Strecke geblieben. Alte Faschingstraditionen sind verschütt gegangen. Ob Salzburg, Kuchl oder Traunstein: Narrentum und Karneval haben dort einen deutlich größeren Stellenwert als im Tourismusörtchen am Alpenrand. „Die Zeiten für Faschingsbegeisterte waren früher deutlich besser”, klagt Hans Staudinger. Da führt selbst der Wunschgedanke, sich Köln nach Berchtesgaden zu wünschen, nicht ans Ziel. 

Hans Staudinger ist Faschingsfreund aus frühen Zeiten. Der 67-jährige Berchtesgadener liebt Karneval, Fasching, wie man auch immer sagt, das ganze Drumherum eben - „seit meiner Kindheit schon.” 

Neuer Verein „Berchtesgadener Faschingsfreunde“

Ein engagierter, in die Jahre gekommener Kreis rund um den Berchtesgadener hat nun den Verein der „Berchtesgadener Faschingsfreunde” ins Leben gerufen. Sie planen Großes für den Ort. „Ich hoffe, es wird irgendwann zum Selbstläufer”, sagt Karin Zechmeister, die Hans Staudinger in seinen Bestrebungen unterstützt, die fünfte Jahreszeit wieder als festen Bestandteil in den Jahreskalender zu hieven. 1988 war Zechmeister mal Faschingsprinzessin. Lange ist‘s her. „Das war eine schöne Zeit”, sagt die Schönauerin.  

„Wir wollen uns wieder präsentieren, dem Ort Leben einhauchen und an vergangene Traditionen anknüpfen”, hofft Staudinger - der seit 1974 dem Fasching verbunden und jetzt auch Präsident des neuen Vereins ist. Er ist Mitglied in etlichen weiteren Vereinen, dem Landesverband Oberbayern im Bund deutscher Karneval etwa oder beim Bund Österreichischer Faschingsgilden. Staudinger hat als Narr eine lange Dürrephase mit viel Verzicht hinter sich. Für den Fasching musste er immer nach Salzburg, Kuchl oder Traunstein fahren.

Wenn der Graf die Gräfin schmückt.

Hoffen auf Nachwuchs

Für ein junges Prinzenpaar hat es für die Premiere zwar nicht gereicht, sagt Hans Staudinger. Der Nachwuchs fehlt noch immer seit der Vereinsgründung vor fünf Monaten. Einen Online-Auftritt gibt es noch nicht. Der vereinseigene Orden soll erst im Januar fertig sein. „Der 3D-Drucker macht Probleme”, weiß der 67-Jährige. 

Zwölf Männer und Frauen stark ist der Zusammenschluss Gleichgesinnter, der künftig zur Gilde werden soll, wenn Staudingers Vorhaben so aufgeht, wie er sich das wünscht. Man hofft auf Mundpropaganda und dass die Berchtesgadener Gefallen an der neuen Faschingsvereinigung finden. 

Unterstützung durch die Nachtwächterin

Mit Berchtesgadens Nachtwächterin Anna Glossner hat sich Staudinger zudem Verstärkung ins Boot geholt. Verkleidet in historisches Gewand berichtet sie Urlaubsgästen bei Nachtwanderungen seit Jahrzehnten historisch-humoristisch über Berchtesgadens Geschichte.

Faschingstauglich? Eher weniger. Trotzdem hat sich Glossner eine Geschichte ausgedacht, in der sie das neue Grafenpaar in Berchtesgaden offiziell einführt. 

Das Ziel: 2026 Fasching im großen Stil

Zur Grafenpaar-Vorstellung sind der Einladung in das Traditionsgasthaus Neuhaus Abordnungen mehrerer Faschingsvereine gefolgt, Vertreter der Faschingsfreunde Naracula aus dem österreichischen Kuchl, eine Abordnung der 1. Großen Salzburger Faschingsgilde und ein junges Tanzmariechen der Berchtesgadener Goaßen. Sie sollen dem Grafenpaar nun die Ehre erweisen: Hans Staudinger ist der neue Graf, Karin Zechmeister seine Gräfin. Sie steht ihrem Begleiter während der Faschingssaison zur Seite.

Ihre Absichten: Kontakte zu knüpfen, Bälle zu besuchen und spätestens 2026 den Fasching in ganz großem Stil nach Berchtesgaden zurückzuholen, sagt der Vereinspräsident mit Zuversicht in der Stimme. Er möchte wieder einen Hofball veranstalten sowie ein Gardetreffen. Die ganz großen Dinge eben, die den Fasching ausmachen. Er ist guter Dinge, dass es klappen könnte. So sieht das auch Roland Schwärzler. Der Vorarlberger und einzige offizielle Botschafter des Kölner Karnevals findet Staudingers Absichten unterstützenswert. Er ist eigens angereist und freudig gestimmt. Immerhin darf er die Gräfin krönen. Das Plastikdiadem setzt er ihr zunächst verkehrt herum auf den Kopf. Kann schon mal passieren. 

Selbst Berchtesgadens Bürgermeister Franz Rasp ist zur Grafenpaar-Vorstellung erschienen. Am Tisch wird er gefragt, ob die Narren mal sein Rathaus stürmen dürfen. Denn früher war das immer so. „Wir müssen halt einen Termin vereinbaren, damit euch jemand in Empfang nimmt”, sagt Gemeindechef Rasp. Als großer Faschingsfreund ist der eher dem Sport zugewandte Rasp zwar nicht bekannt. Allerdings findet er es gut, wenn sich Leute für eine Sache einsetzen. Die Gemeinde zeigte sich in der Vergangenheit immer bereit, wenigstens ein paar Euro für närrische Ambitionen zu geben. Eine Rathaus-Erstürmung nimmt er dafür schon mal in Kauf. (kp)

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