Gäste sollen sich wohlfühlen
So sieht die Realität am Berchtesgadener Bahnhof aus – und das sagt die Deutsche Bahn dazu
Die Kofferrollbänder an der Gleisanlage an Berchtesgadens Hauptbahnhof funktionieren schon seit Jahren nicht. Und auch sonst ist der Ort, an dem Gäste mit dem Zug am Bahnsteig ankommen, kein Wohlfühlplatz. „Uns ist es wichtig, dass sich unsere Gäste am Bahnhof wohlfühlen“, schreibt eine Sprecherin der Deutschen Bahn AG auf Anfrage. Dass „intensiv“ gereinigt werde, davon ist zumindest in Berchtesgaden nichts zu sehen.
Berchtesgaden - Zehntausende sind es, die Jahr für Jahr Berchtesgadens durchaus repräsentatives Empfangsgebäude mit dem Zug anfahren. Dessen Größe ist seiner Entstehungszeit zum Ende der 1930er-Jahre geschuldet.
Zu trennen ist dabei jenes Gebäude aus Zeiten des Nationalsozialismus, das mittlerweile einem Unternehmer gehört und in das vor einigen Jahren eine Millionensumme investiert wurde - und der Bahnsteig. Das Empfangsgebäude, die Bahnsteigdächer, ein Fußgängersteg und ein Stellwerksgebäude stehen zudem unter Denkmalschutz.
„Rund um die Gleise ist es immer eklig“
Hinter dem imposanten Gebäude, entlang der stillgelegten Gleise, die sich im Zuständigkeitsgebiet der Deutschen Bahn befinden, präsentiert sich oft ein trostloses Bild. Die Müllproblematik ist hier besonders ausgeprägt und scheint sich kontinuierlich zu verschlimmern.
Die Unterführung unter den Gleisen, die einst als praktische Abkürzung diente, wirkt unappetitlich und vernachlässigt, mit verstreutem Müll und Urinstellen, die das Gesamtbild beeinträchtigen. Das Pflaster ist übersät mit Flecken, die von der Vernachlässigung zeugen. An warmen Tagen ist der Geruch quälend.
Bei der Deutschen Bahn AG heißt es: „Damit Reisende und Besucher nicht durch Müll und Dreck belästigt werden“, würden die Bahnhöfe „intensiv gereinigt“. Deutschlandweit wendet die Deutsche Bahn einen hohen zweistelligen Millionenbetrag für die Reinigung von deutschen Bahnhöfen auf. Dass viel davon in Berchtesgaden ankommt, daran zweifelt so mancher Besucher. „Rund um die Gleise ist es immer eklig“, sagt ein Verkäufer eines Ladens im Bahnhofsgebäude.
Reinigung durch den Markt nur bei Bedarf
Die Deutsche Bahn sagt, die Reinigung des Bahnhofs in Berchtesgaden werde „zusammen mit der Gemeinde durchgeführt“, dem Markt Berchtesgaden. Tatsächlich gibt es dort zwar Absprachen. Diese sind bei Weitem nicht so deutlich gefasst, wie die Bahn suggeriert.
Aus der Gemeinde ist die Antwort deutlich zurückhaltender: „Die Reinigung ist grundsätzlich die Aufgabe der Bahn“, sagt der Geschäftsführer der Verwaltung, Anton Kurz. Nur bei Bedarf, und wenn es die Zeit zulasse, „machen wir mal das Pflaster sauber oder fahren mit unserem Wagen rein wegen des Mülls“.
Das geschehe allein schon aus Eigeninteresse heraus. In Sichtweite betreibt die Gemeinde zudem einen Pumptrack, eine Skateanlage mit Rollsport-Park, der regelmäßig im Auftrag des Marktes gereinigt wird. Aber der Bahnhof? „Das ist Bahnsache.“
Großangelegte Putzaktion vor einigen Jahren
Laut Deutscher Bahn habe sich der Hausbahnsteig zu einem „Treffpunkt für Personen entwickelt, deren Aufenthalt am Bahnhof nicht mit einer Reise in Verbindung steht“, heißt es aus der Presseabteilung. Man weiß also über die Zustände Bescheid.
„Hier ist jeden Tag ein Reinigungstrupp vor Ort und entfernt den hinterlassenen Schmutz“, sagt die Sprecherin. „Davon würden wir was merken“, sagt der Verkäufer. Was tatsächlich jeden Tag gereinigt wird, sind die Bahnhofstoiletten. Eine externe Firma kümmert sich darum, heißt es aus der Marktgemeinde.
Das Problem am Berchtesgadener Bahnhof ist altbekannt. Schon vor Jahren hatte der ehemalige Verkehrsminister und Mitglied des Bundestags, Dr. Peter Ramsauer (CSU), den Bahnhof mal zur Chefsache erklärt und eine öffentlichkeitswirksame Putzaktion initiiert. Mehrere Tage wischte und schrubbte ein beauftragtes Unternehmen mannstark und unter Einladung von Journalisten. Bei der groß angelegten Putz- und Imagekampagne blieb es einmalig.
Kofferbänder bereits seit Jahren außer Betrieb
Die Rückschritte sind sichtbar: Im vorvergangenen Jahr wurden die Schließfächer für Koffer von Reisenden entfernt. Gegen Bezahlung konnte man sich ein solches anmieten. Nach und nach wurden die Schließfächer defekt. Der Automat wurde schließlich entfernt.
„Die Kofferbänder sind in der Tat bereits seit einigen Jahren außer Betrieb“, teilt die Deutsche Bahn-Sprecherin zudem auf Anfrage mit. „Band läuft automatisch“, steht hier noch immer geschrieben: Der Text lädt Bahnfahrer dazu ein, ihr Gepäck darauf abzustellen. Eine Reparatur sei „aus Mangel an Ersatzteilen“ nicht mehr möglich.
Die Kofferbänder werden auch in Zukunft nicht in Betrieb genommen, heißt es weiter. Ein Rückbau sei zum aktuellen Zeitpunkt jedoch auch nicht angedacht. Im Sinne der Kosteneffizienz könne ein solcher erst „im Zuge möglicher größerer Umbauten stattfinden“. Ob es diese geben wird: fraglich. Künftig, heißt es bei der Bahn aber, wolle man auf den Bahnsteig in Berchtesgaden ein „besonderes Augenmerk legen“.
kp
