Unternehmer zahlt Sozialbeiträge nicht
Berchtesgadener Bauarbeiter nicht versichert – „Gretchenfrage“ in Laufen: Bewährung oder Knast
Ein Bauarbeiter steht vor hohen Kosten für eine notwendige Operation, da sein Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat. Der Betrug fliegt auf, als der Arbeitnehmer eine Lohnbescheinigung für einen Kredit benötigt. Der Arbeitgeber hatte bereits in der Vergangenheit mit dem Gesetz zu tun.
Berchtesgadener Land/Laufen – Der Bauarbeiter war aus allen Wolken gefallen. Für eine notwendige Krankenhaus-Operation hätte er mehr als 10 000 Euro aus der eigenen Tasche zahlen sollen. Der Grund: Sein Chef hatte weder die nötigen Sozialversicherungsbeiträge, noch die Gelder für die Unfallversicherung an die Berufsgenossenschaft abgeführt. Vom Juni 2019 bis zum März 2024 summierten sich die Rückstände auf 202.400 Euro. Das Laufener Schöffengericht stand letztlich vor der Entscheidung: Bewährungschance oder Knast?
Private und geschäftliche Brüche beschrieb der 54-jährige als Grund für diese Entwicklung. Trennung, Umzüge, kein Büro und ein Steuerberater, der sich in den Ruhestand verabschiedet hatte. „Es war nie meine Absicht“, versicherte der Firmenchef zu den Taten und schilderte, wie er nötige Maßnahmen stets vor sich hergeschoben habe. „Mach ich, mach ich, …“ Dabei sei die Auftragslage meist gut gewesen.
Persönliche und berufliche Herausforderungen führen zu wiederholten Gesetzesverstößen
Anderseits: Der Mann hatte schon einmal Insolvenz anmelden müssen und war bereits 2020 wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt zu einer Geldstrafe verurteilt worden. 2024 folgte ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung, weil er Lohnsteuer nicht abgeführt hatte. Bei zwei weiteren Urteilen war es um Straßenverkehrsgefährdung und Trunkenheit im Verkehr gegangen. Im Dezember 2022 hatte der Angeklagte schon einmal 6100 Euro an den Gerichtsvollzieher überwiesen.
Mit der notwendigen OP eines der beiden Mitarbeiter war die Sache ans Licht gekommen, wie die Ermittlerin der Zollfahndung im Zeugenstand berichtete. „Er war nicht sozialversichert.“ Daneben hatte ein Beschäftigter eine Lohnbescheinigung erbeten, um an einen Bankkredit zu kommen. Auch da hatte der Angeklagte vertröstet und letztlich selbst Lohn vorgestreckt. „Über fünf Jahre keine Anmeldung“, bilanzierte die Zollhauptsekretärin, was schließlich zu einem Durchsuchungsbeschluss geführt hatte.
„Das wirkt sich ja auch auf die Rentenansprüche der Mitarbeiter aus“, ergänzte Richter Martin Forster die Auswirkungen. Staatsanwältin Pia Dirnberger verwies auf den Umstand, dass der Angeklagte selbst nach dem Urteil von 2020 so weitergemacht habe, „und die Arbeiter hinhält.“ Nicht nur der Schaden sei ungewöhnlich hoch, sondern auch die beiden Arbeiter seien nicht versichert gewesen. Dirnberger wollte mit zwei Jahren und neun Monaten keine Bewährung mehr zugestehen.
Bewährungschance oder Haftstrafe für den Unternehmer?
Zwei Tage vor der Verhandlung hatte der 54-Jährige noch 5000 Euro an seien Verteidiger überwiesen, um den guten Willen einer Rückzahlung zu untermauern. „Es ist ihm über den Kopf gewachsen und er hat den Überblick verloren“, wollte Rechtsanwalt Hans-Jörg Schwarzer keine kriminelle Energie erkennen. „Er hat einfach weitergewurstelt.“ Eine Haftstrafe würde „keinem helfen“, nur unter Bewährung hätte sein Mandant die Möglichkeit, Geld zu verdienen und zurückzuzahlen. Der Angeklagte bat: „Ich hätte gerne die Chance, den Schaden zu begleichen.“
„Beides wäre zu begründen“, meinte Vorsitzender Forster zu den divergierenden Anträgen. Doch mit Haft wäre der Betrieb weg und es würde nie wieder etwas gutgemacht. Die drei Richter entschieden wegen der 94 Fälle des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt auf zwei Jahre mit dreijähriger Bewährungsfrist sowie einer Nebenstrafe von 180 Tagessätzen à 50 Euro, was in Summe 9000 Euro ausmacht. Daneben hat der Firmenchef die 202.400 Euro als Wertersatz zu leisten. Der nahm das Urteil an. Die Staatsanwältin deutete ebenfalls einen Rechtsmittelverzicht an. (hhö)