Stadtrat Bad Reichenhall will nicht nur Fußball fördern
„Realitätsfremde Haltung“ sorgt für Unverständnis: Zukunft des Hartplatzes in Marzoll vertagt
Mit einem beeindruckenden Aufgebot hat der SV Marzoll die Stadtratssitzung in Bad Reichenhall verfolgt. Das hatte einen guten Grund: Das Gremium sollte über die Zukunft des kaputten Hartplatzes neben der Mehrzweckhalle entscheiden. Auch die örtliche Grundschule profitiert davon. Doch es kam ganz anders. Für Kopfschütteln sorgte die Rückmeldung der Regierung von Oberbayern, die den Erhalt des Platzes für schulische Zwecke ganz anders einstuft.
Bad Reichenhall - Auf einmal wurde es voll auf den Zuschauerplätzen: Tummeln sich hier normalerweise nicht sonderlich viele Zuhörer, wurden am Dienstagabend sogar weitere Stühle benötigt. Kinder und Jugendliche, Eltern und Betreuer, fast alle in gelber Vereinskleidung: Die Zukunft des Hartplatzes neben der Mehrzweckhalle beschäftigt den SV Marzoll, so viel wurde damit schon mal deutlich. Eigentlich wollte Oberbürgermeister Christoph Lung dafür auf Basis der Diskussion mit dem Stadtrat einen gemeinsamen Beschluss festlegen. Doch es kam anders.
Die Ausgangslage: Weil sich der Belag der Tartanbahn großflächig abgelöst hat, konnte das Spielfeld nicht mehr ohne erhöhtes Unfallrisiko genutzt werden. Zwar wurde der beschädigte Bodenbelag entfernt, doch nun galt es zu klären, wie es mit der Fläche weitergehen soll. Denn auch die Grundschule, die an die Mehrzweckhalle angrenzt, nutzt das Feld für den Pausensport.
Ärger über Rückmeldung der Regierung von Oberbayern
Wie Lung schilderte, teilte die Regierung von Oberbayern mit, dass der Erhalt des Hartplatzes für schulische Zweck nicht notwendig sei, wenn an einem anderen Standort der Schule - hier St. Zeno - die erforderlichen Anlagen vorhanden sind. Damit sind unter anderem ein Rasenplatz, aber auch eine Laufbahn oder eine Weitsprunganlage gemeint. Durch diese Einschätzung wurde eine Förderung durch die Regierung ausgeschlossen, die Sanierung des Hartplatzes stellt daher eine freiwillige Leistung dar.
Für diese Bewertung habe ich kein Verständnis.
„Für diese Bewertung habe ich kein Verständnis“, machte der Oberbürgermeister deutlich. „Das ist weder ökologisch noch ökonomisch eine Option, die Kinder von Marzoll nach St. Zeno zu fahren.“ Auch andere Stadtratsmitglieder wurden deutlich, als sie von dieser Einschätzung der oberbayerischen Regierung hörten. „Diese Haltung ist realitätsfremd und zeigt, dass dort wieder einmal Dinge am Schreibtisch entschieden werden“, sagte zum Beispiel Manfred Hofmeister (Bürgerliste Reichenhall).
Vorerst keine Zustimmung für Soccerfeld
Dem Wunsch der Fußball-Abteilung des Vereins, einen Soccerplatz zu bauen, vergleichbar mit dem Minispielfeld bei der Kurgärtnerei, wurde im Laufe der Sitzung vorerst keine Zustimmung zuteil. In den meisten Wortmeldungen der Stadträte wurde deutlich, dass der Hartplatz nicht nur zum Fußball spielen, sondern auch für andere Sportarten zur Verfügung stehen soll. Und eine weitere, zusätzliche Flächen für ein Soccerfeld zu verwenden, wurde von manchen Stadträten ebenfalls abgelehnt.
„Da wir in vielen anderen Bereichen das Geld mit vollen Händen ausgeben, bin ich dafür, auch in die Infrastruktur in Marzoll zu investieren“, betonte Herbert Lackner (Liste Lackner). „Doch ich bin dagegen, wenn damit andere Sportarten verdrängt werden. Basketball zum Beispiel wird immer beliebter, weil unsere Nationalmannschaft Weltmeister wurde.“ Auch die Weitsprung-Anlage soll unbedingt erhalten werden, wie mehrmals an diesem Abend deutlich gemacht wurde.
Bis Herbst noch viele Aspekte zu überprüfen
Weil auch OB Lung erkannte, dass an diesem Abend kein gemeinsamer Beschluss möglich war, entschied er sich mit Einverständnis des Stadtrats dazu, das Thema auf den Herbst zu vertagen. Bis dahin soll geklärt werden, welche Möglichkeiten eine Leader-Förderung bietet. Auch der Verein ist gefordert, Sponsoren aufzutreiben und die Kosten für das Bauprojekt damit zu drücken. Denn für die vollständige Wiederherstellung mit neuem Bodenbelag liegt ein Angebot einer Fachfirma in der Höhe von 45.000 Euro vor.
Vermutlich wird erst, wenn diese Fragen weitestgehend geklärt sind, im Gremium eine Entscheidung darüber möglich sein, wie es mit dem Hartplatz weitergeht und ob der Wunsch nach einem Soccerfeld - eventuell als zusätzliches Feld - in Erfüllung geht. Ein Schritt, mit dem sich zumindest SV-Vorsitzender Erwin Lung einverstanden zeigt. „Eine Entscheidung wäre natürlich schön gewesen, aber wir können damit leben“, teilt er auf Anfrage mit.
„Kann sich nicht immer nur auf Fußball versteifen“
Es sei verständlich, dass die Stadt bei solchen Projekten genauer hinschaue. „Das wäre vielleicht schwierig zu vermitteln, dass bei angespannter Haushaltslage gleich zwei solcher Projekte finanziell unterstützt werden“, verweist er auf die kürzliche Entscheidung des Gremiums, den Bolzplatz an der Therme doch auf Vordermann zu bringen.
Bis zum Herbst werden der Verein über das Leader-Programm klären, welche Fördermöglichkeiten bestehen. „Uns geht es als Verein grundsätzlich darum, Optionen zu schaffen, dass die Kinder nach der Pandemie wieder mehr Sport machen können“, betont Lung. Viele würden Sport betreiben, aber nicht mehr so wie früher im Verein.
Dennoch solle die Fläche der Allgemeinheit zur Verfügung stehen, und: Dass Basketball immer beliebter unter den Kindern wird, ist auch dem SV-Chef nicht entgangen. „Wir wollen den Platz auch für andere Sportarten nutzbar machen. Das ist auch in unserem Vereinsinteresse“, erklärt er. „Man kann sich nicht immer nur auf Fußball versteifen.“
