Besitzerpaar spricht über Entscheidung
Überraschender Verkauf des „Hemingway Garden“ - „Wollte die Barkultur nach Bad Reichenhall bringen“
Es ist ein lang gehegter Traum, der sich für Laszlo Bellovics im Sommer 2020 erfüllt: Mit der Übernahme des ehemaligen „Café am Brunnen“ in der Reichenhaller Fußgängerzone, unweit des Kinos, besitzt er endlich seine eigene Cocktail-Bar. Zusammen mit seiner Frau Aliz steckt er viel Herzblut und Leidenschaft in den „Hemingway Garden“, der nun völlig überraschend zum Verkauf steht. Das sind die Hintergründe und so geht es für die Bar jetzt weiter.
Bad Reichenhall - „Es fühlt sich an wie eine einmalige Chance im Leben“, sagen Laszlo und Aliz, als sie über den Grund für den überraschenden Verkauf ihres Lokals in der Wisbacherstraße sprechen. Sie haben hart dafür gearbeitet, den Ruf des Vorgängers abzulegen und sich mit ihrem „Hemingway Garden“ in der Reichenhaller Fußgängerzone als Treffpunkt für Cocktails durchzusetzen. „Ich wollte die Barkultur nach Bad Reichenhall bringen. Die meisten kennen nur Whisky mit Cola, Bier oder Weinschorle“, schildert Laszlo. Seit 2022 werde die Bar von den Einheimischen so richtig angenommen. Viele Stammgäste kommen gerne in das Lokal. Doch der Weg dorthin ist steinig.
Für Laszlo fängt alles mit dem Film „Cocktails“ mit Tom Cruise aus dem Jahr 1988 an. „Das war mein erster Lieblingsfilm als Kind. Da wusste ich: Eines Tages will ich als Barkeeper arbeiten“, erinnert er sich. Nach seinem Schulabschluss startet seine berufliche Laufbahn in einem 5-Sterne-Hotel in Keszthely am ungarischen Plattensee. 1999 kommt der gebürtige Ungar erstmals nach Deutschland und arbeitet am Bodensee. Die Gastronomie und Hotellerie liegt ihm quasi im Blut: Seine „Mutti“, wie er sagt, ist Chefköchin und sein Vater arbeitet in einem Hotel.
Wegen der Liebe nach Bad Reichenhall gezogen
Koch, Kellner, Barkeeper, Patissier: Laszlo sammelt auf seinen Berufsstationen viel Erfahrung. Mehrere Jahre arbeitet er unter anderem für die Firma Hauser Reisen, die Flusskreuzfahrten anbietet. „Ich war von der Donau bis zum Schwarzen Meer unterwegs und haben immer mehrere Monate am Stück ohne einen einzigen freien Tag gearbeitet. Was ich da alles erlebt habe, darüber könnte ich ein ganzes Buch schreiben“, lacht er. Danach zieht es ihn zu einem Nobelrestaurant in Südtirol, in dem die 13-Gänge-Menüs mit weißen Handschuhen serviert werden, und im Burgenland. Als er seine Aliz kennenlernt, folgt der Umzug nach Bad Reichenhall.
Dort arbeitet er mehrere Jahre, ehe der Kindheitswunsch nach einer eigenen Bar immer größer wird. Aliz, die seit 2006 in Deutschland arbeitet und ebenfalls aus Ungarn stammt, gibt ihr eigenes Kosmetikstudio auf und die beiden kaufen das ehemalige „Café am Brunnen“. Von ihrem Ehemann lernt sie, wie eine Gastronomin zu denken, worauf sie sehr stolz ist. „Er hat mir viel beigebracht“, lobt sie ihren „Arbeitskollegen“.
„Spiegelt unseren Geschmack und unsere Seele wider“
Beim Namen für die Bar lassen sie sich vom US-amerikanischen Schriftsteller Ernest Hemingway, dessen Leidenschaft für Drinks und seinem Werk „Garden Eden“ inspirieren. Und sie setzen ihren eigenen Stil, den sie auch Zuhause mögen, um: Die beiden Antik-Fans transportieren mit vielen kleinen und großen Details die damalige Zeit des Schriftstellers in das Lokal. Als bestes Beispiel dienen die 150 Jahre alten Stühle, gerne auch mal als „Oma-Stühle“ bezeichnet. „Das sind richtige Sammlerstücke. Die gesamte Ausstattung spiegelt unseren Geschmack und unsere Seele wider. Mit dem Namen wollten wir auch vom Café-Charakter wegkommen“, betont Aliz.
Ich wollte den Gästen nicht nur eine besondere Atmosphäre bieten, sondern auch besondere Cocktails servieren.
Und ihr Ehemann Laszlo erklärt, dass er seinen Gästen nicht einfach bloß 0815-Cocktails servieren will. Er lässt sich extra aus Hawaii besondere Becher liefern oder kauft edle Whiskygläser, um seinen Getränken einen besonderen Touch zu verleihen. Doch entscheidend ist für ihn die Qualität: Dutzende Whisky- und Rumsorten stehen auf der Getränkekarte. Manche Flasche kostet über 100 Euro. Laszlos Steckenpferd sind aber die Gins, von denen er über 50 Stück anbietet. „Ich habe mich mit 13 eigenen Signature-Rezepten auf Gin Tonic spezialisiert. Ich wollte den Gästen nicht nur eine besondere Atmosphäre bieten, sondern auch besondere Cocktails servieren.“
Ein einmaliges Angebot kommt aus heiterem Himmel
Doch in den vergangenen Monaten wird der Wunsch nach einer Veränderung immer größer. Zwischenzeitlich spielen sie mit dem Gedanken, eine zweite Bar zu eröffnen. Bei einem Urlaub in Ungarn Anfang Januar folgt die überraschende Wende: Laszlo erhält ein Jobangebot aus Ungarn, zu dem er und seine Frau nicht Nein sagen können. „Wir haben mehr Zeit für uns und sogar die Möglichkeit, eine Familie zu gründen“, sagt Aliz. Ironischerweise zieht es sie dorthin, wo für Laszlo alles begann: an den Plattensee.
Die Entscheidung, den „Hemingway Garden“ zu verkaufen, fällt ihnen trotzdem nicht leicht. Die Bar aus der Ferne mit Angestellten weiterzuführen, ist für sie keine Option. Also suchen sie nach einem Nachfolger. „Unterschreiben, Schlüssel abgeben und alles so lassen, wie es jetzt ist: Das wäre uns am liebsten“, sagt Laszlo. Er sei auch bereit, seinem Nachfolger alle Rezepte beizubringen und alles zu erklären.
Auch wenn die Entscheidung, die Bar zu verkaufen, noch nicht lange feststeht, gibt es schon mehrere Interessenten. Wenn es noch länger bis zu einer Übernahme dauert, führt Aliz den Laden zur Not vorerst alleine weiter, bis sich jemand Passendes findet. „Wir haben viel Herzblut investiert und möchten es dementsprechend in gute Hände geben“, findet sie. (ms)

