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Überraschende Entscheidung in Bayerisch Gmain

„Riesengroße Vetternwirtschaft“: Gemeinderat lehnt Bauprojekt mit 14 neuen Wohnungen ab

An einer Durchfahrtsstraße in einer Gemeinde steht ein älteres Wohnhaus mit Holzbalkon und einem leerstehenden Laden im Erdgeschoss.
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Die Neubaupläne für die Berchtesgadener Straße 40, Ecke Maisstraße, beschäftigen das Rathaus und den Gemeinderat von Bayerisch Gmain.

14 neue Wohnungen inklusive Tiefgarage mit ausreichend Stellplätzen in zentraler Lage: Klingt nach einer guten und sinnvollen Idee in Zeiten von Wohnraummangel - oder etwa doch nicht? Überraschenderweise hat der Gemeinderat Bayerisch Gmain das Neubauprojekt in der Berchtesgadener Straße 40 abgelehnt. Der Bauherr erhebt jetzt schwere Vorwürfe. Auch im Rathaus ist man vom deutlichen Votum überrascht.

Bayerisch Gmain - Der Frust ist Michael Krebs deutlich anzuhören. Der Geschäftsführer der Regensburger Immowerkzentrale, die bereits mehrere Wohnungsbauprojekte im Berchtesgadener Land realisiert und das Grundstück vor zwei Jahren gekauft hat, spricht von einer „riesengroßen Vetternwirtschaft, die da stattfindet“. Selbst die Gemeindeverwaltung hatte nicht mit der deutlichen Ablehnung des Bauprojekts am Dienstagabend (11. Februar) gerechnet, wie Bauamtsleiter Hans Gruber auf Nachfrage zugibt: „Das war sehr überraschend“.

Darum geht es: Der Bauherr plant, auf dem Gelände in der Berchtesgadener Straße 40, direkt an der Ecke zur Maisstraße, das alte Bestandsgebäude abzureißen. Stattdessen soll dort eine Wohnanlage mit zwei Gebäuden, 14 Wohnungen und einer Tiefgarage entstehen. Zudem ist darin ein Beherbergungsbetrieb mit vier Ferienwohnungen geplant. Gesamtkosten: circa drei Millionen Euro.

36 Stellplätze in Tiefgarage

In der Beschlussvorlage für den Gemeinderat heißt es, dass die Planung versucht, ortstypische Gestaltungsmerkmale wie Holzoberflächen bei der Fassade oder eine ruhige Dachlandschaft ohne Aufbauten mit modernen architektonischen Elementen zu verbinden. Die Einfahrt zur Tiefgarage ist an der Lärmquelle Berchtesgadener Straße geplant, genauso wie die neue Zufahrt zu den beiden Gebäuden und dem Wohnhaus Maisstraße 1a. Denn neben den unterirdischen 36 Parkplätzen soll es oberirdisch fünf weitere Stellplätze, etwa für den Hausmeisterservice, geben.

Die bisherigen Planungen der beiden Gebäude (Mitte) aus der Vogelperspektive. Ob diese nach der Ablehnung des Gemeinderates überarbeitet werden müssen, ist noch unklar.

„So wird die Ortsstraße Maisstraße nicht durch Fahrzeugverkehr belastet. Das Tor der Tiefgarage ist am unteren Rampenende, sodass keine Pkw den öffentlichen Gehweg stören“, trug Bürgermeister Armin Wierer dem Gemeinderat vor. Auch die Zufahrtsbreite der Privaterschließung entspreche den erforderlichen baurechtlichen Breiten und die Zulässigkeit als Feuerwehrzufahrt sei vom Landratsamt Berchtesgadener Land zu prüfen.

„Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden“

Wierer und der Verwaltung zufolge liegt das fragliche Grundstück in keinem gültigen Bebauungsplan und auch nicht im Außenbereich, somit ist es einem Vorhaben innerhalb eines bebauten Ortsteils zuzurechnen. „Ein Vorhaben ist nach § 34 Baugesetzbuch zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden“, erläuterte der Bürgermeister.

Neben Wierer gab es in Frank Jost (Bündnis90/Grüne) nur einen weiteren Gemeinderat, der dem Beschlussvorschlag zustimmte:

Der Beschlussvorschlag

Zustimmung zum Bauantrag. Das Einvernehmen schließt auch die notwendigen Befreiungen der Örtlichen Bauvorschrift ein, da sich das Vorhaben harmonisch in das Straßen- und Ortsbild einfügt, die erforderlichen Abweichungen städtebaulich vertretbar sind und die Abweichungen auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind.
Folgende Bedingungen sind Grundlage des Einvernehmens:

1. Der Lärmschutz aus der B 20 ist ausschließlich über bauliche – passive Maßnahmen sicherzustellen (entsprechender Gebäudegrundriss, etc.)

2. Die Kosten für den Neubau- bzw. Änderung der Zufahrten sowohl über den Gehsteig von der B 20 als auch von der Maisstraße aus, sind vom Antragsteller zu übernehmen. Die Entwässerung der Oberflächenwässer der Zufahrten und Eingänge ist so zu gestalten, dass kein Niederschlags - Oberflächenwasser in den öffentlichen Verkehrsraum fließen kann.

3. die Privatzufahrt zum Hinterlieger ist auf Anforderungen des Brandschutzes vom Landratsamt BGL zu prüfen.

Das sind die Kritikpunkte der Gemeinderäte

Denn zur großen Überraschung der Verwaltung und auch des Bauherren lehnten reihenweise die Gremiumsmitglieder das Projekt in seiner derzeitigen Planung ab. Das Bauwerk sei zu massiv, die Tiefgarage würde zu sehr an die Grundstücksflächen der Nachbargrundstücke heranreichen und generell werde zu wenig Rücksicht auf die Nachbarn genommen, meinten die Räte. Auch die Zufahrt wurde bemängelt und der Brandschutz infrage gestellt. Einige Mitglieder erwähnten zumindest, nur vorerst nicht zuzustimmen, bis Unklarheiten und Fragezeichen geklärt seien.

Bauamtsleiter Gruber bemühte sich, auf die Bedenken einzugehen und diese zu klären. So betonte er beispielsweise, beim Brandschutz werde das Landratsamt die vorgelegte Planung überprüfen und gegebenenfalls Nachbesserungen fordern. Zudem machte Gruber darauf aufmerksam, dass bei der Gebäudehöhe nicht alles ausgereizt wurde, was möglich gewesen wäre. „Das Nachbargebäude ist größer“, verdeutlichte er.

„Neubauten hätten sich sauber ins Ortsbild eingefügt“

Weil manche Gemeinderäte einen durchgängigen Radweg entlang der Berchtesgadener Straße ins Spiel brachten und sich wünschten, diese Chance nicht „leichtfertig“ zu vergeben, meinte der Behördenleiter: „Über zwei Meter lässt sich streiten. Wir haben uns bisher immer mit den Bauherren einigen können.“ Doch schon in seinen Erklärungsversuchen am Dienstagabend kam seine Verwunderung zum Ausdruck, die er am Donnerstag auf Nachfrage wiederholte. „Die Neubauten hätten sich sauber ins Ortsbild eingefügt“, findet er.

So in etwa könnten die Gebäude aus der Perspektive der Maisstraße aussehen.

Gruber sei sehr gespannt auf die Entscheidung des Landratsamtes, das nun über den Fall zu entscheiden hat. Dass die Bauantragsbehörde das Projekt „durchdrückt“, könne genauso passieren wie eine Zustimmung der Argumente des Gemeinderates. Dann müssten die Pläne nachgebessert werden, doch nicht nur aus Sicht der Rathausverwaltung gibt es baurechtlich eigentlich wenig bis gar nichts zu beanstanden.

Bauherr mit Entwicklung nicht zufrieden

Michael Krebs von der Immowerkzentrale glaubt: „Das Projekt wird damit nur unnötig in die Länge gezogen. Das Landratsamt interessieren privatrechtliche Belange nicht, die können das durchdrücken.“ An ihn seien nur Forderungen gestellt worden, sogar von Nachbarn, die eigentlich vom Projekt gar nicht unmittelbar betroffen seien. „Ich habe es versucht, aber von der Gegenseite gab es keinerlei Kompromissbereitschaft.“

Krebs betont, dass die Neubauten sogar niedriger seien als das vorhandene Bestandsgebäude und die örtliche Bauvorschrift eingehalten werde. Beim Thema Radweg merkt er an, dass es nichts bringe, wenn die Gemeinde nur die benötigte Fläche auf dem Grundstück Berchtesgadener Straße 40 erhalte. „Sie müsste sämtliche Grundstücksflächen an der Berchtesgadener Straßen aufkaufen, nicht nur bei uns.“

Für den Geschäftsführer ist klar: „Wir wollen nachverdichten und Wohnraum schaffen, aber das, was da passiert, tut der Allgemeinheit nicht gut. Das hat sich zu einem Politikum entwickelt.“ (ms)

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