Zwei Einfamilienhäuser in Bayerisch Gmain
Erst mit der Lupe, dann ganz locker? Gemeinderat wischt Bedenken der Verwaltung zur Seite
Der Gemeinderat Bayerisch Gmain lässt einen Monat nach der überraschenden Ablehnung eines Bauprojekts mit 14 Wohnungen erneut aufhorchen. Während im Februar die Planungen genauestens unter die Lupe genommen und mit großer Mehrheit abgelehnt wurden, soll nun beim Bau von zwei Einfamilienhäusern in der Plainburgstraße eine Ausnahme gemacht werden. Damit sind sich Gemeinderat und Rathaus zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen beim Wohnungsbau komplett uneinig. Bürgermeister Armin Wierer hatte die Zustimmung bereits erwartet – trotz der großen Bedenken der Verwaltung.
Bayerisch Gmain – Oberflächlich betrachtet wirkte der dritte Tagesordnungspunkt nicht sonderlich spektakulär, der am Dienstagabend (11. März) in der Sitzung des Gemeinderates behandelt wurde. Doch der „Antrag auf Einleitung eines Verfahrens zur Aufstellung einer Einbeziehungssatzung“, um Baurecht im Außenbereich auf dem Grundstück und damit eine Wohnbebauung am Ende der Plainburgstraße zu schaffen, bietet aus mehreren Gründen Diskussionspotential. Die Satzung wird in Bayern auch als „Gefälligkeitssatzung“ bezeichnet.
Wie der Bürgermeister dem Gemeinderat vortrug, besitzt die Fläche eine lange Vorgeschichte. Schon vor über 30 Jahren hatte der ehemalige Grundstücksbesitzer vergeblich versucht, dort eine Wohnbebauung zu ermöglichen. „Der Tenor der damaligen Ablehnungen lautete: Die Fläche ist im Außenbereich, wird nicht durch die anschließende Bebauung geprägt, das Vorhaben widerspricht dem Flächennutzungsplan und einer Einbeziehungssatzung wird aufgrund von Bezugsfällen nicht zugestimmt“, so Wierer. Auch nach einer Begehung mit dem Landratsamt im Jahr 1998 und einer Begutachtung blieb es bei dieser Einschätzung.
Den Innenbereich verdichten, um den Außenbereich zu schützen
Vom Gesetzgeber seien im Baurecht zur Bebauung im Außenbereich seitdem keine Erleichterungen eingeführt worden. Und das sogenannte „Baulandmobilisierungsgesetz 2021“ habe nur im Innenbereich für bestimmte Beschleunigungen gesorgt. „Kurz gesagt: Im Innenbereich soll verdichtet werden, damit der Außenbereich geschützt bleiben kann.“ Einer solchen Möglichkeit zur Innenraumverdichtung verwehrte der Gemeinderat vor einem Monat übrigens noch die Zustimmung, als ein Bauprojekt der Regensburger Immowerkzentral zur Schaffung von 14 Wohnungen mit großer Mehrheit abgelehnt wurde.
Wierer machte in der Sitzung darauf aufmerksam, dass die Aufstellung einer Innenbereichssatzung wie der Bebauungsplan im Planungsermessen der Gemeinde liege. „In die Ermessenabwägung dürfen aber nur städtebauliche Gründe eingestellt werden. Die Einbeziehung von Belangen ohne städtebaulichen Bezug ist ermessensfehlerhaft. Dies gilt insbesondere für wirtschaftliche und persönliche Interessen, also eine Gefälligkeit- und Willkürplanung.”
Brunnen nur wenige Meter von geplanter Bebauung entfernt
Der Bürgermeister führte mehrere Gründe der Verwaltung auf, nach Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen an der Beschlusslage des Außenbereichgrundstücks festzuhalten und den Antrag abzulehnen. Unter anderem nannte er das Wasserschutzgebiet, das im Süden mit dem einzigen Trinkwasserbrunnen der Gemeinde direkt an die Fläche angrenzt. Dieser wäre bei der vorgelegten Gebäudeplanung nur 50 Meter und der Beginn des Schutzgebietes nur 15 bis 20 Meter entfernt. Zudem müsste das Areal straßenmäßig erstmalig erschlossen werden, da keine Randsteine und keine Entwässerung zu erkennen seien.
Eine „prägende Wirkung“ durch die Umschließung der angrenzenden Bebauung verneinte die Verwaltung ebenfalls, weil für sie die umliegenden Wohngebäude zu weit entfernt sind. Und: „Der Antrag ist gegen Bezugnahmen nicht abgrenzbar, sodass mit weiteren Anträgen zur Errichtung von Bauvorhaben gerechnet werden muss, die nicht mehr abgelehnt werden könnten“, betonte Wierer. Dem Gemeinderat listete er sogar einige Anträge aus der Vergangenheit als Beispiele für ähnliche Fälle auf, die das Gremium abgelehnt hatte.
Die Argumente des Antragsstellers
Der Bürgermeister machte auch darauf aufmerksam, dass dem „Instrument von Einbeziehungssatzungen bisher vom Gemeinderat sehr wenig zugestimmt wurde“, und wenn, dann nur bei sehr kleinen landwirtschaftlichen Flächen. Zudem zitierte er ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 2023: „... gleichwohl ist nur eine maßvolle Erweiterung des Innenbereichs in den Außenbereich hinein zulässig, die nicht wesentlich über eine bloße Abrundung hinausgeht. Die Einbeziehungssatzung ist kein Instrument, um den Außenbereich zum nicht überplanten Innenbereich umzuwidmen.“
Der heimische Antragsteller, in der Gemeinde bestens vernetzt und unter anderem jahrelanges Mitglied der örtlichen Feuerwehr und des Schützenvereins, hatte in seiner Begründung aufgeführt, dass die Bebauung auf dem Grundstück als städtebauliche Abrundung zu bewerten sei und die beiden geplanten Einfamilienhäuser eine Ergänzung zur umliegenden Wohnbebauung darstellten. Zudem sei die Fläche erschlossen worden und es habe bereits 1971 eine Baugenehmigung gegeben, die aber nicht umgesetzt wurde.
Bis auf Wierer stimmte mit Markus Binder (FWG) nur ein einziges Mitglied des Gemeinderates dafür, den Antrag abzulehnen. Er wollte lieber ein Bebauungsplanverfahren einleiten. „Das Baurecht von 1971 ist schon lange verfallen und wir sollten uns keinen Einzelfall ans Knie binden, der uns im Nachhinein nur Probleme bereitet“, erklärte er und bat bei der Abstimmung darum, dass seine Ablehnung im Protokoll namentlich festgehalten wird.
Mehrheit teilt nicht die Bedenken der Verwaltung
Die restlichen Gremiumsmitglieder dagegen sprachen sich für den Antrag aus. So meinte Willi Färbinger (CSU), dass mit dem Verfahren nur überprüft werde, ob überhaupt eine Bebauung möglich sei. „Die Satzung ist genau für solche Einzelfälle vorgesehen.“ Probleme wegen des Wasserschutzgebietes und des Brunnens sah er keine. Josef Reisbacher (FWG) fand, dass das Grundstück voll erschlossen sei, und verwies auf frühere Einbeziehungssatzungen sowie die 1971 erteilte Baugenehmigung. Doch er sprach sich dafür aus, das Thema Trinkwasser zu überprüfen.
Sie wirken angestrengt herbeigeschafft.
Die Bedenken der Verwaltung konnte auch Andreas Burkhardt (Grüne) nicht teilen. „Sie wirken angestrengt herbeigeschafft“, meinte er. Und Christoph Langgartner (FDP) schilderte, dass man der Einleitung des Verfahrens „guten Gewissens“ zustimmen könne. „Die Gegenargumente klingen fast gezwungen negativ, man könnte sie auch positiv sehen.“ Josef Schmölzl (CSU) sprach ebenfalls seine Zustimmung aus und erläuterte, schon lange zu versuchen, ein Einheimischen-Modell einzuführen. „Solange das nicht vorhanden ist, werde ich diesem und ähnlichen Vorhaben von Einheimischen zustimmen“, machte er klar.
In den Tagen danach machte Bürgermeister Wierer auf Nachfrage deutlich, dass er nicht überrascht wurde vom Abstimmungsverhalten des Gremiums. „Das war klar. Hätte jemand anderes den Antrag gestellt, wäre er abgeschmettert worden“, teilte er vielsagend mit. Als „Knackpunkt“ für den weiteren Verlauf bezeichnet er die Trinkwasserversorgung und welche möglichen Auswirkungen in einem Gutachten festgestellt werden, wenn in direkter Nähe gebaut wird. Der Brunnen sei übrigens erst rund um das Jahr 2000 entstanden, merkte er an. „Der Gemeinderat wird sich entscheiden müssen, ob ihm das Trinkwasser oder zwei Häuser wichtiger sind.“ (ms)

